"Also vorbereitet mit Büchern habe ich mich jetzt wirklich überhaupt nicht. Ich habe mir Gedanken gemacht, wie ich mich präsentieren kann - aber sonst weiter nichts. Ich denke, dass es ein ganz straffes Programm wird, das wir wenig Zeit haben, aufgeregt zu sein."
"Also ich glaube, es kommt in erster Linie drauf an, sich selbst zu sein. Also wenn man irgendwie etwas vorspielt, hat man auch nichts davon."
Frühmorgens, kurz vor acht Uhr, ein großer Konferenzraum in einem Hotel in Friedrichshafen: Simone Gumolka und Manuel Ast nehmen an einem hufeisenförmigen Tisch Platz, zusammen mit vier weiteren jungen Leuten, alle im Alter zwischen 20 und 28, die einen angehende Ingenieure, die anderen Wirtschaftswissenschaftler kurz vor dem Examen. Was in den nächsten Stunden auf sie zukommt, wissen sie nicht. Ein Hauch von Nervosität und Angespanntheit macht sich breit. Die Jungs tragen durch die Bank Nadelstreifenanzüge und Krawatte, die Mädchen elegante Kostüme. Von ihrer Kleidung her könnten sie sofort in der Vorstandsetage eines Unternehmens Platz nehmen. Doch darum geht es nicht: Die jungen Frauen und Männer haben sich für das Traineeprogramm des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen AG beworben. Der ist mit über 13 Milliarden Euro Jahresumsatz mit Werken in aller Welt vertreten ist.
Die 16 Trainees, die pro Jahr eingestellt werden, arbeiten auch an den verschiedenen Auslandsstandorten des Konzerns. Nach der 15-monatigen Traineezeit nehmen sie in der Regel Führungsaufgaben wahr - kein Wunder, dass sich pro Jahr über 1000 Interessenten für dieses Programm bewerben. Für das Unternehmen ist dies Grund genug für ein aufwendiges Auswahlverfahren. Wer mit seinen Zeugnissen und einem formalen Test per Internet die Hürden der Vorauswahl geschafft hat, bekommt die Einladung zu einem Assessment Center.
"Ich möchte Ihnen etwas zum Assessment Center erzählen, dann auch über das ZF-Traineeprogramm."
Eberhardt Hofmann leitet die Abteilung "Nachwuchsführungskräfte-Entwicklung und Konzernfachtraining im ZF-Campus". Zusammen mit vier weiteren Mitarbeitern aus verschiedenen Konzernbereichen sitzt der Psychologe den Bewerbern gegenüber. Manchen von ihnen ist die Anspannung anzumerken. Sie wissen nicht so recht, was genau auf sie zukommt. Sie wissen nur, dass sie im Rahmen des eintägigen Assessment Centers viele Übungen in der Gruppe zu absolvieren haben. Da sind fachliche Fähigkeiten gefordert. Aber es geht auch um Teamfähigkeit.
"Ja, organisieren Sie sich selber als Gruppe. Sie müssten fertig sein mit dem Ergebnis um 8 .45 Uhr. Und ansonsten lasse ich Sie alleine arbeiten"
Die erste Übung beginnt. Einer aus der Gruppe liest die Aufgabe laut vor:
"Erstellen Sie mit den vorgegebenen Materialien eine Bahn, mit der ein Modellauto von selbst, also nur durch die Schwerkraft, und ohne es anzuschieben, rollt. Bauen Sie die Bahn dabei so, dass Sie möglichst lang ist!"
Auf dem Tisch der Teilnehmer liegen Schere, Bürotacker, ein großer Papierbogen und ein kleiner Modell-LKW. Die Teilnehmer sind zunächst überrascht, auch ein wenig ratlos. Aber dann beginnen die Überlegungen: Was bedeutet die Aufgabe genau? Und wie kann sie so schnell gelöst werden? Schließlich haben sie gerade mal eine halbe Stunde Zeit.
"Wie oft soll diese Bahn gefaltet werden? Soll sie doppelt gefaltet werden? Wir können vielleicht dadurch, dass wir das jetzt zur Hälfte durchschneiden, und das jeweils falten."
Während die Teilnehmer untereinander Lösungswege diskutieren, machen sich Eberhardt Hofmann und die übrigen Beobachter am gegenüber stehenden Tisch immer wieder Notizen. Aufmerksam beobachten sie, wer in der Gruppe was sagt, wer sich in den Vordergrund stellt. Nach einer halben Stunde haben die Bewerber aus dem Papierbogen eine Art schräg abfallende Fahrbahn gebastelt.
"Ja, ich darf Sie recht herzlich begrüßen. Unser Unternehmen möchte Ihnen heute eine neue Konstruktion vorstellen. Unser Ziel war eine Bahn zu bauen, auf der ein kleines Modellauto fährt, das nur mit Hilfe der Schwerkraft angetrieben wird."
Die Präsentation am Ende der Übung ist fester Bestandteil der Aufgabe. Schließlich noch der praktische Test:
"Ich danke Ihnen!"
Der Modellaster rollt tatsächlich die Papierbahn hinab. Aufgabe erfolgreich gemeistert. Doch darauf kommt es den Beobachtern gar nicht so sehr an. Sie diskutieren im Anschluss, als die Bewerber den Raum verlassen haben, die jeweiligen Leistungen. Hier muss das Mikrofon ausgeschaltet bleiben; schließlich geht es um personenbezogene Bewertungen.
"Wir legen natürlich schon Wert darauf, dass sie inhaltlich die Aufgabe gut erfüllen, mit den Vorgaben von Zeit und Qualität, auf der anderen Seite aber auch auf den Prozess, dass man andere noch zu Wort kommen lässt, dass man die Aufgabe nicht total alleine löst. Das ist ja eine Gruppenaufgabe. Wir haben auch Einzelaufgaben. Aber das ist eine Gruppenaufgabe. Und das muss dann auch im Sinne einer Gruppe gelöst werden können. Und das ist das Entscheidende: Dass man auf die Instruktion auch achtet, die in der Übung gefragt wird, und dass dies entsprechend auch angegangen wird. In der Gruppenübung geht es darum, dass man in einem Team zu einem sinnvollen Ergebnis kommt."
Erklärt Uwe Bernecke, Personalexperte aus dem ZF-Werk Saarbrücken und einer der Beobachter. Wer hat die Führung des Teams übernommen? Wer hat die konstruktivsten Beiträge in der Gruppe geleistet? Wer hat durch seine Redebeiträge auch andere motiviert, stärker mitzumachen? Darüber unterhalten sich die Beobachter nach Abschluss der ersten Übung. Ihre Bewertungen halten sie in der Form eines komplizierten Punktesystems auf den vorliegenden Formblättern fest.
"So, organisieren Sie sich bitte wieder selbstständig. Ich hätte gerne das Angebot um 10.30 Uhr. Ich gebe Ihnen, weil Sie gerade hier sitzen, dieses Angebotsblatt. Das hätte ich gerne von Ihnen als Gruppe wie gesagt um 10.30 Uhr wieder zurück."
Die zweite Aufgabe ist schon wesentlich komplizierter: Die Bewerbergruppe nimmt die Rolle einer fiktiven Firma für Feuerlöschgeräte ein. Sie muss eine Löschanlage mit mehreren Löschflüssigkeiten entwickeln, mit denen verschiedene Brandherde bekämpft werden können. Eine logistische, organisatorische, technische und betriebswirtschaftliche Herausforderung. Denn zum Schluss darf die Anlage einen bestimmten Preis nicht übersteigen.
"Vielleicht schreiben wir erst einmal die Bedingungen auf, die da genannt wird. Was wir schaffen müssen. Ja, das ist das Wichtigste."
Wieder beginnt eine Diskussion. Einige der Bewerber beteiligen sich rege daran, einige weniger. Erst kurz vor Ende des gesetzten Zeitrahmens kann die Gruppe eine Lösung präsentieren. Auffallend: Eine Teilnehmerin ist plötzlich dazu übergegangen, die Aufgaben innerhalb der Gruppe zu verteilen und den Zeitrahmen zu kontrollieren. Überraschend dabei: Keiner widerspricht ihr, keiner macht ihr ihre Führungsrolle streitig. Beobachter Andreas Moser, Personalexperte im ZF-Werk Passau:
"Ja, das fehlt mir hier eigentlich, dass man hier kaum auf positive Konfrontation einmal gegangen wird. Weil: Meine Erfahrung ist die: Je länger es dauert, bis so etwas auf den Tisch gebracht wird, desto schlechter ist eigentlich das, was rauskommt. Also lieber einmal früher sagen: Das sehe ich etwas anders oder so. Und dann ist es eben die Aufgabe von der Führungsperson in der Gruppe, alle wieder mit einzufangen. Aber das vermisse ich hier: Diese Konfrontation innerhalb der Gruppe."
Das gibt Minuspunkte für die selbst ernannte Gruppenführerin, aber auch für die übrigen Teilnehmer. Kurz vor der Mittagspause die nächste Aufgabe: Die Bewerber begeben sich in einen Nebenraum. An jedem Platz steht ein Laptop. Jeder muss sich in dem fiktiven Planspiel "Utopia" bewähren.
"Und zwar waren wir jetzt Präsident oder Regierung von einer Insel, die gewisse Wirtschaftszweige hatte: Tourismus zum Beispiel. und es ging auch um den Faktor Umwelt. Man hatte ein gewisses Budget zur Verfügung. Und man muss schauen: Setze ich das jetzt für die Entwicklung meiner Industrie, in den Umweltschutz oder eben auch in die Struktur, die Infrastruktur der Menschen ein, zur Verbesserung von Wohnungsbau, Straßenbau. Und natürlich sind die Ziele teilweise sich widersprechend. Und man muss einfach schauen, dass man die Entwicklung so steuert, dass man in allen drei Bereichen, also die drei Hauptziele eben, der Lebensstandard, die Finanzen und die Umwelt, ein gutes Level erreicht."
Erzählt Bernd Längle aus Karlsruhe, nachdem er das Planspiel am Rechner abgeschlossen hat. Kaum sind alle fertig, geht es wieder in die Gruppe:
"Also ich habe festgestellt, dass ich in denen Zeiten, wo Ebbe im Ölsektor war, also wo der Ölpreis niedrig war, da habe ich 1000 Dollar da investiert, also fast gar nicht, habe auch den Hafen runtergefahren."
Alle Teilnehmer müssen das Planspiel sowohl als "Einzelkämpfer" am Computer als auch im Team, als Mitglied einer fiktiven Inselregierung, meistern. Dabei sehen die Beobachter, ob ein Bewerber, der gute Lösungsansätze hat, diese auch erfolgreich im Team umsetzen kann. Eberhardt Hofmann, Leiter des Assessment Centers:
"Da sind zwei Intentionen, die dahinter stecken. Die erste Intention heißt: Nicht nur eine soziale Interaktionssituation herstellen, sondern konkrete Problemlösungssituationen mit einem stark kognitiven Background zu assoziieren, hier im Assessment Center. Die zweite Intention heißt: Was haben wir da für individuelle Problemlösewerte, individuelle Problemlöse-Strategien? Und dann können wir die Frage beantworten: Wie gut gelingt es ihnen, dies in die Gruppensituation zu integrieren?"
"Also wenn die Unterauftragnehmer dabei sind, wird alles im Mai geliefert. Also ich denke, dass ist selbstverständlich dann…"
Kurz vor 16 Uhr, der letzte Test beginnt: Die Bewerber teilen sich in zwei Gruppen, die wiederum für zwei fiktive Firmen stehen: eine stellt Gitarren her, die andere ist eine Kette von Musikfachgeschäften, die Tausende von Gitarren ankaufen möchte. Die Bewerber müssen sich über Preis und Lieferbedingungen einig werden, eine Aufgabe also wie im richtigen Arbeitsalltag. Je weiter das Assessment Center fortschreitet, desto stärker lehnen sich die Aufgaben an den Arbeitsalltag in einem Unternehmen an. Am späten Nachmittag neigt sich das Auswahlverfahren, nach über neun Stunden, seinem Ende entgegen. Eberhardt Hofmann ist an diesem Tag zufrieden mit dem Ergebnis:
"Der langjährige Durchschnitt, da liegt die Erfolgsquote eins zu zehn. Also von zehn Leuten, die zum Assessment Center kommen, wird einer letztlich akzeptiert. Wenn Sie den entsprechenden Vortest einsetzen, senken Sie Durchfallwahrscheinlichkeit so auf eins zu vier bis eins zu fünf. Von daher war das, was wir heute gesehen haben, eher typisch, na ja, eigentlich war es eher noch eine positive Ausbeute an Kandidaten. Von zwölf Kandidaten vier, die letztlich einen Vertrag kriegen werden - das ist o.k."
Darin enthalten sind auch die Ergebnisse zweier weiterer Assessment Center, die bereits in den Tagen zuvor gelaufen sind. Den Teilnehmern selbst ist die Erleichterung nach dem Ende sichtlich anzumerken: Nach der offiziellen Verabschiedung legen die Jungs die Krawatte ab. Einige bestellen an der Hotelbar ein Bier. Keiner von ihnen weiß zu diesem Zeitpunkt, ob er nun die Hürde zur Aufnahme ins Trainee-Programm genommen hat oder nicht. Erst Tage später werden sie die Entscheidung schriftlich bekommen. Erste Reaktionen nach den Tests - Christian Bayermann aus Dresden und Bernd Längle aus Karlsruhe:
"Vielleicht die letzte, also das mit den Verhandlungen, da fand ich mich jetzt nicht so wieder. Vielleicht muss ich ja daran noch arbeiten. Aber die erste war ziemlich gut, also das mit dem Bahn bauen. Also ich hätte jetzt nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß macht. Klar, ich bin da positiv reingegangen. Aber ich finde, es war eine gute Erfahrung. Und die Aufgaben haben Spaß gemacht."
"Also ich denke, das ist eine gute Übung für die Anforderungen, die später mal auf einen im Beruf zukommen. Ich weiß nicht, inwiefern das jetzt den Anforderungen entspricht, die nach dem Beruf auf einen warten. Ich glaube schon, dass man da gute Erkenntnisse mitnehmen kann, wie das dann mal so zugeht und sich vorstellen kann: Wie kann so eine Führungsposition später einmal aussehen?"
"Also ich glaube, es kommt in erster Linie drauf an, sich selbst zu sein. Also wenn man irgendwie etwas vorspielt, hat man auch nichts davon."
Frühmorgens, kurz vor acht Uhr, ein großer Konferenzraum in einem Hotel in Friedrichshafen: Simone Gumolka und Manuel Ast nehmen an einem hufeisenförmigen Tisch Platz, zusammen mit vier weiteren jungen Leuten, alle im Alter zwischen 20 und 28, die einen angehende Ingenieure, die anderen Wirtschaftswissenschaftler kurz vor dem Examen. Was in den nächsten Stunden auf sie zukommt, wissen sie nicht. Ein Hauch von Nervosität und Angespanntheit macht sich breit. Die Jungs tragen durch die Bank Nadelstreifenanzüge und Krawatte, die Mädchen elegante Kostüme. Von ihrer Kleidung her könnten sie sofort in der Vorstandsetage eines Unternehmens Platz nehmen. Doch darum geht es nicht: Die jungen Frauen und Männer haben sich für das Traineeprogramm des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen AG beworben. Der ist mit über 13 Milliarden Euro Jahresumsatz mit Werken in aller Welt vertreten ist.
Die 16 Trainees, die pro Jahr eingestellt werden, arbeiten auch an den verschiedenen Auslandsstandorten des Konzerns. Nach der 15-monatigen Traineezeit nehmen sie in der Regel Führungsaufgaben wahr - kein Wunder, dass sich pro Jahr über 1000 Interessenten für dieses Programm bewerben. Für das Unternehmen ist dies Grund genug für ein aufwendiges Auswahlverfahren. Wer mit seinen Zeugnissen und einem formalen Test per Internet die Hürden der Vorauswahl geschafft hat, bekommt die Einladung zu einem Assessment Center.
"Ich möchte Ihnen etwas zum Assessment Center erzählen, dann auch über das ZF-Traineeprogramm."
Eberhardt Hofmann leitet die Abteilung "Nachwuchsführungskräfte-Entwicklung und Konzernfachtraining im ZF-Campus". Zusammen mit vier weiteren Mitarbeitern aus verschiedenen Konzernbereichen sitzt der Psychologe den Bewerbern gegenüber. Manchen von ihnen ist die Anspannung anzumerken. Sie wissen nicht so recht, was genau auf sie zukommt. Sie wissen nur, dass sie im Rahmen des eintägigen Assessment Centers viele Übungen in der Gruppe zu absolvieren haben. Da sind fachliche Fähigkeiten gefordert. Aber es geht auch um Teamfähigkeit.
"Ja, organisieren Sie sich selber als Gruppe. Sie müssten fertig sein mit dem Ergebnis um 8 .45 Uhr. Und ansonsten lasse ich Sie alleine arbeiten"
Die erste Übung beginnt. Einer aus der Gruppe liest die Aufgabe laut vor:
"Erstellen Sie mit den vorgegebenen Materialien eine Bahn, mit der ein Modellauto von selbst, also nur durch die Schwerkraft, und ohne es anzuschieben, rollt. Bauen Sie die Bahn dabei so, dass Sie möglichst lang ist!"
Auf dem Tisch der Teilnehmer liegen Schere, Bürotacker, ein großer Papierbogen und ein kleiner Modell-LKW. Die Teilnehmer sind zunächst überrascht, auch ein wenig ratlos. Aber dann beginnen die Überlegungen: Was bedeutet die Aufgabe genau? Und wie kann sie so schnell gelöst werden? Schließlich haben sie gerade mal eine halbe Stunde Zeit.
"Wie oft soll diese Bahn gefaltet werden? Soll sie doppelt gefaltet werden? Wir können vielleicht dadurch, dass wir das jetzt zur Hälfte durchschneiden, und das jeweils falten."
Während die Teilnehmer untereinander Lösungswege diskutieren, machen sich Eberhardt Hofmann und die übrigen Beobachter am gegenüber stehenden Tisch immer wieder Notizen. Aufmerksam beobachten sie, wer in der Gruppe was sagt, wer sich in den Vordergrund stellt. Nach einer halben Stunde haben die Bewerber aus dem Papierbogen eine Art schräg abfallende Fahrbahn gebastelt.
"Ja, ich darf Sie recht herzlich begrüßen. Unser Unternehmen möchte Ihnen heute eine neue Konstruktion vorstellen. Unser Ziel war eine Bahn zu bauen, auf der ein kleines Modellauto fährt, das nur mit Hilfe der Schwerkraft angetrieben wird."
Die Präsentation am Ende der Übung ist fester Bestandteil der Aufgabe. Schließlich noch der praktische Test:
"Ich danke Ihnen!"
Der Modellaster rollt tatsächlich die Papierbahn hinab. Aufgabe erfolgreich gemeistert. Doch darauf kommt es den Beobachtern gar nicht so sehr an. Sie diskutieren im Anschluss, als die Bewerber den Raum verlassen haben, die jeweiligen Leistungen. Hier muss das Mikrofon ausgeschaltet bleiben; schließlich geht es um personenbezogene Bewertungen.
"Wir legen natürlich schon Wert darauf, dass sie inhaltlich die Aufgabe gut erfüllen, mit den Vorgaben von Zeit und Qualität, auf der anderen Seite aber auch auf den Prozess, dass man andere noch zu Wort kommen lässt, dass man die Aufgabe nicht total alleine löst. Das ist ja eine Gruppenaufgabe. Wir haben auch Einzelaufgaben. Aber das ist eine Gruppenaufgabe. Und das muss dann auch im Sinne einer Gruppe gelöst werden können. Und das ist das Entscheidende: Dass man auf die Instruktion auch achtet, die in der Übung gefragt wird, und dass dies entsprechend auch angegangen wird. In der Gruppenübung geht es darum, dass man in einem Team zu einem sinnvollen Ergebnis kommt."
Erklärt Uwe Bernecke, Personalexperte aus dem ZF-Werk Saarbrücken und einer der Beobachter. Wer hat die Führung des Teams übernommen? Wer hat die konstruktivsten Beiträge in der Gruppe geleistet? Wer hat durch seine Redebeiträge auch andere motiviert, stärker mitzumachen? Darüber unterhalten sich die Beobachter nach Abschluss der ersten Übung. Ihre Bewertungen halten sie in der Form eines komplizierten Punktesystems auf den vorliegenden Formblättern fest.
"So, organisieren Sie sich bitte wieder selbstständig. Ich hätte gerne das Angebot um 10.30 Uhr. Ich gebe Ihnen, weil Sie gerade hier sitzen, dieses Angebotsblatt. Das hätte ich gerne von Ihnen als Gruppe wie gesagt um 10.30 Uhr wieder zurück."
Die zweite Aufgabe ist schon wesentlich komplizierter: Die Bewerbergruppe nimmt die Rolle einer fiktiven Firma für Feuerlöschgeräte ein. Sie muss eine Löschanlage mit mehreren Löschflüssigkeiten entwickeln, mit denen verschiedene Brandherde bekämpft werden können. Eine logistische, organisatorische, technische und betriebswirtschaftliche Herausforderung. Denn zum Schluss darf die Anlage einen bestimmten Preis nicht übersteigen.
"Vielleicht schreiben wir erst einmal die Bedingungen auf, die da genannt wird. Was wir schaffen müssen. Ja, das ist das Wichtigste."
Wieder beginnt eine Diskussion. Einige der Bewerber beteiligen sich rege daran, einige weniger. Erst kurz vor Ende des gesetzten Zeitrahmens kann die Gruppe eine Lösung präsentieren. Auffallend: Eine Teilnehmerin ist plötzlich dazu übergegangen, die Aufgaben innerhalb der Gruppe zu verteilen und den Zeitrahmen zu kontrollieren. Überraschend dabei: Keiner widerspricht ihr, keiner macht ihr ihre Führungsrolle streitig. Beobachter Andreas Moser, Personalexperte im ZF-Werk Passau:
"Ja, das fehlt mir hier eigentlich, dass man hier kaum auf positive Konfrontation einmal gegangen wird. Weil: Meine Erfahrung ist die: Je länger es dauert, bis so etwas auf den Tisch gebracht wird, desto schlechter ist eigentlich das, was rauskommt. Also lieber einmal früher sagen: Das sehe ich etwas anders oder so. Und dann ist es eben die Aufgabe von der Führungsperson in der Gruppe, alle wieder mit einzufangen. Aber das vermisse ich hier: Diese Konfrontation innerhalb der Gruppe."
Das gibt Minuspunkte für die selbst ernannte Gruppenführerin, aber auch für die übrigen Teilnehmer. Kurz vor der Mittagspause die nächste Aufgabe: Die Bewerber begeben sich in einen Nebenraum. An jedem Platz steht ein Laptop. Jeder muss sich in dem fiktiven Planspiel "Utopia" bewähren.
"Und zwar waren wir jetzt Präsident oder Regierung von einer Insel, die gewisse Wirtschaftszweige hatte: Tourismus zum Beispiel. und es ging auch um den Faktor Umwelt. Man hatte ein gewisses Budget zur Verfügung. Und man muss schauen: Setze ich das jetzt für die Entwicklung meiner Industrie, in den Umweltschutz oder eben auch in die Struktur, die Infrastruktur der Menschen ein, zur Verbesserung von Wohnungsbau, Straßenbau. Und natürlich sind die Ziele teilweise sich widersprechend. Und man muss einfach schauen, dass man die Entwicklung so steuert, dass man in allen drei Bereichen, also die drei Hauptziele eben, der Lebensstandard, die Finanzen und die Umwelt, ein gutes Level erreicht."
Erzählt Bernd Längle aus Karlsruhe, nachdem er das Planspiel am Rechner abgeschlossen hat. Kaum sind alle fertig, geht es wieder in die Gruppe:
"Also ich habe festgestellt, dass ich in denen Zeiten, wo Ebbe im Ölsektor war, also wo der Ölpreis niedrig war, da habe ich 1000 Dollar da investiert, also fast gar nicht, habe auch den Hafen runtergefahren."
Alle Teilnehmer müssen das Planspiel sowohl als "Einzelkämpfer" am Computer als auch im Team, als Mitglied einer fiktiven Inselregierung, meistern. Dabei sehen die Beobachter, ob ein Bewerber, der gute Lösungsansätze hat, diese auch erfolgreich im Team umsetzen kann. Eberhardt Hofmann, Leiter des Assessment Centers:
"Da sind zwei Intentionen, die dahinter stecken. Die erste Intention heißt: Nicht nur eine soziale Interaktionssituation herstellen, sondern konkrete Problemlösungssituationen mit einem stark kognitiven Background zu assoziieren, hier im Assessment Center. Die zweite Intention heißt: Was haben wir da für individuelle Problemlösewerte, individuelle Problemlöse-Strategien? Und dann können wir die Frage beantworten: Wie gut gelingt es ihnen, dies in die Gruppensituation zu integrieren?"
"Also wenn die Unterauftragnehmer dabei sind, wird alles im Mai geliefert. Also ich denke, dass ist selbstverständlich dann…"
Kurz vor 16 Uhr, der letzte Test beginnt: Die Bewerber teilen sich in zwei Gruppen, die wiederum für zwei fiktive Firmen stehen: eine stellt Gitarren her, die andere ist eine Kette von Musikfachgeschäften, die Tausende von Gitarren ankaufen möchte. Die Bewerber müssen sich über Preis und Lieferbedingungen einig werden, eine Aufgabe also wie im richtigen Arbeitsalltag. Je weiter das Assessment Center fortschreitet, desto stärker lehnen sich die Aufgaben an den Arbeitsalltag in einem Unternehmen an. Am späten Nachmittag neigt sich das Auswahlverfahren, nach über neun Stunden, seinem Ende entgegen. Eberhardt Hofmann ist an diesem Tag zufrieden mit dem Ergebnis:
"Der langjährige Durchschnitt, da liegt die Erfolgsquote eins zu zehn. Also von zehn Leuten, die zum Assessment Center kommen, wird einer letztlich akzeptiert. Wenn Sie den entsprechenden Vortest einsetzen, senken Sie Durchfallwahrscheinlichkeit so auf eins zu vier bis eins zu fünf. Von daher war das, was wir heute gesehen haben, eher typisch, na ja, eigentlich war es eher noch eine positive Ausbeute an Kandidaten. Von zwölf Kandidaten vier, die letztlich einen Vertrag kriegen werden - das ist o.k."
Darin enthalten sind auch die Ergebnisse zweier weiterer Assessment Center, die bereits in den Tagen zuvor gelaufen sind. Den Teilnehmern selbst ist die Erleichterung nach dem Ende sichtlich anzumerken: Nach der offiziellen Verabschiedung legen die Jungs die Krawatte ab. Einige bestellen an der Hotelbar ein Bier. Keiner von ihnen weiß zu diesem Zeitpunkt, ob er nun die Hürde zur Aufnahme ins Trainee-Programm genommen hat oder nicht. Erst Tage später werden sie die Entscheidung schriftlich bekommen. Erste Reaktionen nach den Tests - Christian Bayermann aus Dresden und Bernd Längle aus Karlsruhe:
"Vielleicht die letzte, also das mit den Verhandlungen, da fand ich mich jetzt nicht so wieder. Vielleicht muss ich ja daran noch arbeiten. Aber die erste war ziemlich gut, also das mit dem Bahn bauen. Also ich hätte jetzt nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß macht. Klar, ich bin da positiv reingegangen. Aber ich finde, es war eine gute Erfahrung. Und die Aufgaben haben Spaß gemacht."
"Also ich denke, das ist eine gute Übung für die Anforderungen, die später mal auf einen im Beruf zukommen. Ich weiß nicht, inwiefern das jetzt den Anforderungen entspricht, die nach dem Beruf auf einen warten. Ich glaube schon, dass man da gute Erkenntnisse mitnehmen kann, wie das dann mal so zugeht und sich vorstellen kann: Wie kann so eine Führungsposition später einmal aussehen?"