Montag, 29. April 2024

Archiv

Erforscht, entdeckt, entwickelt
Meldungen aus der Wissenschaft

Die Ernährungsweise begrenzt die Größe von Walen +++ Eine Studie liefert neue Erkenntnisse über das Land unter dem Eis +++ Eine genetische Uhr sagt die Lebensspanne von Wirbeltieren voraus +++ Eine neue Farbe könnte Fallen für Tsetse-Fliegen verbessern +++ Der Mensch war der Grund für das Aussterben der Karolinasittiche +++ Die Zahl der Syphilis-Fälle in Deutschland stagniert auf hohem Niveau

Von Lennart Pyritz | 13.12.2019
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell"
Neues aus der Wissenschaft – die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell" (Deutschlandradio)
Die Ernährungsweise begrenzt die Größe von Walen
Blauwale können mehr als 30 Meter lang und bis zu 200 Tonnen schwer werden. Auch viele andere Wal-Arten bringen es auf beeindruckende Maße. Warum die Tiere nicht noch größer werden, hat jetzt ein internationales Forschungsteam untersucht. Im Fachmagazin Science kommt es zum Schluss: Die Ernährungsweise ist der entscheidende Faktor für das Größenwachstum – genauer, das Verhältnis zwischen über die Nahrung aufgenommener Energie und der Energie, die aufgewendet werden muss, um Nahrung aufzutreiben.
Zahnwale wie Pottwale oder Delfine machen Jagd auf einzelne Beutetiere. Dabei nutzen sie Echoortung und tauchen teils tief. Dieses Verhalten sei sehr energieaufwändig. Daher gibt es unter ihnen mit dem Pottwal nur einen Großwal, der 20 Meter erreicht. Bartenwale wie Blau- oder Buckelwal filtern dagegen mit einem speziellen Fressapparat Kleinstlebewesen aus dem Wasser und nehmen der Studie zufolge dabei meist mehr Energie auf, als sie die Nahrungssuche kostet. Die Autoren vermuten aber, dass bei Bartenwalen saisonale Schwankungen in der Krill-Verfügbarkeit die Größe begrenzen – oder physiologische Grenzen des Mauls.
Die Wissenschaftler haben die Bewegungsmuster von etwa 300 Zahn- und Bartenwalen über zehn Jahre mit Hilfe von Sensoren verfolgt. Die dabei aufgenommenen, mehr als 10.000 Futtersituationen glichen sie mit Daten zur Nahrungsdichte an den jeweiligen Futtergründen ab.
Quellen: Science, DPA

Eine Studie liefert neue Erkenntnisse über das Land unter dem Eis
Im Fachblatt Nature Geoscience präsentiert ein US-Forschungsteam eine topografische Karte der Landmassen unter dem Eisschild der Antarktis. Sie zeigt Unebenheiten, Hohlräume, Mulden und Bergrücken in bislang unerreichter Präzision. Die Karte könnte helfen, Regionen zu identifizieren, in denen das Eis durch die Klimaerwärmung künftig besonders schnell abschmilzt. Landstrukturen unter dem Eis könnten den Rückzug von Gletschern beschleunigen, verlangsamen oder sogar stoppen, so einer der Autoren.
Für die Karte nutzten die Wissenschaftler unter anderem Daten zur Dicke der Eisdecke in der Antarktis, die 19 Forschungseinrichtungen seit den 1960er Jahren mit Hilfe von Radarmessungen erhoben haben. Außerdem sammelten sie Daten dazu, wie sich das Eis der Antarktis über die Zeit bewegt.
Die Karte zeigt unter anderem auch den tiefsten Landcanyon der Welt. Die Schlucht liegt unter dem Denman-Gletscher in der Ostantarktis – 3,5 Kilometer unter dem Meeresspiegel.
Quelle: Nature Geoscience

Eine genetische Uhr sagt die Lebensspanne von Wirbeltieren voraus
Eine Maus stirbt spätestens nach zwei bis drei Jahren. Elefanten werden 60 Jahre und älter. Es gab bereits Hinweise darauf, dass die Lebensdauer von Organismen durch die Gene kontrolliert wird. Im Fachblatt "Scientific Reports" beschreibt ein Forschungsteam jetzt ein genetisches Modell, mit dem sich vorhersagen lässt, wie alt unterschiedliche Wirbeltiere maximal werden. Das Modell beruht auf 42 Genen, die auf spezielle, kurze Erbgutabschnitte geprüft werden. Die Dichte dieser Abschnitte korreliert wiederum mit der Lebensspanne. Ihre genetische Uhr könne auch neue Erkenntnisse über ausgestorbene Spezies oder extrem langlebige Arten wie Grönlandwale liefern, die sich schwer beobachten lassen, so die Autoren.
Die Forscher hatten die Genome von mehr als 250 Wirbeltierspezies mit bekannter Lebensspanne analysiert. Dabei stießen sie auf den Zusammenhang zwischen den spezifischen Gensequenzen und dem Alter.
Die Wissenschaftler nutzten ihre Methode unter anderem, um die Lebensspanne von Neandertaler, Denisova-Mensch und Schimpanse zu schätzen. Das Ergebnis: jeweils knapp 40 Jahre.
Quelle: Scientific Reports

Eine neue Farbe könnte Fallen für Tsetse-Fliegen verbessern
Die in Afrika verbreiteten Insekten ernähren sich von Blut und übertragen beim Menschen die Schlafkrankheit und bei Tieren die Nagana-Seuche. Die Fliegen werden mit speziellen Fallen gefangen, deren Oberfläche mit Insektiziden behandelt wurde. Ein Forschungsteam aus Großbritannien und Simbabwe hat jetzt Erkenntnisse zum Sehvermögen der Tsetse-Fliegen herangezogen, um solche Fallen durch ihre Farbe noch effektiver zu machen. Das Ergebnis: Ein synthetischer violetter Stoff zog deutlich mehr Fliegen an als traditionell genutzte schwarze Baumwolle oder blauer Polyesterstoff.
Die Wissenschaftler hatten rekonstruiert, wie die Photorezeptoren im Auge der Fliegen auf unterschiedliche Farben reagieren und dementsprechend die Farbe ihrer neuen Insektenfalle entwickelt. Die Studie ist im Fachmagazin PLoS Neglected Tropical Diseases erschienen.
Quelle: PLoS Neglected Tropical Diseases

Der Mensch war der Grund für das Aussterben der Karolinasittiche
Karolinasittiche waren die einzige nordamerikanische Papageienart. Sie lebten in offenen Wäldern, entlang von Flüssen und in Sümpfen zwischen Neuengland und dem Golf von Mexiko. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Art für ausgestorben erklärt. Als Ursachen wurden unterschiedliche Faktoren vermutet: Bejagung, der fortschreitende Verlust von Lebensraum oder Kontakt mit Geflügelpathogenen. Eine genetische Studie im Fachmagazin "Current Biology" zeigt jetzt, dass es offenbar keinen allmählichen Rückgang der Population von Karolinasittichen gab. Laut dem Forschungsteam deutet alles auf ein abruptes Verschwinden der Spezies hin, das unmittelbar durch den Menschen verursacht wurde.
Die Wissenschaftler haben erstmals das vollständige Genom der Sittiche rekonstruiert. Dafür griffen sie auf ein Exemplar aus einer privaten Sammlung in Spanien zurück. Im Erbgut fanden sie keine Spuren von Inzucht oder einer langsamen Abnahme der Vogelbestände.
Karolinasittiche wurden etwa 30 Zentimeter groß. Das Gefieder war am Körper grün, am Kopf gelb und rot-orange. Das letzte Exemplar der Art starb 1918 im Zoo von Cincinnati. Der nächste lebende Verwandte ist der südamerikanische Sonnensittich.
Quelle: Current Biology

Die Zahl der Syphilis-Fälle in Deutschland stagniert auf hohem Niveau
Das zeigen Daten des Robert Koch-Instituts, kurz RKI, für das Jahr 2018. Mit 7332 Erkrankungsfällen lag die Zahl auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr, heißt es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des Instituts. Zum ersten Mal seit 2010 habe sich der Anstieg damit nicht weiter fortgesetzt.
Syphilis wird durch Bakterien verursacht. Die Infektionskrankheit tritt nur beim Menschen auf. Sie ist beim Sex und durch Blut übertragbar sowie während der Schwangerschaft von der Mutter auf das Kind. Syphilis lässt sich mit Antibiotika erfolgreich behandeln. Unbehandelt kann es jedoch langfristig zu Schädigungen des Gehirns und der Blutgefäße kommen.
Die meisten Infektionen pro 100.000 Einwohner wurden in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg registriert, die wenigsten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen. Syphilis ist meldepflichtig.
Quellen: DPA, RKI