Dienstag, 19. März 2024

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Erforscht, entdeckt, entwickelt
Meldungen aus der Wissenschaft

Der Klimawandel fördert methan-bindende Mikroben +++ Österreich plant repräsentative Stichprobentests auf Corona-Infektionen in der Bevölkerung +++ Das Erbgut des Störs ist entschlüsselt +++ Stress verändert das Gehirn +++ Die Satellitenfirma OneWeb ist insolvent +++ Das Abholzen des Regenwaldes hat negative Randeffekte +++ Die Corona-Testkapazitäten ließen sich weltweit schnell um ein Vielfaches erhöhen

Von Lucian Haas | 31.03.2020
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell"
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell" (Deutschlandradio)
Der Klimawandel fördert methan-bindende Mikroben
Wenn im Zuge des Klimawandels die Permafrostböden der Arktis auftauen, werden große Mengen an Methan freigesetzt. Das könnte den Klimawandel verstärken, fürchten viele Klimaforscher. Möglicherweise ist der Effekt aber weniger stark als bisher gedacht – wegen bestimmter Bakterien. Wie ein internationales Team von Wissenschaftlern im Fachmagazin Nature Climate Change schreibt, werden die wärmeren Temperaturen auch das Wachstum von Bakterien fördern, die ihrerseits Methan aus der Atmosphäre ziehen und in ihrem Stoffwechsel verarbeiten. Modellrechnungen ergaben: Die Methanemissionen der Arktis könnten sich bis zum Jahr 2100 zwar verdoppeln. Doch durch die erhöhte bakterielle Aktivität dieser sogenannten Methanotrophen wird ein Großteil des freigesetzten Methans gleich wieder gebunden. In der Netto-Bilanz würden die Methanemissionen bis zum Jahr 2100 deshalb statt um 100 Prozent nur um 18 Prozent steigen.
Quelle: Nature Climate Change

Österreich plant repräsentative Stichprobentests auf Corona-Infektionen in der Bevölkerung
Wenn es darum geht, die Verbreitung des neuartigen Coronavirus in der Bevölkerung genauer abzuschätzen, stochern Wissenschaft und Politik noch arg im Nebel. Mangels Daten ist stets von einer hohen Dunkelziffer die Rede. Österreich will hier nun etwas Licht ins Dunkel bringen. Das Forschungsministerium in Wien kündigte an, eine Stichprobe von 2000 repräsentativ ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern auf Sars-CoV-2 testen zu lassen. Die Tests sollen am Mittwoch beginnen und bis zum Wochenende abgeschlossen werden. Die repräsentativen Tests sollen später in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um Veränderungen über die Zeit zu erkennen.
Quelle: Agenturen

Das Erbgut des Störs ist entschlüsselt
Genauer gesagt: das Erbgut einer bestimmten Störart, des Sterlets. Die komplette DNA-Sequenzierung dieser Fische ist einem Forscherteam aus Würzburg und Berlin gelungen. Interessant ist das vor allem, weil Störe schon vor 300 Millionen Jahren auf der Erde lebten und sich zumindest äußerlich seither kaum veränderten, wie Fossilienfunde zeigen. Im Erbgut des Störs kam es in dieser Zeit dennoch zu umfangreichen Veränderungen. Den Erkenntnissen nach hat der Stör vor rund 180 Millionen Jahren sein Erbgut verdoppelt. Die meisten Gene liegen deshalb jeweils in vierfacher Ausführung vor. Insgesamt fanden die Wissenschaftler beim Stör auf 120 Chromosomen rund 47.500 protein-codierende Gene. Entwicklungsgeschichtlich gehören Störe heute als "lebende Fossilien" zu den ältesten Lebewesen auf der Erde. Der Einblick in ihr Erbgut kann helfen, die Abstammung von Wirbeltieren besser zu verstehen. Die zugehörige Studie ist im Fachmagazin Nature Ecology & Evolution erschienen.
Quelle: Nature Ecology & Evolution

Stress verändert das Gehirn
Unter dem Einfluss von Stress verlieren bestimmte Zellen im Gehirn Kontakt untereinander. Die sternförmig verzweigten Astrozyten, die unter anderem dazu dienen, Botenstoffe zu recyceln, ziehen einige ihrer dünnen Ausläufer von Synapsen der Neuronen zurück. US-Forscher haben jetzt herausgefunden, woran das liegt: Ein im Stress ausgeschüttetes Hormon blockiert die Produktion eines bestimmten Proteins, das für den Aufbau sogenannter Ionen-Kanäle nötig ist. Ohne dieses Protein geht der Kontakt der Hirnzellen untereinander verloren. Für ihre Studie, die im Journal of Neuroscience erschienen ist, machten die Wissenschaftler Experimente mit Mäusen. Als Stressauslöser nutzten sie den Urin eines Fuchses, eines natürlichen Feindes der Mäuse. Schon ein einmaliger Stressmoment führte zu einem schnellen, aber lang anhaltendem Rückzug der Astrozyten-Ausläufer im Mäusehirn.
Quelle: Journal of Neuroscience

Die Satellitenfirma OneWeb ist insolvent
OneWeb plante als Dienstleister einen weltumspannenden Internetzugang über eine Flotte von bis zu 2000 Satelliten im All. Kürzlich erst hatte das Unternehmen, an dem auch Airbus beteiligt ist, mit einer Sojus-Rakete 34 Satelliten gestartet. Damit umkreisen bereits 74 OneWeb-Satelliten die Erde. Nun hat das Unternehmen in den USA vor einem Insolvenzgericht Gläubigerschutz beantragt. Sollte sich kein Käufer finden, der das Projekt fortführt, geht die Verantwortung für die schon im All befindlichen Satelliten als Weltraumschrott auf die britische Regierung über. Sie hatte die Lizenzen vergeben. Als Grund für die Insolvenz nannte OneWeb unerwartete finanzielle Belastungen durch Verzögerungen beim Bau und Start der Satelliten infolge der Corona-Pandemie.
Quelle: Agenturen

Das Abholzen des Regenwaldes hat negative Randeffekte
Die tropischen Regenwälder sind riesige Kohlenstoffspeicher. Werden sie abgeholzt, geht diese Speicherkapazität verloren. Allerdings betrifft das nicht nur die abgeholzten Flächen. US-Forscher fanden bei Untersuchungen auf Borneo heraus, dass auch die verbliebenen Waldreste weniger Kohlenstoff speichern. Das hängt damit zusammen, dass die natürlichen Wälder durch die Abholzung immer stärker fragmentiert werden. An den Rändern jedes Kahlschlags ändern sich die Wachstumsbedingungen für die verbleibenden Bäume. Beispielsweise dringt die Sonne dort stärker bis zum Boden durch und kann diesen austrocknen. Dadurch wachsen die Bäume schlechter, speichern also auch weniger Kohlenstoff. Laut Berechnungen der Forscher führt dieser Effekt dazu, dass die Kohlenstoff-Speicherkapazität in einem Streifen von 100 Metern entlang der Waldränder rund 20 Prozent unter der eines ungestörten Regenwaldes liegt. Die Studie ist in den Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) erschienen.
Quelle: PNAS

Die Corona-Testkapazitäten ließen sich weltweit schnell um ein Vielfaches erhöhen
Das berichten Forschende des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes und des Universitätsklinikums Frankfurt. Sie entwickelten ein sogenanntes Pool-Testverfahren, mit dem sich trotz begrenzter Testkits die Zahl der Getesteten stark steigern ließe. Bei einem Pool-Test werden jeweils Proben der Rachenabstriche von fünf Probanden gemischt und zusammen auf mögliche Spuren des Coronavirus untersucht. Ist diese eine Mischprobe negativ, so gilt das Ergebnis für alle fünf Probanden gleichermaßen, obwohl dafür nur ein Test gebraucht wurde. Ist die Probe positiv, so müssen in einem zweiten Durchgang nochmals zuvor abgetrennte Rückstellproben der Probanden einzeln getestet werden, um die jeweiligen Virusträger zu ermitteln. Da das Corona-Virus noch immer vergleichsweise wenig in der Bevölkerung verbreitet ist, wären diese Nachtest aber gar nicht so häufig nötig. Unterm Strich ließe sich auf Basis des Pool-Testverfahrens deutlich mehr Personen testen, als Testkits vorhanden sind.
Quelle: Universität Frankfurt, via IDW