Freitag, 19. April 2024

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Meldungen aus der Wissenschaft

Mediziner verfolgen eine neue Strategie bei der Therapie von Multipler Sklerose +++ Eiszeitmenschen nutzten Wurfhölzer bei der Jagd +++ Der Klimawandel reduziert die Schneeschmelze +++ Die Sprache ist flexibel – auch bei Eidechsen +++ Schon in der Bronzezeit gab es Parallelgesellschaften +++ Bildgebende Verfahren können Alkoholmissbrauch in der Schwangerschaft nachweisen +++ Traditionelle Beobachtungsmethoden können zu ungenauen Daten führen +++

Von Michael Stang | 21.04.2020
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell"
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell" (Deutschlandradio)
Mediziner verfolgen eine neue Strategie bei der Therapie von Multipler Sklerose
Bisherige Therapien gegen die Autoimmunerkrankung bekämpfen vor allem die gewebeschädigenden T- und B-Immunzellen. Ein Team vom Max-Delbrück-Zentrum konzentriert sich hingegen auf eine bestimmte Form von Monozyten. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form weißer Blutkörperchen, die sich in Fresszellen verwandeln und Gewebe zerstören, was zu Entzündungen im Gehirn führt. Wie die Forschenden im Fachblatt NATURE Immunology schreiben, injizierten sie Mäusen Antikörper gegen ein Oberflächenprotein der Monozyten. Eine bestimmte Form, die Cxcl10+-Zellen, ging dabei zugrunde. Gelingt es, diese Monozyten gezielt auszuschalten, könnten die allermeisten Formen der Multiplen Sklerose damit behandelt werden, hoffen die Studienautoren.
Quelle: NATURE Immunology | MDC

Eiszeitmenschen nutzten Wurfhölzer bei der Jagd
In der Freilandfundstelle Schöningen in Niedersachsen hatte ein Team um den Tübinger Archäologen Nicholas Conard in den vergangenen Jahren bereits mehrfach verschiedene Holzwaffen ausgegraben. Wie die Forschenden im Fachblatt NATURE Ecology & Evolution darlegen, kommt nun ein weiterer Fund hinzu: ein rund 300.000 Jahre alter Wurfstock aus Fichtenholz. Diesen nutzten Vertreter von Homo heidelbergensis vermutlich, um Wasservögel und Pferde zu jagen. Wurfstöcke rotieren um ihren eigenen Schwerpunkt, bewegen sich geradeaus und erreichen eine hohe Treffgenauigkeit. Im Gegensatz zu einem Bumerang kehren sie aber nicht zurück.
Quelle: NATURE Ecology & Evolution | Uni Tübingen

Der Klimawandel reduziert die Schneeschmelze
Im Frühjahr trägt der geschmolzene Schnee in vielen Flusseinzugsgebieten zur Versorgung mit Bewässerungswasser bei. Wie sich die globale Erwärmung um zwei oder vier Grad Celsius auf die Versorgung der vom Schnee abhängigen Gebiete auswirken wird, hat ein internationales Forschungsteam simuliert. Demnach wird der Anteil der Versorgung mit Bewässerungswasser aus der Schneeschmelze in fast allen Einzugsgebieten sinken. Im Colorado Einzugsgebiet in den USA reduziert sich der Anteil von 38 auf 23 Prozent, im Po-Einzugsgebiet in Norditalien sinkt er den Daten zufolge von 29 auf nur noch neun Prozent. Die Ergebnisse werden im Fachblatt NATURE Climate Change veröffentlicht.
Quelle: NATURE Climate Change | Uni Göttingen

Die Sprache ist flexibel – auch bei Eidechsen
Chemische Signale gelten als die älteste und am weitesten verbreitete Kommunikationsform im Tierreich. Biologen der Washington Universität in St. Louis haben untersucht, ob und wie sich die chemischen Signale bei Eidechsen verändern. Bei diesen Tieren geben die Duftstoffe Hinweise auf Fressfeinde, Paarungsbereitschaft oder Konkurrenz. Wie die Forschenden im Journal of Animal Ecology notieren, verändern sich die Signale binnen kurzer Zeit. Bei Isolationsexperimenten auf verschiedenen Inseln sahen sie, dass sich in den Gebieten ohne Räuber nach nur vier Generationen wiederholt ein neuer chemischer Duft entwickelt hatte. Demnach reagieren die Tiere flexibel auf eine neue Umgebung. Müssen sie keine Raubtiere fürchten, werben sie mit intensiveren Duftstoffen um neue Sexualpartner.
Quelle: Eurekalert!

Schon in der Bronzezeit gab es Parallelgesellschaften
Paläogenetiker vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena haben untersucht, ob und wie sich bestimmte Bevölkerungsgruppen am Ende der Jungsteinzeit vor 4.800 Jahren vermischt haben. Damals wanderten viele Gruppen aus der pontisch-kaspischen Steppe nach Zentraleuropa ein. Die genetische Analyse von fast 100 Menschen aus Ausgrabungsstätten vor allem aus der Schweiz ergab, dass sich die eingewanderten Menschen nur langsam mit Vertretern der altansässigen Bevölkerungsgruppen mischten, heißt es im Fachblatt NATURE Communications. Demnach hat es in der Bronzezeit im Gebiet der heutigen Schweiz lange Zeit Parallelgesellschaften gegeben.
Quelle: NATURE Communications

Bildgebende Verfahren können Alkoholmissbrauch in der Schwangerschaft nachweisen
Beim fetalen Alkoholsyndrom zeigen Säuglinge Fehlbildungen und Bewegungsstörungen. Forschende suchen daher nach Methoden, um Schädigungen, die durch den von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol entstehen, schon im Mutterleib zu diagnostizieren und abzumildern. Forscher der Oregon Health & Science University in Portland haben bei einer Studie an Rhesusaffen geschaut, welche Hirnregionen der Feten durch Alkohol im ersten Trimester beeinflusst werden. Wie die Mediziner im Fachblatt PNAS schreiben, lassen sich bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie als diagnostisches Instrument auch bei Menschen nutzen. Demnach können sie Anzeichen für das fetale Alkoholsyndrom bei Ungeborenen bereits im dritten Trimester einer Schwangerschaft erkennen.
Quelle: PNAS

Traditionelle Beobachtungsmethoden können zu ungenauen Daten führen
Das haben Ökologen der Universität Groningen für Uferschnepfen herausgefunden. Die Forscher hatten die standardisierten Erhebungsmethoden bei Langzeitstudien analysiert, die Auskunft über das Fortpflanzungsverhalten der Vögel geben. Diese Daten zum Legen der Eier, dem Schlüpfen und Überleben der Küken verglichen sie mit neuen Informationen, die mithilfe von Geo-Daten an Uferschnepfen in den Niederlanden gesammelt wurden. Wie die Forscher im Journal of Avian Biology schreiben, können traditionelle Beobachtungsmethoden und deren Hochrechnungen auf den Bestand ganzer Populationen zu ungenauen Ergebnissen führen. Das Brutverhalten der Schnepfen ist offenbar stärker von der Umgebung abhängig als bislang angenommen.
Quelle: Journal of Avian Biology