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Erfurter Uni als Bologna des Nordens

Bachelor und Master sind die zukünftigen Studiengänge für ein vereintes Europa. Bis spätestens 2010 sollen sie in allen Ländern eingeführt sein, die dem Bologna-Prozess beigetreten sind. Deutschlands Hochschulen tun sich noch schwer mit der Umstellung, gerade einmal vier Prozent aller Studierenden haben sich für einen entsprechenden Studiengang entschieden. In Erfurt sieht dies anders aus. Die dortige Universität bietet nämlich - abgesehen von einer Ausnahme - nur noch Bachelor und Master-Studiengänge an.

Autorin: Claudia van Laak |
    Bologna des Nordens - damit wirbt die Uni Erfurt in diesen Tagen. Aus zwei Gründen: Erfurt ist die drittälteste Universität auf dem Boden der Bundesrepublik - sie wurde 1392 gegründet und galt schon im Mittelalter als Bologna des Nordens.

    Der zweite aktuelle Grund: Im Blick auf den Bolognaprozess, der 1999 von den europäischen Wissenschaftsministern in Bologna beschlossen worden ist, sind wir die erste Hochschule in Deutschland, die fast ausschließlich in diesem Sinne in die Bachelor und Master-Studiengänge immatrikuliert hat.

    Sagt Unirektor Wolfgang Bergsdorf, der Gründungsrektor Peter Glotz in Erfurt abgelöst hat. Erfurt brauchte sich nicht mit einer mühseligen Umstellung plagen, der Studienbetrieb wurde vor vier Jahren ausschließlich mit Bachelor- und Master-Studiengängen begonnen. Die frühere pädagogische Hochschule wurde integriert, die Lehramtsstudiengänge in diesem Wintersemester umgestellt.

    Gleichzeitig hat Bologna festgelegt, das dieses neue Studiensystem von einem Studien-begleitenden Prüfungssystem attachiert wird, und das haben wir vom ersten Tag an der Existenz der Universität Erfurt.

    Die Vergabe von Kreditpunkten anstelle der Scheine ebenfalls. Erfurt ist also ganz vorn bei der Umsetzung der Bologna-Kriterien. Vorreiter zu sein bedeutet allerdings im Moment für die Studierenden einen Nachteil - bedauert Uni-Präsident Bergsdorf. Es ist schwierig für sie, innerhalb Deutschlands den Studienort zu wechseln.

    Im Moment ist es so, dass ein Student leichter von Erfurt nach Berkeley wechselt, als von Erfurt nach Tübingen. Da gibt es schon gewisse Probleme. Deshalb sind wir daran interessiert, dass der Bologna-Prozess möglichst schnell auch von möglichst vielen Hochschulen umgesetzt wird.

    Ein einziger Studiengang harrt in Erfurt noch der Umstellung - die Diplomtheologie. Die katholisch-theologische Fakultät ist erst vor kurzem Teil der Universität geworden, die Studenten entsprechend skeptisch. Sebastian Berndt hält nicht viel von Bachelor- und Master-Studiengängen.

    Wir haben halt ein Problem auf dem ganzen Bildungssektor. Weil nicht genug Geld da ist, machen wir eben ein bisschen Aktionismus, wir stellen alles um, die Leute werden schneller fertig. Aber dass sie dann schlechter ausgebildet sind, meiner Meinung nach, das kommt überhaupt nicht vor, aber das würde ich als Problem ansehen.

    Sollte der Diplom-Studiengang Theologie umgestellt werden, beginnen die Studierenden - wie alle anderen - mit einem Studium Fundamentale und müssen im Gegenzug auf eine Anzahl Theologiestunden verzichten. Für Rektor Bergsdorf ist dies kein Verlust der Qualität.

    Die Umstellung auf das gestufte Studiensystem dient ja nicht einer Verringerung oder Verschlechterung des Studiums, sondern soll insgesamt die Qualität des Studiums erhöhen.

    Bergsdorf kommt es allerdings in erster Linie auf verkürzte Studienzeiten an. Deshalb will er auch so schnell wie möglich den letzten Diplomstudiengang an der Uni umstellen. Im nächsten Wintersemester sei es soweit, zeigt er sich überzeugt. Fachschaftssprecher Steffen Riechelmann protestiert.

    Die Umstellung ist zu wichtig, um sie jetzt übers Knie zu brechen. Das wäre eine grundsätzliche Forderung unsererseits, dass man sich die Studieninhalte anschaut und dann mit Augenmaß entscheidet, wie das in Zukunft weitergehen wird. Ein angepeilter Zeitraum von fünf Jahren wäre dann realistisch.

    Der Unirektor scheint also reformfreudiger als die Studenten. Wolfgang Bergsdorf weist in diesem Zusammenhang gerne auf Martin Luther hin. Der hat nämlich auch an der Universität Erfurt studiert. Sein Abschluss: kein Diplom, sondern ein Baccalaureus.