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Eric Laurent: Die Kriege der Familie Bush

Auch unser nächstes Buch "Die Kriege der Familie Bush. Die wahren Hintergründe des Irak-Konflikts" hat ein Franzose geschrieben. Sein Name: Eric Laurent. Er gilt als investigativer Reporter beim konservativen französischen Figaro. 1991 veröffentlichte er als Co-Autor "Das Geheimdossier: Krieg am Golf". In seinem neuen Buch versucht Laurent nun, die Außenpolitik der USA im Lichte der dynastischen Interessen der Familie Bush zu deuten.

Matthias von Hellfeld |
    Der Konflikt mit dem irakischen Diktator Saddam Hussein spaltet die Vereinigten Staaten und einen Teil Europas, eine vor wenigen Jahren noch vollkommen unvorstellbare Zustandsbeschreibung. Nach den Anschlägen des 11. September 2001, bei dem nicht nur Tausende von Menschen ihr Leben lassen mussten, sondern auch das amerikanische Vertrauen in die eigene Sicherheit zerbrochen ist, hat sich die politische Prioritäten-Liste der amerikanischen Administration unter George W. Bush gründlich verändert. Verändert hat sich seither auch der Tonfall zwischen Amerika und Europa – nicht nur unter Politikern. Der französische Journalist Eric Laurent schreibt in einer Weise über die von Vater und Sohn Bush geführten beziehungsweise noch zu führenden Kriege, die voll in diesem Trend liegt. Da ist von einer grenzenlosen Borniertheit des amtierenden Präsidenten ebenso zu lesen, wie von dessen erschreckender Neigung, genaue Informationen und politische Nuancen als lästig abzuqualifizieren. Es ist aber zu bezweifeln, ob die Häme und der Spott, der sich in Laurents Buch über die amerikanische Führung ergießt, der politischen Situation, in der sich die Welt befindet, angemessen ist.

    Eric Laurent beschäftigt sich zunächst mit George Bush senior, dem Präsidenten des ersten Golfkriegs und schildert detailliert und durchaus kenntnisreich, wie Saddam Hussein noch bis kurz vor seinem Einmarsch in Kuwait im August 1990 mit amerikanischen Milliardenbeträgen subventioniert und so in die Lage versetzt wurde, jene Waffen anzuschaffen, um deren Zerstörung es damals wie heute offensichtlich eines Krieges bedarf. Das Verhältnis der ersten Bush-Administration zum irakischen Diktator ist tatsächlich zu kritisieren, aber die von Laurent festgehaltene Kritik ist nicht neu:

    Nicht nur brachte er dem Regime Saddam Husseins und seinen zahlreichen Machtübergriffen Wohlwollen entgegen, sondern er hat es darüber hinaus bewaffnet, finanziert, unterstützt und gestärkt. Ganz im Geheimen.

    Und grotesk wird es, wenn die Behauptungen stimmen, die belegen sollen, dass die Familie Bush intensive Kontakte zur Familie Osama bin Ladens gehabt hat. Laurent geht den vielfältigen und meist fehlgeschlagenen unternehmerischen Aktivitäten des heutigen Präsidenten nach. Dabei stößt er in dubiosen Firmen immer wieder auf einen Finanzberater des bin Laden-Clans namens Carlyle, der renditereiche Projekte organisiert, an denen die bin Ladens ebenso beteiligt sind wie die Familie Bush.

    Mit einer weiteren Tatsache hätte Carlyle allerdings am liebsten hinterm Berg gehalten, vor allem seit den Anschlägen vom 11. September: Einer der Finanzpartner in dem Fonds, bei dem George Bush als Berater tätig ist, war die Familie bin Laden.

    Geschäftliche Verbindungen der amerikanischen Präsidenten mit dem ärgsten Feind des Landes – ein schwer vorstellbarer Zustand. Aber laut Eric Laurent kommt es noch besser, denn offensichtlich gibt es auch persönliche Kontakte zwischen der Familie Bush und einigen hochrangigen Vertretern ihrer Regierungen sowie der Familie Osama bin Ladens:

    Die bin Ladens unterhalten enge Verbindungen zu Politgrößen der republikanischen Partei wie zum Beispiel zu James Baker, vor allem aber auch zu George Bush. Im Zuge seiner Aufenthalte auf saudischem Boden stattet ihnen der amerikanische Ex-Präsident regelmäßig einen Besuch ab. So auch 1998, in Begleitung von James Baker Nach einem plötzlichen und rätselhaften Gedächtnisausfall, vermutlich eine Folge der Anschläge vom 11. September, räumte George Bush ein, die bin Ladens im Januar 2000 erneut in Dscheddah getroffen zu haben.

    Im Januar 2000 stand Osama bin Laden ganz oben auf der CIA-Liste der meist gesuchten Verbrecher der Welt. Immer wieder versicherten CIA-Verantwortliche, die Suche nach diesem Mann ginge mit unverminderter Intensität weiter, aber er sei eben schwer zu finden, vor allem wenn er sich in der Unwegsamkeit der afghanischen Bergwelt versteckt halte. Dieser nachvollziehbaren Äußerung hält Eric Laurent entgegen:

    … aus einer irritierenden Nachricht ging hervor, dass im Juli 2001, zwei Monate vor den Anschlägen, der CIA-Verantwortliche in Dubai Osama bin Laden im amerikanischen Krankenhaus in den Emiraten besucht habe, als dieser bereits wegen zahlreicher tödlicher Attentate gesucht wurde. »Unser Hauptaugenmerk lag immer auf ihm, aber es gelang ihm jedes Mal, uns zu entkommen«, so lautete fortan die wenig überzeugende Auskunft der amerikanischen Geheimdienste.

    Es fällt schwer, derartigen Behauptungen Glauben zu schenken, auch wenn die wirtschaftlichen und finanziellen Verstrickungen, in denen sich die Familie Bush mit der amerikanischen Großindustrie ansonsten befindet, darauf hindeuten, dass eben nichts unmöglich ist. Nach der Lektüre des Buches bleibt dem Leser ein Gefühl, dass zwar nicht alles, was hier zu lesen steht, beweisbar ist, aber dennoch eine Menge zutreffend sein dürfte.

    Das Buch von Eric Laurent liest sich wie ein Polit-Thriller, an dessen Ende nur die gerechte Verhaftung der Schuldigen fehlt. Und genau das ist das Problem seines Buches: Er verzichtet darauf, Belege abzudrucken, die den Zusammenhang zwischen den Familien Bush und bin Laden einwandfrei beweisen. So ist der Leser darauf angewiesen, den flüssigen Sätzen des Autors zu glauben. Und das bleibt unbefriedigend.

    Matthias von Hellfeldt über Eric Laurent: Die Kriege der Familie Bush. Die wahren Hintergründe des Irak-Konflikts. Fischer-Verlag. 288 Seiten. 16 Euro und 90 Cent.