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Erinnerung an friedliche Revolution
Pläne für Einheitsdenkmal in Berlin gestoppt

2007 beschloss der Bundestag, zur Erinnerung an die friedliche Revolution und Wiedervereinigung ein Denkmal in Berlin zu errichten. Dieses Projekt hat der Haushaltsausschuss nun gestoppt. Der CDU-Abgeordnete Rüdiger Kruse sagte im DLF, der Entwurf von Johannes Miller sei nicht "so genial", dass man die Kostensteigerungen hätte hinnehmen können.

Rüdiger Kruse im Gespräch mit Michael Köhler | 13.04.2016
    Modellbild des geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin
    Modell-Bild des geplanten Freiheits- und Einheits-Denkmals in Berlin. (dpa / BBR)
    Michael Köhler: Um das Einheitsdenkmal wurde lange gerungen, geliebt wurde es nie. Als endlich ein prämierter Entwurf da war, gab es Schwierigkeiten in der Umsetzung und Berliner Bedenken. Heute kam, was kommen musste: das Aus für ein Mahnmal in Zwietracht über einen geschichtlichen Vorgang in Eintracht.
    Heute Nachmittag, da wollte der Haushaltsausschuss des Bundestages über eine Beschlussvorlage von Union und SPD, der Koalition entscheiden, nach der eben dieses seit 2007 geplante Projekt eines Einheitsdenkmals gestoppt werden soll. Rüdiger Kruse ist Unions-Abgeordneter im Deutschen Bundestag, Mitglied im Haushaltsausschuss und da selbst Berichterstatter für Kultur und Medien. Am späten Nachmittag sollte entschieden werden. Ich habe Rüdiger Kruse kurz vor der Sendung gefragt: Sieht es jetzt danach aus, dass gegen das Einheitsdenkmal mit großer Mehrheit gestimmt wird?
    Rüdiger Kruse: Es sieht danach aus, dass wir das Bauvorhaben, dieses Bauvorhaben beenden.
    Köhler: Was sind die Gründe dafür, Herr Kruse?
    Von zehn auf 15 Millionen - und weitere Kostensteigerungen sind möglich
    Kruse: Wir haben einen Bericht bekommen von der Bundesregierung, die uns unterrichtet hat, dass die vorgesehenen zehn Millionen Euro für diesen Bau nicht ausreichen, dass deren Kostenschätzung jetzt bei knapp 15 Millionen sind und auch noch weitere Kostensteigerungen möglich sind.
    Köhler: Das Denkmal zu errichten, war eine Entscheidung des Bundestages. Das sagt nicht nur Bundestagsvizepräsident a.D. Wolfgang Thierse heute. Ein Stopp wäre eine Blamage für den Bundestag, meint er. Könnten Sie damit leben, mit der Blamage?
    Kruse: Es ist keine Blamage, wenn man ein Projekt, das nicht in vernünftigen Bahnen läuft, stoppt. Das bedeutet ja nicht, dass es jetzt gar kein Denkmal geben wird, sondern das ist eine andere Debatte. Hier geht es darum, dass dieses Projekt - und das sehen wir jetzt in der Steuerung - nicht funktioniert und den Kostenrahmen sprengt, und daher finde ich auch vollkommen normal, dass ein Parlament als Haushaltskontrolleur sagt, an dieser Stelle nicht.
    !Köhler: Sie sagen gerade, nicht dieses Projekt. Entnehme ich Ihren Worten, dass vielleicht später und woanders gebaut wird?
    Kruse: Wir haben ja das gleiche in Leipzig gehabt. Leipzig hat die Planung eingestellt, aber sich vorbehalten, dass sie noch ein Denkmal bauen wollen. Hier ist es ja auch so: Wir widmen das Geld jetzt ja nicht um, sondern wir sagen lediglich, dass wir keine Erhöhung machen und dementsprechend auch dieses Bauvorhaben nicht realisiert werden kann.
    Köhler: Der Architekt des Einheitsdenkmals, Johannes Miller, ist von dem geplanten Projektstopp überrascht, sagt er heute. Er sagt, es würden höchstens 3,2 Millionen Euro jetzt versenkt, wenn das so ist. Von dieser Kostenexplosion weiß er nichts. Wo liegen die Gründe? Berlin hat sich ja immer so ein bisschen gesperrt. Sucht man nach Gründen, es abzulehnen?
    Ein Projekt mit "schwieriger Genese"
    Kruse: Die Kostengründe sind ja dokumentiert. Insofern ist das keine Suche und das Projekt hat ja eine schwierige Genese. Das Team, das das ursprünglich mal vorgeschlagen hat, ist dann auseinandergegangen, es hat sich von der endgültigen Gestaltung distanziert und ist rausgegangen aus der Bietergemeinschaft. Dann ist hinzugekommen, dass Veränderungen gemacht werden müssen, was die Zugänglichkeit angeht. Die Rampe muss anders sein etc. Das Fundament, der Sockel von dem alten Denkmal muss anders behandelt werden. Es sind sehr, sehr viele Punkte dazugekommen, die den ursprünglichen Plan verändern und auch deutlich verteuern.
    Köhler: Selbst wenn man kein Freund dieses Projektes ist, es ist ja immerhin von dem Gremium beschlossen worden, dem Sie auch angehören. Sie sind Mitglied im Kunstbeirat. Können Sie mit dem Vorwurf der Kunstfeindlichkeit leben?
    Kruse: Das ist ein sinnloser Vorwurf. Warum bin ich kunstfeindlich, wenn ich ein Projekt stoppe, was finanziell aus dem Lot gerät. Wir achten ja auch bei anderen Projekten, zum Beispiel bei der Debatte Humboldt-Forum oder so, wir sind doch gehalten, auf die Kostenstruktur zu gucken. Und an dieser Stelle ist es eben möglich, weil uns das jetzt vorliegt, zu diesem Zeitpunkt zu sagen, nein.
    Köhler: Der Zufall will, dass heute Grundsteinlegung ist auch für die James Simon Galerie. Da ist man auch mal eben von 73 auf 134 Millionen hochgeklettert.
    Genial? - "Das sagen wir an dieser Stelle eben nicht"
    Kruse: Es gibt auch Projekte, wo man sagt, die sind so genial, die wollen wir haben, und auch da ist es ja ein Punkt zu sagen, wir könnten natürlich auch sagen, ja okay, dieses Denkmal halten wir für so genial, dass wir das dann eben machen, und das sagen wir an dieser Stelle eben nicht.
    Köhler: Der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse, Haushälter und Berichterstatter für Kultur und Medien, zum Aus für das Einheitsdenkmal, und die schlechte Telefonqualität bitte ich zu entschuldigen. Sie fand gewissermaßen vor den Türen des Haushaltsausschusses gerade eben statt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.