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Erkältung
Hygienisch husten in der Grippe-Saison

Medizin. - In der Erkältungssaison kann man dem Niesen erkrankter Zeitgenossen kaum ausweichen. Wie aber verhalten diese sich richtig? Das Abschirmen des Niesers durch die Hand ist zwar abendländisch wohlerzogen, aber medizinisch nicht sinnvoll.

Von Franziska Badenschier |
    Na super. Eigentlich fährt diese Berliner S-Bahn in Richtung "Gesundbrunnen". Aber in der S-Bahn, da sitzen Viren-Schleudern: Ist ja Winter – und Grippe-Saison. Manchmal niest ein Fahrgast so heftig, dass man lieber in Deckung gehen möchte. Andere halten sich beim Husten wenigstens die Hand vor den Mund. Gut erzogen, denkt man sich dann. Bis der Schniefende aufsteht, sich an einer Metallstange festhält und an der nächsten Haltestelle auf den Türöffner drückt. Die Keimschleuder steigt aus, ihr Schnodder bleibt hier. Und da kommt schon der nächste und hält sich an der Stange fest. Die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Elisabeth Pott, sieht solche Situationen nicht so gern.
    "Also wenn ich jemanden direkt anhuste – es kann ja passieren, dass plötzlich sehr überraschend dieser Hustenreiz entsteht, wo man gar nicht schnell genug den Kopf wegdrehen kann –, dann kann natürlich die Infektion dadurch entstehen, dass das Gegenüber den Erreger einatmet. der Regel gehen wir von einem Übertragungsweg von einem Meter durch die Luft aus, weil es sich ja um Tröpfcheninfektion handelt. Das andere ist: Ich halte schnell die Hand vor den Mund, huste in die Hand, und schüttele jemandem anderem die Hand und der andere kommt dann mit seiner Hand, fasst sich ins Gesicht und kommt an die Schleimhäute. Der Erreger wird dann über die Schleimhäute in den Körper übertragen, also die Mundschleimhäute, die Nasenschleimhäute oder die Augenschleimhäute."
    Elisabeth Pott rät deswegen: Besser in die Armbeuge husten! Dafür hatte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schon im Jahr 2009 geworben: Damals ging die Neue Grippe um, die Influenza A H1N1, besser bekannt unter dem Namen "Schweinegrippe". Rund eine Viertel Million Menschen in Deutschland hatten sich nachweislich mit diesem neuen Grippe-Virus infiziert, 258 sind daran gestorben. "Wir gegen Viren" hieß die Aktion, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seinerzeit zusammen mit dem Robert-Koch-Institut durchgeführt hatte. Cornelius Bartels, ein Experte für Infektionsschutz, hatte damals das Projekt geleitet – und auch evaluiert.
    "Wir haben in den Jahren 2008 und 2009 zwei Telefonumfragen durchgeführt mit insgesamt jeweils rund 2000 Teilnehmern. Und eine der Fragen war, welches nun die beste Art ist zu husten. Und als Möglichkeiten hatten wir zur Auswahl gestellt: einmal, in die Hand husten oder in ein Taschentuch husten oder eben in den Ärmel, und zwar in die Ellenbeuge. Und hier hatten wir zwischen 2008 und 2009 ein überraschendes Ergebnis: insofern, dass 2008 lediglich knapp fünf Prozent "in den Ärmel husten" als die beste Art angegeben haben, aber im Jahr 2009, waren es bereits 38 Prozent."
    Dieses Ergebnis wurde nun in der Fachzeitschrift "BMC Public Health" publiziert. Allerdings sagt das nichts darüber aus, ob die Menschen denn nun auch tatsächlich öfter in die Armbeuge husten. Und es belegt auch nicht, dass es wirklich hygienischer ist, in die Armbeuge zu husten. Denn dafür gebe es höchstens indirekte Hinweise, sagt Cornelius Bartels:
    "Es gibt zum Beispiel eine Studie aus den 80er-Jahren, die nachweisen konnte, dass Grippeviren auf Geldscheinen etwa bis zu 17 Tage lang überleben können. Andere Studien beschreiben zum Beispiel eine Überlebensdauer von Grippeviren auf glatten und nicht porösen Oberflächen wie zum Beispiel einer Edelstahlplatte von 48 Stunden, also von zwei Tagen – hingegen die Überlebensdauer in Geweben zum Beispiel auf Baumwolle von zwölf Stunden."
    Das liegt vor allem daran, dass Grippeviren eine feuchte Umgebung mögen: Auf dem porösen Stoff des Wintermantels trocknet das verkeimte Hustensekret eben schneller als auf den glatten Haltegriffen in Bus und Bahn. Und wenn das Sekret getrocknet ist, gehen die Viren kaputt. Da macht es also nichts, wenn man den Wintermantel nicht so oft wäscht, sagt Cornelius Bartels. Mittlerweile arbeitet er beim Europäischen Zentrum für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten, einer Agentur der Europäischen Union in Stockholm. Um sich gegen die saisonale Grippe zu schützen, empfiehlt der Mediziner mehr, als nur in den Ärmel zu husten oder zu niesen. Er rät, sich gegen die Grippe impfen zu lassen; darauf zu achten, dass man sich nicht ständig ins Gesicht fasst und so Viren von anderen einfängt – und …
    "… ganz bewusst sich Hände-Wasch-Rituale, nachdem man sich im öffentlichen Raum bewegt hat, zuzulegen, das heißt zum Beispiel: automatisch als erste Handlung, wenn man nach Hause kommt oder an den Arbeitsplatz, als Erstes sich die Hände wäscht."