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Windsor-Abkommen
Erleichterung über Nordirland-Einigung zwischen Brüssel und London

Die Einigung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien über den künftigen Status von Nordirland ist auf Zustimmung gestoßen. Die britische Regierung und die EU-Kommission hatten sich nach jahrelangem Streit auf eine Änderung des Nordirland-Protokolls geeinigt.

    Der britische Premierminister Sunak und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen schütteln sich lächelnd die Hände.
    Der britische Premierminister Sunak und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Windsor: Die EU und Großbritannien hatten sich auf eine Änderung des Nordirland-Protokolls geeinigt und damit einen jahrelangen Streit beendet. (dpa / AP / Dan Kitwood)
    Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, der SPD-Abgeordnete Lange, sprach von einem Neustart der Beziehungen. Der CDU-Politiker McAllister äußerte als Leiter des Auswärtigen Ausschusses die Hoffnung auf ein Ende der Dauerdebatte.

    Deutsche Wirtschaft zeigt sich erleichtert

    In der exportorientierten deutschen Wirtschaft sorgte die sich abzeichnende Einigung für Erleichterung. Der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Treier, erklärte, dies sei dringend nötig, um den Negativtrend im Großbritannien-Geschäft zu stoppen. "Der EU-Austritt Großbritanniens hat die engen Handelsbeziehungen in den letzten Jahren deutlich erschwert - und weiterhin herrscht erhebliche Planungs- und Rechtsunsicherheit für deutsche Unternehmen." Während Großbritannien 2016 noch drittwichtigster Exportmarkt Deutschlands gewesen sei, habe das Land 2022 nur noch auf dem achten Rang gelegen, erläuterte Treier.

    Sunak: "Jede Art von Grenze an der irischen See beseitigt"

    Das neue "Rahmenabkommen von Windsor" sieht nach Angaben des britischen Premierministers Sunak deutliche Erleichterungen bei den von Brüssel verlangten Warenkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland vor. Dies betreffe vor allem Lebensmittel und Medikamente. Jede Art von Grenze in der irischen See sei beseitigt, erklärte Sunak. Die Einigung sichere die Souveränität Nordirlands. Damit beginne eine "neues Kapitel".
    Die oppositionelle Labour-Partei kündigte bereits an, das Verhandlungsergebnis der Regierung zu unterstützen und im Parlament dafür zu stimmen. Auch die Zustimmung der EU-Länder steht noch aus. Zudem soll nach Angaben von Sunak auch das nordirische Parlament ein Mitspracherecht haben bei der Frage, ob neue EU-Regelungen in der zu Großbritannien gehörenden Provinz gelten sollen.

    Politikwissenschaftler: Sunak strebt neues Miteinander an

    Der Politikwissenschenschaftler Duncan Morrow von der Ulster University in Belfast sagte im Deutschlandfunk, Sunak sei es sehr wichtig gewesen, die nordirische Frage zu lösen. Großbritannien habe erhebliche wirtschaftliche Probleme. Auch angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine strebt Sunak zudem ein neues Miteinander mit der Europäischen Union an - ein Miteinander, das "nicht auf Populismus beruhe".
    Das Interview mit dem Politikwissenschaftler können Sie hier nachlesen.

    Von der Leyen spricht von "historischem Abkommen", DUP weiter skeptisch

    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sprach von einem "historischen Abkommen". Sie betonte, der Kompromiss erfülle die Schlüsselforderungen der EU: Zum einen "keine harte Grenze" auf der irischen Insel, wie es das fast 25 Jahre alte Karfreitagsabkommen vorsieht. Zum anderen sei der Schutz des EU-Binnenmarkts durch eine Reihe von Vorkehrungen garantiert.

    Die nordirische DUP sprach zwar von erheblichen Fortschritten. Es gebe aber auch noch "Schlüsselfragen, die Anlass zur Sorge geben", hieß es weiter. Der irische Außenminister Coveney erklärte in Dublin, die Vereinbarung biete die Chance einer Verbesserung der britisch-irischen Partnerschaft.

    DLF-Korrespondentin Heuer: Deal könnte für Entspannung sorgen

    Die Einigung sei ein Kompromiss, meint Deutschlandfunk-Korrespondentin Christine Heuer. Sollte der Deal durchgehen, könne er für Entspannung sorgen. Großbritannien könne dann unter anderem an dem EU-Forschungsprogramm "Horizon" teilnehmen oder ein Abkommen mit Frankreich über Schlepper im Ärmelkanal erzielen. Auch ein besseres Verhältnis zu den USA sei durch die Einigung nicht ausgeschlossen, betonte Heuer. Allerdings könnten sowohl die Brexit-Hardliner im Unterhaus als auch die nordirische unionistische Partei DUP das Vorhaben noch torpedieren.
    Das Nordirland-Protokoll ist Teil des Brexit-Vertrags über den britischen EU-Austritt. Es sieht vor, dass die Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See verläuft. Damit sollte verhindert werden, dass Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland eingeführt werden müssen.
    Diese Nachricht wurde am 28.02.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.