Den Parsifal zu inszenieren, das ist wahrlich kein Pappenstil. Immerhin gilt es – je nach Dirigat – mindestens knappe vier, maximal gut fünfeinhalb Stunden Text und Musik auf die Bühne zu bringen. Die Geschichte, die Wagner im Parsifal erzählt, ist zwar eigentlich recht einfach, aber die Aus-Deutung des Geschehens stellt ein Problem dar: wird hier ein pseudo-christliches Erlösungsdrama vorgeführt, handelt es sich um einen mitleidsethischen Erkenntnisprozess der Hauptfigur oder geht es einfach um die Ablösung einer alten Gesellschaftsform durch eine neue? Diese Fragen sollte jede Parsifal-Inszenierung, wenn schon nicht beantworten, so doch zumindest stellen.
An der Oper Frankfurt hat sich Christof Nel Wagners Bühnenweihfestspiel gewidmet und dabei kurzerhand und kurzsichtig die Weihe, das Fest und eigentlich auch das Spiel gestrichen. Übrig bleibt die Bühne. Die besteht aus riesigen verschieb- und vor allem drehbaren Lamellengittern, davor, darin oder dahinter agiert das Ensemble. Dieses wird zu Beginn angeführt von Gurnemanz, der in einem legeren, grauen Schmuddelanzug daherkommt, das unvorteilhaft geschnittene Bekleidungsstück scheint einem Flohmarkt zu entstammen.
Kaum singt er von "Schlafhütern", da drehen sich die Lamellen müde und bringen schwarz gekleidete Ritter à la Star Wars hervor, gefolgt von grellweißen Knappen, die alle einen Knieschutz tragen, wohl vor allem deshalb, weil sie an diesem Abend zahlreich Gelegenheit zum Niederknien haben, allerdings ohne wirkliche Andacht.
Kundry, die wilde Reiterin, schreitet herbei, sie wirkt wie eine leicht verlebte Mittfünfzigerin, das aus Arabien mitgebrachte Heilkraut für den schmerzleidenden Amfortas nimmt sie aus ihrem Lederhandtäschchen. Und dann kommt der Erlöser, erlegt ein schneeweiß gekleidetes Mädchen – den Schwan – und sieht in seinem hellen, labbrigen Anzug aus wie der kleine Bruder von Gurnemanz. Nur hinsichtlich der Frisur unterscheiden sich die beiden: Gurnemanz trägt einen leicht ergrauten Prinz-Eisenherz-Schnitt, Parsifal stylt sich semmelblond.
Wer ist der Gral? Das sagt sich nicht, sagt Wagner, und Nel verweigert jegliche klare Antwort, setzt stattdessen auf szenische Verwirrung und ein akustisch sicher nicht uninteressantes Raumkonzept. Enthüllt werden in der erste Gralsszene gleich zwei Pokale, sie liegen auf einem großen Tisch unter einer großen Tischdecke. Ein Pokal bleibt leer und genau dieser wird von den Gralsrittern herumgereicht, ein anderes Gefäss ist aus Glas, gefüllt mit einer roten Flüssigkeit.
Die kraftspendende Ernährung der Gemeinschaft geschieht durch Musik: die Stimmen aus der Höhe erklingen tatsächlich aus der Höhe, aus dem dritten Rang des Frankfurter Opernhauses. Dort öffnet sich eine Tür, ein Scheinwerfer strahlt nach vorn und an diesem Licht und der Musik laben sich die Ritter – sie blicken verzückt nach oben zum Scheinwerfer.
Bis zum offenen Ende – Parsifal schreitet auf der sich beständig drehenden Bühne langsam von dannen – verwandeln sich die Blumenmädchen von mausgrauen zu mäßig erotischen Verführerinnen in Carmen-Kleidern, führt Klingsor die Urteufelin Kundry wie eine Marionette zu Parsifal oder blitzen immer wieder ein paar Lichter durch die Lamellen. Die heterogenen Regieeinfälle und Bilder erleuchten sie nicht.
Die szenische Oberflächlichkeit wird vom Dirigat Paolo Carignanis bestens unterstützt, ihn interessieren weniger die Tiefenschichten des Werks, stattdessen er poliert Wagner auf Hochglanz, mit ein paar Unebenheiten sowohl bei den Streichern wie beim Blech. Statt der für die Binnenspannung des Parsifal unverzichtbaren "Endlosbögen", zerteilt Carignani die Musik in Blöcke oder setzt – etwa bei den Verwandlungsmusiken – fast schon expressionistische Symphonik ein.
Sängerisch kann Frankfurt immerhin punkten: Jan-Hendrik Rootering ist ein ausgezeichneter Gurnemanz, Alexander-Marco Buhrmester ein klangschön leidender Amfortas, Stuart Skelton ein durchgehend präzise intonierender Parsifal. Die Kundry der Michaela Schuster besitzt wunderbare Tiefe, in den Höhen neigt sie manchmal etwas zum forcieren. Am Ende mischten sich in den Applaus ein paar deutliche Missfallensbekundungen für den Dirigenten, einige heftige Buhsalven galten dem Regieteam, das seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Vielleicht hätte ein bisschen mehr szenische Analyse geholfen.
An der Oper Frankfurt hat sich Christof Nel Wagners Bühnenweihfestspiel gewidmet und dabei kurzerhand und kurzsichtig die Weihe, das Fest und eigentlich auch das Spiel gestrichen. Übrig bleibt die Bühne. Die besteht aus riesigen verschieb- und vor allem drehbaren Lamellengittern, davor, darin oder dahinter agiert das Ensemble. Dieses wird zu Beginn angeführt von Gurnemanz, der in einem legeren, grauen Schmuddelanzug daherkommt, das unvorteilhaft geschnittene Bekleidungsstück scheint einem Flohmarkt zu entstammen.
Kaum singt er von "Schlafhütern", da drehen sich die Lamellen müde und bringen schwarz gekleidete Ritter à la Star Wars hervor, gefolgt von grellweißen Knappen, die alle einen Knieschutz tragen, wohl vor allem deshalb, weil sie an diesem Abend zahlreich Gelegenheit zum Niederknien haben, allerdings ohne wirkliche Andacht.
Kundry, die wilde Reiterin, schreitet herbei, sie wirkt wie eine leicht verlebte Mittfünfzigerin, das aus Arabien mitgebrachte Heilkraut für den schmerzleidenden Amfortas nimmt sie aus ihrem Lederhandtäschchen. Und dann kommt der Erlöser, erlegt ein schneeweiß gekleidetes Mädchen – den Schwan – und sieht in seinem hellen, labbrigen Anzug aus wie der kleine Bruder von Gurnemanz. Nur hinsichtlich der Frisur unterscheiden sich die beiden: Gurnemanz trägt einen leicht ergrauten Prinz-Eisenherz-Schnitt, Parsifal stylt sich semmelblond.
Wer ist der Gral? Das sagt sich nicht, sagt Wagner, und Nel verweigert jegliche klare Antwort, setzt stattdessen auf szenische Verwirrung und ein akustisch sicher nicht uninteressantes Raumkonzept. Enthüllt werden in der erste Gralsszene gleich zwei Pokale, sie liegen auf einem großen Tisch unter einer großen Tischdecke. Ein Pokal bleibt leer und genau dieser wird von den Gralsrittern herumgereicht, ein anderes Gefäss ist aus Glas, gefüllt mit einer roten Flüssigkeit.
Die kraftspendende Ernährung der Gemeinschaft geschieht durch Musik: die Stimmen aus der Höhe erklingen tatsächlich aus der Höhe, aus dem dritten Rang des Frankfurter Opernhauses. Dort öffnet sich eine Tür, ein Scheinwerfer strahlt nach vorn und an diesem Licht und der Musik laben sich die Ritter – sie blicken verzückt nach oben zum Scheinwerfer.
Bis zum offenen Ende – Parsifal schreitet auf der sich beständig drehenden Bühne langsam von dannen – verwandeln sich die Blumenmädchen von mausgrauen zu mäßig erotischen Verführerinnen in Carmen-Kleidern, führt Klingsor die Urteufelin Kundry wie eine Marionette zu Parsifal oder blitzen immer wieder ein paar Lichter durch die Lamellen. Die heterogenen Regieeinfälle und Bilder erleuchten sie nicht.
Die szenische Oberflächlichkeit wird vom Dirigat Paolo Carignanis bestens unterstützt, ihn interessieren weniger die Tiefenschichten des Werks, stattdessen er poliert Wagner auf Hochglanz, mit ein paar Unebenheiten sowohl bei den Streichern wie beim Blech. Statt der für die Binnenspannung des Parsifal unverzichtbaren "Endlosbögen", zerteilt Carignani die Musik in Blöcke oder setzt – etwa bei den Verwandlungsmusiken – fast schon expressionistische Symphonik ein.
Sängerisch kann Frankfurt immerhin punkten: Jan-Hendrik Rootering ist ein ausgezeichneter Gurnemanz, Alexander-Marco Buhrmester ein klangschön leidender Amfortas, Stuart Skelton ein durchgehend präzise intonierender Parsifal. Die Kundry der Michaela Schuster besitzt wunderbare Tiefe, in den Höhen neigt sie manchmal etwas zum forcieren. Am Ende mischten sich in den Applaus ein paar deutliche Missfallensbekundungen für den Dirigenten, einige heftige Buhsalven galten dem Regieteam, das seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Vielleicht hätte ein bisschen mehr szenische Analyse geholfen.