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Ermittlungen gegen "Netzpolitik.org"
Justizminister entlässt Generalbundesanwalt Range

Nach den schweren Anschuldigungen gegen das Bundesjustizministerium muss Generalbundesanwalt Harald Range seinen Posten räumen. Das teilte Justizminister Heiko Maas mit. Das Vertrauen in Ranges Amtsführung sei "nachhaltig gestört". Der Chefermittler hatte den SPD-Politiker zuvor öffentlich scharf kritisiert.

04.08.2015
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußert sich in Berlin gegenüber Journalisten zur Affäre um die Landesverrats-Ermittlungen gegen Journalisten des Blogs Netzpolitik.org.
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat Generalbundesanwalt Harald Range entlassen. (Paul Zinken, dpa picture-alliance)
    Maas sagte, das Vorgehen Ranges sei nicht nachvollziehbar. Dieser hatte am Vormittag schwere Vorwürfe gegen das Justizministerium erhoben. Er sei von dort angewiesen worden, ein Gutachten zurückzuziehen, das seine Bewertung, wonach Staatsgeheimnisse veröffentlicht worden seien, vorläufig bestätigt habe. Dieser Weisung habe er Folge geleistet. Range kritisierte: "Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz."
    Maas betonte am Abend, Range vermittle der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck. Die Behauptung, das Bundesjustizministerium habe zu Beginn der Woche "eine Anweisung erteilt, den Gutachtenauftrag zurückzuziehen, ist nicht zutreffend", sagte Maas. Vielmehr sei bereits am Freitag gemeinsam mit Range vereinbart worden, die Anfertigung des externen Gutachtens zu stoppen - "ohne Kenntnis eines möglichen Ergebnisses". Stattdessen sei entschieden worden, dass das Ministerium selbst eine rechtliche Einschätzung zu der Frage liefere, ob es sich bei den veröffentlichen Dokumenten um Staatsgeheimnisse handelt oder nicht.
    Das Verhalten Ranges sei deshalb nicht nachvollziehbar. "Ich habe ihm mitgeteilt, dass mein Vertrauen in seine Amtsführung nachhaltig gestört ist", sagte der Bundesjustizminister. Er werde im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt Ranges Versetzung in den einstweiligen Ruhestand beantragen. Als Nachfolger werde er den Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank vorschlagen.
    Maas hatte zuvor Range öffentlich kritisiert
    Oppositionspolitiker hatten zuvor von Maas und der Bundesregierung mehr Transparenz gefordert. Die Linke brachte einen Untersuchungsausschuss ins Spiel, die Grünen verlangten umfassende Information in einer Sondersitzung des Bundestags-Rechtsausschusses. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) war schon gestern auf Distanz zu Range gegangen und hatte mitgeteilt, dass er keinen Ermittlungsbedarf sehe. Auch hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) die Ermittlungen als unverhältnismäßig kritisiert.
    Range hatte das Verfahren nach einer Anzeige von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen eingeleitet. Er ermittelt gegen zwei Journalisten des Blogs "Netzpolitik.org" wegen des Verdachts des Landesverrats. "Netzpolitik.org" hatte Unterlagen des deutschen Inlandsgeheimdienstes zum Ausbau der Internet-Überwachung veröffentlicht.
    (hba/ach)