Seine Auftritte sind reine Wortgewitter. Kaum ein anderer deutscher Kabarettist fordert die Aufmerksamkeit und wohlwollende Langmut seines Publikums derart wortgewaltig ein wie Jochen Malmsheimer.
"Dieser erste Abend trägt den Titel "Ermpftschnuggn troda!". Gut. Sagen wir mal so. Als mir das eingefallen war und die Erste - und ich möchte sagen - verständnisvollste Reaktion aus meinem Bekanntenkreis auf diesen Titel ein "Hm???" war, dachte ich, es könnte heute Abend mal um Missverständnisse gehen."
"Hinterm Staunen kauert die Frappanz" lautet deshalb wohl auch der Untertitel des neuen Programms von Jochen Malmsheimer nicht minder rätselhaft: ein sprachlicher Brocken. Denn der Bochumer Kabarettist bedient sich wieder einmal in kunstvoll gedrechselter Ausnutzung sämtlicher grammatischer Möglichkeiten der deutschen Sprache.
" Ich kenn auch ganz abgelegene Vokabeln wie zum Beispiel "obschon"."
Und er ist seit seinen erfolgreichen Tagen im Duo "Tresenlesen" seinem Stil treu geblieben: Frei vorgetragene, kabarettistische Monologe gipfeln in vorzüglichen, oft lautmalerisch interpretierten Lesungen seiner Geschichten, manchmal auch unterstützt von einem Geräuschesoundtrack. Im neuen Programm zum Beispiel bietet er gleich zu Beginn Einblicke in den Erziehungsalltag eines Menschen, der durch die erfolgreiche Initiierung zweier Söhne das Aussterben der Deutschen verzögert.
""Ist aber auch schwierig, die richtige, artgerechte Behandlung von Kindern. Was eben noch erlaubt war, ist vom einen Moment zum anderen plötzlich strickt zu vermeiden und umgekehrt. Muss das Kind in seiner Frühphase ständig gestützt, bewacht, beäugt, berochen, gereinigt, geölt, gewendet, gepudert und getrimmt werden, ist ab einem heiligen Moment, den jeder verpasst, schon ein einfacher Morgengruß wie "Tach!" zu viel und wird als Bevormundung und Gängelei aufgefasst. Oder anders gesagt: Lässt man ein Kind zu früh los, fällt es vom Wickeltisch, lässt man es zu spät los, wohnt es bei uns bis zur Rente. Also bis zu seiner Rente wohlgemerkt!"
Malmsheimer interessieren die absurden meist sprachlichen Zusammenhänge des alltäglichen Lebens, die er ebenso absurd und häufig neuwort-schöpfend entlarvt. Er erzählt von den Erfahrungswelten der Neandertaler sowie der Männer um die 50; er kreiert sog. "Psalmen der Sorge" über modische Kultobjekte und er offenbart die Geheimnisse zum Leben erwachter, linguistischer Sinnträger. Die treffen sich nämlich alle Jubelsätze mal bei ihrer "Generalversammlung des Deutschen" im Wortschatzkeller des Bibliografischen Instituts der Dudenredaktion. Ein Höhepunkt des Programms mit - bei Malmsheimer sonst seltenen - politischen Implikationen - als Plädoyer für mehr Toleranz:
"Wer Deutscher werden will, muss einen Test machen. Also muss auch einer einen Test machen, wer ins Deutsche will. Sonst könnte ja jeder kommen. - Wir müssen doch nicht jeden Mist nachäffen, den uns die Sprecher vormachen! - entgegnete der Ausschussvorsitzende, doch der Wortschatzmeister griff den Gedanken auf. - Ich habe dieses Einbürgerungstestverfahren auch immer für eine paradigmatische Kubikblödheit gehalten, denn würde man alle Naturaldeutschen dagegen einem Test unterziehen, von dem ihr Verbleiben in der Nation abhinge, wären Wohnungsnot und Studienplatzmangel Probleme von gestern."
Malmsheimers Geschichten lassen sich nicht profan auf den Punkt bringen. Sie sind um-, ab- und weitschweifig, detailverliebt, manchmal umständlich. Komisch werden sie aber gerade durch diese im besten Sinne merkwürdigen linguistischen Verschlingungen, die Jochen Malmsheimer kongenial und oft auch sehr vehement vorträgt. Hier wird jedes Wort auf der Goldwaage zum komischen Machtwort. Eine gelungene Premiere:
Unterhaltsam, witzig, tiefsinnig, und wenn das Programm erst mal rundgespielt ist, wird's noch besser sein. Aber was den Titel betrifft - da müssen Sie sich einfach überraschen lassen.
"Dieser erste Abend trägt den Titel "Ermpftschnuggn troda!". Gut. Sagen wir mal so. Als mir das eingefallen war und die Erste - und ich möchte sagen - verständnisvollste Reaktion aus meinem Bekanntenkreis auf diesen Titel ein "Hm???" war, dachte ich, es könnte heute Abend mal um Missverständnisse gehen."
"Hinterm Staunen kauert die Frappanz" lautet deshalb wohl auch der Untertitel des neuen Programms von Jochen Malmsheimer nicht minder rätselhaft: ein sprachlicher Brocken. Denn der Bochumer Kabarettist bedient sich wieder einmal in kunstvoll gedrechselter Ausnutzung sämtlicher grammatischer Möglichkeiten der deutschen Sprache.
" Ich kenn auch ganz abgelegene Vokabeln wie zum Beispiel "obschon"."
Und er ist seit seinen erfolgreichen Tagen im Duo "Tresenlesen" seinem Stil treu geblieben: Frei vorgetragene, kabarettistische Monologe gipfeln in vorzüglichen, oft lautmalerisch interpretierten Lesungen seiner Geschichten, manchmal auch unterstützt von einem Geräuschesoundtrack. Im neuen Programm zum Beispiel bietet er gleich zu Beginn Einblicke in den Erziehungsalltag eines Menschen, der durch die erfolgreiche Initiierung zweier Söhne das Aussterben der Deutschen verzögert.
""Ist aber auch schwierig, die richtige, artgerechte Behandlung von Kindern. Was eben noch erlaubt war, ist vom einen Moment zum anderen plötzlich strickt zu vermeiden und umgekehrt. Muss das Kind in seiner Frühphase ständig gestützt, bewacht, beäugt, berochen, gereinigt, geölt, gewendet, gepudert und getrimmt werden, ist ab einem heiligen Moment, den jeder verpasst, schon ein einfacher Morgengruß wie "Tach!" zu viel und wird als Bevormundung und Gängelei aufgefasst. Oder anders gesagt: Lässt man ein Kind zu früh los, fällt es vom Wickeltisch, lässt man es zu spät los, wohnt es bei uns bis zur Rente. Also bis zu seiner Rente wohlgemerkt!"
Malmsheimer interessieren die absurden meist sprachlichen Zusammenhänge des alltäglichen Lebens, die er ebenso absurd und häufig neuwort-schöpfend entlarvt. Er erzählt von den Erfahrungswelten der Neandertaler sowie der Männer um die 50; er kreiert sog. "Psalmen der Sorge" über modische Kultobjekte und er offenbart die Geheimnisse zum Leben erwachter, linguistischer Sinnträger. Die treffen sich nämlich alle Jubelsätze mal bei ihrer "Generalversammlung des Deutschen" im Wortschatzkeller des Bibliografischen Instituts der Dudenredaktion. Ein Höhepunkt des Programms mit - bei Malmsheimer sonst seltenen - politischen Implikationen - als Plädoyer für mehr Toleranz:
"Wer Deutscher werden will, muss einen Test machen. Also muss auch einer einen Test machen, wer ins Deutsche will. Sonst könnte ja jeder kommen. - Wir müssen doch nicht jeden Mist nachäffen, den uns die Sprecher vormachen! - entgegnete der Ausschussvorsitzende, doch der Wortschatzmeister griff den Gedanken auf. - Ich habe dieses Einbürgerungstestverfahren auch immer für eine paradigmatische Kubikblödheit gehalten, denn würde man alle Naturaldeutschen dagegen einem Test unterziehen, von dem ihr Verbleiben in der Nation abhinge, wären Wohnungsnot und Studienplatzmangel Probleme von gestern."
Malmsheimers Geschichten lassen sich nicht profan auf den Punkt bringen. Sie sind um-, ab- und weitschweifig, detailverliebt, manchmal umständlich. Komisch werden sie aber gerade durch diese im besten Sinne merkwürdigen linguistischen Verschlingungen, die Jochen Malmsheimer kongenial und oft auch sehr vehement vorträgt. Hier wird jedes Wort auf der Goldwaage zum komischen Machtwort. Eine gelungene Premiere:
Unterhaltsam, witzig, tiefsinnig, und wenn das Programm erst mal rundgespielt ist, wird's noch besser sein. Aber was den Titel betrifft - da müssen Sie sich einfach überraschen lassen.