Archiv


Erneuerbare Energien, Effizienz und Klimaschutz

Sehr zufrieden äußerte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) mit den Ergebnissen des Energiegipfels im Berliner Kanzleramt. Die vier großen deutschen Strom- und Gasversorger hätten sich zum Atomausstieg bekannt. Doch die Umweltverbände bleiben kritisch gegenüber den Energieversorgern.

Von Andreas Baum |
    Die Reaktionen der Verbände auf den Energiegipfel sind in der Hauptsache kritisch. Umwelt- und Naturschutzverbände haben ja von Anfang an nicht sehr viel von diesem Gespräch im Kanzleramt erwartet, weshalb sie auch nicht übermäßig enttäuscht werden konnten. Greenpeace lässt heute verlauten, die Bundeskanzlerin habe sich falsch beraten lassen: Die großen Energieversorger – in Deutschland haben wir ja immer noch monopol-ähnliche Strukturen – hätten gar kein echtes Interesse, Versorgungssicherheit und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen. Die Befürchtung der Umweltschützer ist klar: Der Klimaschutz könnte auf der Strecke bleiben im Namen der Versorgungssicherheit.

    Die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller, hat moniert, dass zu wenig über Energieeffizienz und Energiepreise geredet wurde - zu viel dagegen über Investition in Kraftwerke und Netze. Letzteres sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass man die eigene Infrastruktur in Ordnung hält, der man sich nicht öffentlich rühmen müsste. Thorben Becker, Energieexperte des BUND, ist im Prinzip einverstanden, dass es nun Investitionszusagen gibt für die erneuerbaren Energien, die Kritik seines Verbandes geht an die Stromriesen:

    "Ein Problem haben wir natürlich mit den Investitionszusagen, die von den vier großen Energieversorgern gekommen sind, weil es nicht ausreichend ist, nur in neue Kraftwerke zu investieren, sondern es ist sehr entscheidend, was das für Kraftwerke sind. Wie bisher immer angekündigt wurde von den Großen, sollen es ja im Großteil klassische, ineffiziente Braun- und Steinkohlewerke sein, und wenn das das Ergebnis einer zukunftsfähigen Energiepolitik ist, dann sehen wir das sehr kritisch, weil damit wäre Deutschland nicht in der Lage, seine Klimaschutzziele zu erreichen."

    Die Klimaschutzziele könnten geopfert werden, die Angst haben natürlich die Umweltverbände. Denn die Stromversorger bauen weiter wenig effiziente Kohlekraftwerke, gegen jede ökologische Vernunft oder aber, noch schlimmer: Um die Klimaschutzziele zu erreichen, könnte es eines Tages nötig werden, sich gar wieder auf Atomkraftwerke zu verlassen, die ja die bekannten Risiken haben, aber eben keinen CO2 ausstoßen. Für die Umweltschützer ist die Diskussion um die Atomkraft mit dem Ergebnis des Atomausstieges eigentlich beendet:

    "Wenn wir jetzt über längere Laufzeiten anfangen zu diskutieren, dann schieben wir eigentlich all die Neuinvestitionen, die wir brauchen, in ein effizienteres System, in mehr erneuerbare Energien, weiter vor uns her. In den nächsten Wochen jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 20. Mal, und es wird einem noch mal wieder bewusst, wie gravierend eigentlich die Folgen von einem Unfall waren und sind."

    Nun bleibt eben aus Sicht der Umweltverbände abzuwarten, ob die SPD bei ihrer Linie bleibt, den Atomkompromiss nicht anzutasten, oder doch noch umfällt. Also: Wenig Fortschritt sehen die meisten dieser Verbände, aber es gibt auch andere Stimmen.

    Zufrieden ist beispielsweise der Bundesverband Erneuerbare Energien. Der Gipfel sei der Auftakt in eine neue Energiepolitik, die mehr auf Sonne, Wasser, Wind und Biomasse setzt als auf Kohle, Öl und Atomstrom. Das zeigten die Summen, die in erneuerbare Energien gesteckt würden. Und ähnlich optimistisch äußerte sich auch Volker Hauff, der Vorsitzende des Rates für nachhaltige Entwicklung, heute Morgen im Deutschlandfunk:

    "Es ist ein erster, sehr vernünftiger und guter Ansatz, der mir sehr gut gefällt, auch die Frau Bundeskanzlerin selber hat gesagt, etwa in der Frage der Energieeffizienz sind wir noch ganz am Anfang, da ist noch lange nicht das erreicht, insbesondere bei den privaten Haushalten, was notwendig wäre und was gut wäre für unser Land. Also: Viele Aufgaben, die da harren und ein erster, sehr geglückter Versuch, die Dinge zusammenzufassen."

    Die Optimisten unter den Umweltschützern wollen die gute Seite der Medaille sehen und hoffen auf den nächsten Energiegipfel im September dieses Jahres.