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"Erneuerbare Energien haben zur Dämpfung der Energiepreise beigetragen"

Das Energiekonzept der Bundesregierung reduziert den Wettbewerb, kritisiert Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie. Die vier großen Energiekonzerne werden gestützt, obwohl schon in etwa zehn Jahren jede zweite Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien kommen könnte.

Hermann Albers im Gespräch mit Jasper Barenberg | 21.09.2010
    Jasper Barenberg: Schönen guten Morgen, Herr Albers.

    Hermann Albers: Einen schönen guten Morgen!

    Barenberg: Das Energiekonzept der Bundesregierung funktioniert nach dem Motto, die Atomwirtschaft, die Atomkraft, sie gewährleistet den Umstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien. Herr Güldner kann sich unter anderem auch vorstellen, die Atomkraft noch länger zu nutzen, aber fürs erste sieht es nach einer befristeten Zeit aus. Was ist an diesem Konzept der Bundesregierung falsch?

    Albers: Wir kritisieren an diesem Konzept, dass sie zunächst einmal die Chancen auf Markt und Wettbewerb deutlich reduziert in Deutschland, denn die vier Energiemonopole werden weiter gestützt und werden weitere Gewinne einfahren, die ihnen auch im Markt und im Wettbewerb einen Vorteil verschaffen werden. Es gibt aber noch sehr viel konkretere Probleme. Das sind nämlich diejenigen, dass wir insbesondere im Bereich der Netze schon heute feststellen müssen, dass Windkraftanlagen sehr häufig abgeschaltet werden, während Kernenergie- oder Kohlekraftwerke den Betrieb aufrecht erhalten, weil es in den Netzen zum Engpass kommt. Gerade ältere Kraftwerke und insbesondere Kernkraftwerke sind nicht in der Lage, der Windenergie in ihrem schwankenden Angebot zu folgen. Dabei wollen wir doch in Zukunft sicherstellen, dass immer dann CO2-freie Kraftwerke am Netz sind, nämlich Windkraftanlagen, erneuerbare Energien, wenn es möglich ist, und nur noch dann emittiert wird, wenn es auf anderem Wege in dem Moment in der Versorgung notwendig ist.

    Barenberg: Manchmal bläst der Wind, manchmal bläst er eben nicht, Sie haben es selber angesprochen. Manchmal scheint auch die Sonne und manchmal nicht. Diese Unstetigkeit, ist das nicht das große Problem, für das Sie im Moment noch keine Lösung haben?

    Albers: Wir haben derzeit 16 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien, und wir haben der Bundeskanzlerin vor gut einem Jahr eine Prognosestudie überreichen können, in der wir dargestellt haben, dass schon in etwa zehn Jahren jede zweite Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien kommen kann. Parallel dazu hat es in der Gesellschaft nach meinem Dafürhalten eine Akzeptanz für die definierte Laufzeit von Kernkraftwerken bis ins Jahr 2023 etwa ja durchaus gegeben. Ich denke, hier ist sozusagen kein Streit entstanden.
    Die Spaltung der Gesellschaft ist dadurch entstanden, dass die Laufzeitverlängerung auf diesem Weg um 12,5 Jahre erklärt worden ist und damit vermutet werden darf, dass die Laufzeit der letzten Kernkraftwerke bis ins Jahr 2040 oder länger hineinreichen könnte. Das ist ein Problem.
    Die definierte Laufzeit, die im Vertrag festgelegt war, aber auch die Nutzung einiger älterer Kraftwerke im Bereich konventioneller Energien ist ja durchaus im Plan und vorgesehen gewesen. In Kombination dieser Einheiten, aber auch in der möglichen technischen Ausweisung von Kombikraftwerken im Bereich der erneuerbaren Energien, indem man nämlich die schwankenden Energien, unterschiedliche Energieträger zusammenführt, Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie und Wasserkraft, hätte durchaus sichergestellt, dass wir zu jedem Zeitpunkt eine sichere Versorgung der Bevölkerung hätten gewährleisten können. Das haben wir in der Studie sehr eindeutig nachgewiesen und das hat übrigens auch die Studie des SRO, des Rates für Sicherheit, der Bundesregierung gegenüber nachgewiesen.

    Barenberg: Ein solcher Plan, Herr Albers, würde ja voraussetzen, dass wir neue Hochspannungsleitungen brauchen quer durch Europa, Stromautobahnen, dass wir neue Speicher brauchen. All das kostet sehr viel Geld. Unterm Strich: Müssen wir uns darauf einstellen, die Energieversorgung wird teuerer?

    Albers: Die Energieversorgung wird aus unserer Sicht deutlich teuerer dann werden, wenn wir es bei Energieimporten im Bereich der konventionellen Energien belassen würden, denn Uran ist ein begrenzter Brennstoff. Experten schätzen, dass die Reichweite nur etwa 30 bis maximal 40 Jahre betragen würde. Wir haben Feststellungen zur Preisentwicklung der Kohle, im Bereich der Importkohle insbesondere, deutlich feststellbar mit einem aufsteigenden Trend, und sie hören ja auch schon jetzt die Ankündigung der Energieversorger, im Bereich Gas und Kohle die Preise im kommenden Frühjahr oder zum 1. Januar erhöhen zu wollen. Hier gibt es ein ganz erhebliches Verbraucherrisiko. Erneuerbare Energien haben zur Dämpfung der Energiepreise beigetragen, insbesondere die Windenergie Onshore, die heute schon günstiger ist wie jedes neu gebaute Kraftwerk im konventionellen Bereich.

    Barenberg: Der Preis für die Kilowattstunde liegt derzeit bei 6,5 Cent. Wann wird Windstrom so billig sein?

    Albers: Wissen Sie, für den Verbraucher zählt viel mehr, was er an der Steckdose wirklich zahlen muss, und der Verbraucherstrompreis liegt bei 24 Cent, und er ist weiter ansteigend. Die Windenergie erzeugen wir heute etwa auf einer Preisbasis von acht Eurocent im Durchschnitt der Produktionskosten. Neue Kraftwerke im konventionellen Bereich haben bereits Preise, die dieses Niveau erreicht haben oder darüber liegen, und emittieren dann immer noch CO2, was zu erheblichen weiteren Kosten führt, und ähnlich ist es natürlich bei der Kernenergie - Sie haben die Endlagerprobleme angesprochen, die ja völlig ungelöst sind und die zurzeit nicht von den Energieversorgern zu tragen sind, sondern von der Gesellschaft.

    Barenberg: Hermann Albers war das, der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie. Herr Albers, danke schön für das Gespräch.

    Albers: Ja, gerne. Ich danke Ihnen auch!


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