Samstag, 20. April 2024

Archiv

Erneuerbare Energien
Warum die EEG-Umlage deutlich sinkt

Die Ökostrom-Umlage, die den Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert, sinkt 2022 um fast die Hälfte. Dazu tragen ein Milliardenzuschuss des Bundes sowie hohe Rücklagen bei. Mit sinkenden Strompreisen rechnen Experten allerdings nicht, denn die Umlage ist nur ein Bestandteil des Endpreises.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 15.10.2021
Die Sendung der EEG-Umlage könnte ein Gamechanger sein - Ökostrom ist im Establishment angekommen
Die Sendung der EEG-Umlage könnte ein Gamechanger sein - Ökostrom ist im Establishment angekommen (dpa / Rupert Oberhäuser)
Beschaffung und Vertrieb, Netzentgelte, Steuern, Umlagen wie die EEG-Umlage – das sind einige der Komponenten, aus denen sich der Strompreis zusammensetzt. Ab 2022 sinkt die Umlage für Erneuerbare Energien auf 3,72 Cent pro Kilowattstunde. Das gaben die Netzbetreiber am 15.10.2021 bekannt.
Zum Vergleich: 2021 liegt die Ökostrom-Umlage bei 6,5 Cent - durch Steuergelder gesenkt. Seit 2014 war die EEG-Umlage konstant über sechs Cent. Relativ niedrig lag sie zuletzt mit 3,59 Cent in 2012.
Was ist die Idee hinter der EEG-Umlage?
Die EEG-Umlage ist ein Kerninstrument der Dekarbonisieurng, d.h. der Bekämpfung des Klimawandels. Mit dieser Fördermaßnahme soll Erneuerbaren Energien in den Markt geholfen werden. Beispiel: Wer eine Windkraftanlage installiert, bekommt einen garantierten Preis für den Strom, der teilweise höher liegt als der Marktpreis. Auf diese Weise sollen sich erneuerbare Energie rentieren. Die Differenz zwischen Marktpreis und dem garantierten Preis haben Verbraucherinnen und Verbraucher in Form der EEG-Umlage gezahlt. Das hat Strom in den letzten Jahren im Endverbrauch teurer gemacht, weil die Umlage stetig gestiegen ist. Im Jahr 2021 hat der Staat Steuermittel eingesetzt, um die Umlage auf 6,5 Prozent zu senken. Künftig sollen auch Einnahmen aus der CO2-Bepreisung mit hineinfließen. Und ab 2022 wird die EEG-Umlage voraussichtlich auf 3,7 Cent pro Kilowattstunde sinken.
Neubaugebiet in Elsdorf. Solarmodule auf Hausdächern, im Hintergrund eine Windkraftanlage und die Dampfwolke aus dem Kühlturm des RWE-Braunkohlekraftwerks Niederaußem. Elsdorf, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, 14.09.2019. | Verwendung weltweit
Altmaiers schwieriger Systemwechsel bei der EEG-Umlage
Die EEG-Umlage soll nach dem Willen von CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier abgeschafft werden. Finanzieren will er die Reform hin zu den Erneuerbaren mit Einnahmen aus dem CO2-Preis. Doch die Rechnung weist erhebliche Lücken auf.
Warum sinkt die EEG-Umlage?
Die Gründe sind vielfältig, aber der hohe Strompreis spielt eine entscheidende Rolle. Er sorgt dafür, dass zwischen dem Marktpreis und dem für erneuerbare Energieanlagen garantierten Preis keine zu große Kluft entsteht. Die Aufgabe der EEG-Umlage ist es, diese Differenz zu schließen. Hohe Preise führen also zu einem Sinken der Umlage. Dazu kommen aber Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung, die in die Absenkung einfließen, um soziale Härten durch steigende Klimaschutzkosten abzufedern. Im Jahr 2021 ist der Preisanstieg der Umlage außerdem durch einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt abgefedert worden – auch das ist ein Senkungsfaktor.
Wird der Strom nun günstiger?
Umlagen, zu denen auch die für erneuerbare Energien gehört, machen etwa ein Viertel des Strompreises aus. Darum – und wegen der gestiegenen Strompreise - werden Stromkunden wenig spüren. Experten verweisen darauf, dass gleichzeitig die Beschaffungskosten und die Kosten für den Netzausbau steigen. Diese Senkung wird wohl höchstens dazu ausreichen, den Anstieg der Preise abzufedern. Sollten die Preise weiter steigen, wird die Politik eingreifen müssen, etwa über eine Senkung der Stromsteuer.
Wann wird die EEG-Umlage abgeschafft?
Der Bundesverband Erneuerbare Energien warnt davor, dass die gestiegenen Strompreise nur ein kurzfristiger Effekt sein könnten, auf den man sich nicht langfristig verlassen dürfe. Man müsse sicherstellen, dass auch in den kommenden Jahren die Preise für Strom aus Erneuerbaren stabil bleiben, um den dringend notwendigen Ausbau nicht zu gefährden. Die Denkfabrik Agora Energiewende sieht ein Auslaufen schon für 2023. Sie geht davon aus, dass der Ausbau bis dahin so günstig geworden ist, dass er sich lohnt - auch, weil der Zertifikate-Handel den Strompreis stabilisiert. Erneuerbare Energien bräuchten dann also keine Förderung mehr.
Agora Energiewende sieht außerdem die Chance, Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für soziale Abfederung in Form von Klimawohngeld oder ähnlichem zu nutzen oder Unternehmen von hohem bürokratischen Aufwand zu befreien, den sie haben, wenn sie sich von der EEG-Umlage befreien wollen.
Karen Pittel vom ifo Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen, hält eine Abschaffung der EEG-Umlage für sinnvoll. Heute sehe die Förderung zum Ausbau erneuerbarer Energien anders aus zu deren Einführung vor 20 Jahren. Pittel fordert mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren , aber ohne ärmere Haushalte zu belasten. Das gefährde die Akzeptanz der Klimapolitik.
Wie positionieren sich die Parteien?
Ein Ende der EEG-Umlage ist eigentlich politischer Konsens, nur über das "Wann" gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Die FDP möchte den Schritt so schnell wie möglich gehen, Grüne und SPD planen mehr Zeit ein. Es ist damit zu rechnen, dass bei Koalitionsverhandlungen darüber gesprochen wird und möglicherweise eine Lösung gefunden wird.
CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat bereits signalisiert, dass auch er für eine schnelle Abschaffung ist. Er will Entlastung für Bürgerinnen und Bürger schaffen. Außerdem hat er angeboten, sich mit den Sondierenden zusammenzusetzen und darüber vielleicht kurzfristig zu einer gemeinsamen Einigung zu kommen.
Eine Abschaffung heißt nicht, dass von jetzt auf gleich alles wegfällt, denn die Betreiber bestehender Anlagen haben verbindliche Förderzusagen. Es bedeutet vielmehr, diese auslaufen zu lassen und sie für Neuanlagen nicht mehr anzubieten. Es zeichnet sich also eine Veränderung ab: Die Erneuerbaren Energien sind im Establishment angekommen.