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Erneuerbare sparen Bares

Leistungsfähige Computer brauchen viel Strom, das merkt auch die Uni Tübingen. An Hochschule und Klinikum sind in den vergangenen 15 Jahren die Kosten für Energie um 125 Prozent gestiegen. Die Uni versucht deshalb, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern. Eine neue Studie zeigt, was machbar wäre.

Von Cajo Kutzbach | 18.07.2012
    Großabnehmer, wie Universitäten, bekommen günstigere Energiepreise als Privatleute. Trotzdem stiegen die Energie-Kosten für Universität und Uniklinikum in Tübingen auf zurzeit 28 Millionen Euro im Jahr. Erneuerbare Energien wie Sonnenenergie, Wind und Erdwärme könnten deshalb bares Geld sparen. Darum soll ihr Anteil steigen. Jürgen Bunzel, Leiter des Technischen Betriebsamtes der Universität.

    "Zurzeit haben wir die Situation, dass wir 30 Prozent erneuerbare Energien schon einsetzen, im Strom und auch im Wärmebereich. Wir wollen das in den nächsten Jahren auf 45 Prozent steigern und dazu sollte jetzt auch diese Studie dienen."

    Diese Studie sollte herausfinden, bei welchen der 380 Gebäude man Sonne, Wind oder Erdwärme am wirkungsvollsten nutzen kann. Projektleiterin Sandy-Cheril Manton verwendete Geoinformationssysteme, um in einem Modell die Beschaffenheit des Bodens, die Einstrahlung der Sonne, die Form und Größe, sowie die Ausrichtung und Beschattung der Dächer zusammenzufassen. Die Nutzung geografischer Informationssysteme ist ausreichend genau und billiger, als wenn man alles einzeln zu erfassen versucht. Weitere Vorteile:

    "Wir können ziemlich rasch Daten durch verschiedene Bewertungsmethoden analysieren, interpretieren, auch interpolieren an den Stellen, wo wir keine Daten haben und dadurch Aussagen treffen flächendeckend oder auch Gebäude-spezifisch."

    Die Bodenkarte zeigt, wie tief man an einer Stelle nach Erdwärme bohren dürfte, ehe Schichten kommen, die man nicht anbohren darf, etwa Gipskeuper oder Trennschichten, die für den Wasserhaushalt wichtig sind. Ähnlich wird die Fläche jedes Daches, sein Winkel zur Sonne sowie die jährliche Sonneneinstrahlung dargestellt. Daraus lässt sich berechnen, wie viel Energie dort gewonnen werden könnte. Für Anschaulichkeit sorgen Luftbilder, in denen Farben die verschiedenen Eigenschaften von Standorten und Gebäuden markieren.

    Damit die Studie auch noch in vielen Jahren nützlich ist, hat man auch den Wind untersucht. Nicht um große Windräder aufzustellen, sondern weil man vermutet, dass es in Zukunft kleine Windkraftanlagen geben wird, die schwachen Wind nutzen könnten, der in der Sekunde nur bis zu 5 Metern zurücklegt.

    "Wir wollen die Datengrundlage, die momentan überall noch sehr dünn ist, weiter ausbauen, besonders durch eigene Messungen an Gebäuden, an denen die Windaufkommen im Schwachwindbereich eventuell höher sind, als erwartet, und um die dann auch zu nutzen, durch zum Beispiel Einsatz von kleinen Windanlagen."

    Auf dem Luftbild sieht man zum Beispiel einige große Dächer, die mit kräftigem Rot anzeigen, dass dort bis zu 2,6 Gigawatt-Stunden Energie in einem Jahr gewonnen werden könnten. Wobei solche Dachflächen eher auf der Höhe zu finden sind als im Tal, in dem es öfter nebelig ist. Die zweitstärkste Energiequelle ist die Erdwärme, die auf den Höhen - wo man tiefer bohren dürfte - bis zu 41 Megawatt-Stunden je Bohrloch liefern könnte. Professor Volker Hochschild vom Institut für Physische Geografie und Geoinformatik:

    "Das Neue eigentlich an der ganzen Sache ist, dass wir da eigentlich integrativ vorgegangen sind, dass wir also diesen Energiemix aus Solar, Geothermie und Wind für eine Institution, wie die Universität Tübingen jetzt mal integrativ zusammenstellen."

    Man sieht sofort, wo sich wie viel erneuerbare Energie gewinnen ließe und in welcher Form.

    "Das kann man natürlich und das haben wir auch vor, wenn die Studie weiter geht, auch "Gebäude-scharf" machen und quasi für jedes Gebäude einen Katalog der potenziell verfügbaren erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen und dann natürlich auch mit Verbrauch in Relation zu setzen, um dann eben - durch das Ausrechnen - im Prinzip den effektivst eingesetzten Euro eben dann auch herauszufinden."

    Das ist nicht nur für die Universität Tübingen und deren Klinikum sinnvoll, sondern eigentlich überall, bei Wohnbaufirmen, Fabriken oder öffentlichen Gebäuden, kurz immer, wo es gilt, trotz leerer Kassen die erneuerbaren Energien voranzubringen. Jürgen Bunzel ist jetzt schon zufrieden:

    "Aus meiner Sicht hat sich die Studie natürlich gelohnt. Wir sind jetzt in der Lage bei einem bestimmten Geldbetrag, den wir zur Verfügung haben, zu sagen, wo ist das am effektivsten eingesetzt und verzetteln uns nicht in viele kleine Projekte."