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Erneuter Dioxinfund in Futterfett

Eine Fischmehlfabrik aus Cuxhaven in Niedersachsen hat mit Dioxin belastetes Öl an sieben Futtermittelhersteller ausgeliefert. Es war mit mehr als 6 Nanogramm pro Kilogramm belastet. Der erlaubte Höchstwert von 1,5 Nanogramm war also deutlich überschritten. Das Landwirtschaftsministerium in Hannover hat verboten, dieses Fischöl weiter auszuliefern, und es hat den Rückruf schon verschickter Ware veranlasst.

Von Angelika Gördes-Giesen |
    Kunden waren sieben Mischfutterbetriebe in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Österreich. Die Dioxinbelastung im schon fertigen Schweinefutter liege unter dem Grenzwert, heißt es aus dem Ministerium. Konsequenzen aus dem bis dato jüngsten Dioxinskandal, der sich um die Jahreswende abspielte, sind heute auch ein Thema auf der Agrarministerkonferenz der Länder in Jena. Die Kontrolleure müssen besser kontrolliert werden - so steht es im Dioxin-Aktionsplan der Bundesregierung. Aber die Branche reagiert erst mal abwartend.

    Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes, Manfred Nüssel, forderte deshalb eine Verschärfung, aber mit Augenmaß:

    "Ich bin ein großer Verfechter der Eigenkontrollen, und da muss auch entsprechendes Vertrauen hergestellt werden, dass die Kontrolle, die Eigenkontrolle, dann besser ausgebaut wird und dass das Ganze dann auch wirklich professionell gemacht wird."

    Die Umsetzung des Dioxin-Aktionsplanes der Bundesregierung verschärft jetzt auch die Eigenkontrollen der Firmen sowie die stattlichen Kontrollen der Kontrolle. Danach müssen jetzt alle Privatlabore Grenzwertüberschreitungen an die staatlichen Behörden melden. Die Wessling-Gruppe mit Sitz in Altenberge bei Münster hat Speziallabore für Dioxinanalytik. Sie macht jedes Jahr Tausende von Analysen, erklärt Dr. Heinrich Ruholl. Er ist außerdem Vorstandsmitglied im Verband Privater Prüflabore. Technische Schwierigkeiten sieht er nicht, weil alle Labore zertifiziert sein müssen.
    "Eine gute Ausgestaltung wäre zum Beispiel, dass in dem Zulassungsverfahren für Herstellungsbetriebe vorgegeben ist, dass der Hersteller mit Laboratorien einen Vertrag abschließt, in dem er die Labore schon mit dieser Meldepflicht beauftragt. Dass es sozusagen Routine wird für den Auftraggeber, dem Labor die Meldepflicht auch als Service aufzuerlegen."

    Das ein solches Prinzip funktioniert, zeigen die Trinkwasserkontrollen, die das Team von Heinrich Ruholl in vielen Orten Deutschlands durchführt .

    "Kleinere Wasserversorger haben keine eigenen Laborkapazitäten, und in dem Fall ist es oft so , dass wir mit Zustimmung und im Auftrage als Serviceleistung für den Hersteller des Trinkwassers die Untersuchungsergebnisse an das Gesundheitsamt weiterleiten. Da ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Wasserversorger und dem Labor überhaupt nicht infrage gestellt."

    Bedenken bei der Umsetzung des Dioxinplanes äußerte jetzt aber der Bundesrat bei der Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes . Er warnt vor praktischen Problemen bei der Umsetzung, zum Beispiel Konflikten zwischen Datenschutz und Informations-Freiheits-Gesetz und ob die derzeit geplante Meldepflicht auch von der EU anerkannt wird. Sie hat im Lebensmittel- und Futtermittelrecht das Sagen. Auch der Raiffeisenverband hat Bedenken. Manfred Nüssel.

    "Es darf nicht dazu führen, dass die Presse die Mitteilung bekommt, bevor der Unternehmer sich damit auseinandersetzen kann. Die Unternehmer haben keine Probleme damit, wenn diese Daten gleichzeitig an eine Datenbank gesendet werden, wenn die Vertraulichkeit gesichert ist und damit keine Wettbewerbsverzehrung innerhalb dieser Betriebsstrukturen entsteht."

    Die AGRAVIS in Münster hatte dieses Problem bereits gelöst. Das Unternehmen hatte nur geringe Einbußen in der Dioxinkrise. Vorstand Clemens Große-Frie.
    "Wir haben keine Probleme, wenn in NRW ein Lebensmittelkontrolleur uns beisteht. Wir sind sogar bereit, ihn zu zahlen und unsere Eigenbeprobung mit der Offizialbeprobung zu kombinieren und so jeden Tag einen Überblick zu haben. Wir machen keine Geheimnistuerei aus unseren Beprobungen und aus den Ergebnissen."

    Die Bundesregierung will mit den Ergebnissen der privaten Labore ein Dioxin-Monitoring aufbauen und so ein Frühwarnsystem einrichten. Alle Daten sollen bundesweit gesammelt und alle drei Monate vom Bundesamt für Verbraucherschutz und dem Umweltbundesamt veröffentlicht werden. Das Umweltbundesamt begrüßt die Initiative. Marianne Rapolder hofft, so das Dioxin-Monitoring zu verbessern.

    "Im Umweltbundesamt verwalten wir die Datenbank , in der wir 46.000 Proben aus Luft, Boden, Tieren, Menschen , Pflanzen, Lebensmitteln und auch von Industrieemissionen haben. Das Problem ist: Wir können ja nur die Proben vergleichen mit den Daten, die wir in der Datenbank gespeichert haben, und deswegen finden wir ja auch den Vorschlag von Frau Aigner gut, jetzt die Daten, die vorhanden sind bei Bund, Land und auch bei den privaten Laboren in die Dioxindatenbanken mit aufzunehmen. Dann haben wir mehr Muster, mit denen wir vergleichen können."

    Zu den neuen Regeln gehören auch die Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe und die Trennung der Herstellung von Industrie- und Futtermittelfetten. Die AGRAVIS löst das Problem, indem sie nur noch von fünf Lieferanten das Fett bezieht . Clemens Große-Frie.
    "Die Quelle muss sicher sein, die Nachverfolgbarkeit muss sicher sein und das, was wir angeliefert bekommen, muss auch sicher sein. Und die Nachverfolgbarkeit muss stimmen."

    Das heißt, im Vorratslager existiert für jeden Lieferanten ein separater Tank. Jede Füllung wird einzeln auf Dioxin getestet. Erst wenn die Ergebnisse in Ordnung sind, gelangen die Fette ins Futtermittelwerk, alles genau dokumentiert.