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Ernüchterung statt Party

Die New Yorker Börse muss erkennen, dass die von den amerikanischen Politikern verkaufte Lösung eigentlich gar keine ist. Die Freude über die Einigung im US-Haushaltsstreit ebbt ab.

Von Beatrice Uerlings | 18.10.2013
    Der Staatsbankrott ist abgewendet, die amerikanischen Behörden arbeiten wieder. So sehr die New Yorker Finanzprofis darauf gehofft hatten, so enttäuscht sind sie nun. Vielen missfällt, dass Washington die Probleme nur aufgeschoben hat. "Anfang 2014 muss alles neu verhandelt werden, dann fängt der ganze Zirkus wieder von vorne an", schimpft der Wall-Street-Veteran Art Cashin.

    Die immer noch recht schwache US-Wirtschaft könnte eine neue Politposse nur schwer verkraften. Nach Berechnung der Ratingagentur Standard & Poors hat der jüngste Verwaltungsstillstand das Wachstum in den Vereinigten Staaten um 0,6 Prozent gedrosselt. Der wirtschaftliche Schaden wird auf 24 Milliarden Dollar beziffert.

    Entsprechend vorsichtig agieren die Anleger nun. Die Aktienindizes gingen ohne klare Tendenz aus dem Handel. Der marktweisende Dow Jones schloss mit 15.371 Punkten leicht im Minus. Die Computerbörse Nasdaq gewann 0,6 Prozent hinzu.

    Enttäuschende Zahlen
    Ganz oben auf den Verkaufslisten war IBM zu finden. Der Serverhersteller und zugleich weltweit führende IT-Dienstleister hat eine enttäuschende Quartalsbilanz gemeldet. Die Gewinne schrumpften zum sechsten Mal in Folge.

    Auch mit dem Ergebnis von Goldman Sachs waren die Marktteilnehmer unzufrieden. Die Großbank hat im abgelaufenen Jahresviertel ein Fünftel weniger eingenommen als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

    Ansicht des Eingangsbereichs der IBM-Deutschlandzentrale in Ehingen (Landkreis Böblingen
    IBM-Deutschlandzentrale in Ehningen (picture alliance / dpa / Marijan Murat)
    Aussicht auf billiges Geld
    Gebremst wurden die Verluste an der Börse durch Spekulationen, dass die US-Notenbank FED ihre lockere Geldpolitik noch mindestens so lange beibehält, bis die US-Regierung eine wirkliche Lösung für den Finanznotstand gefunden hat.

    Der Kreditkartenanbieter American Express und die Telekomgesellschaft Verizon halfen von der Unternehmerseite nach. Beide überzeugten die Investoren mit soliden Geschäftsergebnissen.

    Defensive Anlageformen standen hoch im Kurs. Die 10-jährigen US- Staatsanleihen rentieren acht Stellen freundlicher bei 2,59 Prozent. Der Goldpreis zog auf eine US-Schlussnotierung von 1.319,80 Dollar an.

    Bei den Devisen machte der Euro einen Satz nach vorne. Die Gemeinschaftswährung war im späten New Yorker Geschäft fast 1,37 Dollar wert.

    Märkte in Asien
    Die Börse in Tokio hat sich am Freitag kaum von der Stelle bewegt. Nachdem sich die Anleger in Japan am Vortag noch erleichtert über die Einigung im US-Etatstreit gezeigt hatten, wich die Begeisterung nun Überlegungen, welche Folgen der 16-tägige Haushaltsnotstand in Washington für die Wirtschaft haben könnte. "Es ist keine Frage, dass der 'shutdown' in den USA sich auf die Konjunkturdaten auswirken wird, aber wie sehr und wie lange wird das der Fall sein?", sagte Stefan Worrall von Credit Suisse in Tokio.

    Auch aus China kamen keine echten Impulse. Das Statistikamt in Peking legte Wachstumszahlen zum dritten Quartal vor, die im Rahmen dessen lagen, was Experten erwartet hatten. Das Bruttoinlandsprodukt stieg demnach zwischen Juli und September um 7,8 Prozent nach einem Plus von 7,5 Prozent in den drei Monaten zuvor.

    Der Nikkei-Index tendierte gegen Mittag 0,06 Prozent schwächer bei 14.578 Punkten, der breiter angelegte Topix fiel 0,05 Prozent auf 1205 Zähler.