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Errungenschaft sofort erkannt

Nobelpreis. – Beide Nobelpreislaureaten sind Grundlagenforscher. Doch ihre Erkenntnisse hatten gigantische Auswirkungen für den Alltag und die Industrie. Plötzlich konnten Festplatten das Tausendfache an Information oder noch mehr speichern und zur Verfügung stellen. IBM hat diese Idee sehr schnell aufgegriffen. Der Wissenschaftsjournalist Frank Grotelüschen erzählt im Gespräch mit Grit Kienzlen wie es weiter ging.

    Kienzlen: Herr Grotelüschen, wie lief das denn ab?

    Grotelüschen: Ja, hat das war ganz interessant. Also, erst einmal Herr Grünberg ließ sich das sofort patentieren. Also der hat sofort gemerkt, was das wert ist, und sein Chef hat ihn sozusagen zum Patentamt geschickt. Und IBM hat wirklich sehr schnell reagiert, die haben also schon im Herbst 1988 alle Forscher eingeladen, die etwas mit diesem GMR-Effekt zu tun hatten. Also vor allem Grünberg und Fert. Und, das hat mir der Peter Grünberg einmal erzählt, da wurden sie richtig ausgequetscht. Also die wollten jedes Detail wissen, haben sich dann also schlau gemacht. Dann war der Weg zur Kommerzialisierung allerdings doch noch ein bisschen weit. Denn man muss sich vorstellen, Grünberg und Fert hatten ja im in Grundlagenforschungslabor gearbeitet, mit Methoden, die einfach für die Industrie nichts taugen. Also man muss sich vorstellen, solche dünnen Schichten, solche nanometerkleinen Schichten herzustellen, dazu nimmt man im Labor Methoden, wo man ein sehr, sehr gutes Vakuum braucht. Das sind Methoden, die sehr lange dauern, sehr präzise sind, aber sehr lange dauern.

    Kienzlen: Was hat dann die Industrie gemacht?

    Grotelüschen: Die Industrie hat sich dann einfach sich eine andere Methode einfallen lassen. Also nicht dieses langsame Aufdampfen, sondern so eine Art schnelles Beschießen, im Fachjargon sputtern, das hat also auch funktioniert, das haben die ausprobiert bei IBM.

    Kienzlen: Was wird damit beschossen? Das müssen Sie mir noch einmal erklären!

    Grotelüschen: Also, man musste diese Schichten herstellen, dieses Dreierschicht-System, um diese Leseköpfe dann zu bauen. Und indem man einfach diese Schichten relativ schnell aufschießt, erst die unterste Schicht, dann die mittlere Lage des Butterbrotes, schließlich die äußerste Schicht, die oberste Schicht, kann man das relativ schnell und relativ günstig herstellen. Das war also ein Durchbruch auf dem Weg zur Kommerzialisierung. Die zweite Geschichte war, dass man Materialien finden musste, die das auch bei ganz normalen Zimmertemperaturen machen konnten. Denn die Systeme und Materialien, die damals im Labor verwendet wurden von Grünberg, die funktionierten bei Heliumkühlung, also im Kühlschrank sozusagen. Auch das hat IBM geschafft. Dazu kam aber auch noch, dass hat man gemerkt hat, dass diese Schichten, diese Butterbrotschichten gar nicht so perfekt sein müssen, wie man anfangs dachte. Also die funktionieren auch, selbst wenn sie relativ schlecht sind. Und all das hat dazu geführt, dass IBM schließlich im Jahre 1997 dann die erste Festplatte mit einer Speicherkapazität von ungefähr zehn Gigabyte herausbrachte. Und das hat dann wirklich eine neue Bewegung in Gang gebracht, und heute haben wir ja Speicherplatten, die also 1000 Gigabyte haben, wo also der Inhalt von 200 DVDs drauf passt. Das ist also schon sehr erstaunlich.

    Kienzlen: Herr Grotelüschen, lassen Sie uns nach einem kurzen Blick in die Zukunft werfen. Es wird ja immer erwartet, dass die Speicherkapazität noch größer wird. Welche Techniken kommenden dann nun infrage?

    Grotelüschen: Also, die Technik wird noch weiter entwickeln. Und, was natürlich eigentlich so den Markt bringt, und was sehr interessant sind, sind diese so genannten Flash-Speicher, das kennen wir alles von unseren, ja, MP3-Playern oder noch von den Kamerachips, das sind alles diese kleinen, leichten Karten, in die man heute schon zwei, drei, vier Gigabyte speichern kann, und da sind die Leute in den Forschungslabors dahinter her, so etwas auch auf Sachen auszudehnen, die dann 100 Gigabyte haben, also für Computer taugen. Und die Technologie, die Grünberg erfunden hat, da arbeiten die Forscher daran, daraus Speicherchips zu bauen, die ihr Gedächtnis nicht verlieren, so genannte MRams. Man hat ja heute das Problem, wenn man beim Computer einen Absturz hat, Stromausfall, dann geht der Speicherinhalt verloren. Dann hat man das Textdokument womöglich verloren, das man gerade geschrieben hat, muss den Computer wieder hochfahren. Mit solchen Systemen, in diesen magnetischen Speicherchips, eben auch basiert auf Grünberg Technologie, hat man in Zukunft vielleicht Computer, die eben, wenn sie abstürzen, nicht hochgefahren werden müssen, und die auch in Gedächtnis nicht verlieren, und das ist natürlich auch höchst interessant.