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Ersatzknochen aus der Laserschmelze

Technik. - Im klassischen Modellbau mit Fräsen und Gießen der Teile entsteht ein Prototyp in Wochen und Monaten. Die Revolution auf dem Gebiet des Rapid Prototypings ist das generische Fertigungsverfahren, bei dem Bauteile Schicht für Schicht aufgebaut werden. Es macht den Weg frei zur raschen Serienproduktion. Der Laser spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er schmilzt nicht nur Metalle und Kunststoffe in feinsten Schichten, sondern auch Biowerkstoffe wie Knochen- und Zahnersatz.

Von Gerd Pasch | 07.07.2010
    Schauen wir uns mal den Zahnersatz an: Brücken, Kronen oder Inlays aus Gold-, Titan- oder Chromlegierungen fertigt der Zahntechniker in einem langwierigen Prozess. Er formt, gießt, fräst, poliert an dem Stück in Handarbeit. Im Schnitt zwei Wochen lang.

    Mit einem am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen entwickelten Verfahren kann der Zahnarzt den Zahnersatz bereits nach drei Tagen implantieren. Fraunhofer-Forscher Wilhelm Meiners nutzt dafür das Rapid Prototyping aus der Laserschmelze. Ein hauchdünner Laserstrahl schmilzt pulverisierten Werkstoff schichtweise zu Strukturen, die 80 bis 100 Mikrometer fein sein können.

    "Die wesentliche Vorbereitung ist, dass man zunächst mal das Bauteil, das man aufbauen möchte, als dreidimensionales Modell konstruieren muss. Diese wird dann in einzelne Schichten zerlegt. Und dieses Zerlegen in Schichten, dafür gibt es auch entsprechende Softwarepakete, die das automatisiert machen. Und diese Schichtdaten werden dann an die Anlage gegeben, und der Aufbau dieser einzelnen Schichten aus dem Pulverwerkstoff zum gesamten Werkzeug erfolgt dann komplett mannlos."
    Im Dentallabor muss dann der Techniker das Gerüst nur noch mit der farblich passenden Keramik überziehen. Kern des Fraunhofer-Verfahrens ist das Umschmelzen zum Beispiel eines Metallpulvers durch Laserstrahlen. Die Energie einer 100W-Lampe bringt auf einer Fläche von wenigen Mikrometern das Material zum Schmelzen. So entsteht aus einem Pulver Schicht für Schicht ein homogenes festes Formstück. Mit dem Schichtaufbau überwindet das generische Verfahren zudem die Beschränkungen der Gieß- und Frästechnik. Denn es kann auch Hohlkörper formen.

    "Für die Anfänge der Verfahrensentwicklung war es tatsächlich erforderlich, dass wir eine komplett neue Laser-Quelle entwickelt haben. Weil wir festgestellt haben, dass die erforderliche Strahlqualität, das heißt, den Laser auf eine kleine Fläche zu fokussieren für die Leistungsklasse auf dem freien Markt nicht verfügbar war."

    Wilhelm Meiners freut sich darüber, dass seine Laserschmelze nicht nur in der Industrie zur Optimierung von Fertigungsprozessen genutzt wird, sondern inzwischen auch dem Mediziner, dem Chirurgen helfen kann. Die Aachener Forscher können den Ersatz für ein zertrümmertes Jochbein oder gar ein fünf Zentimeter großes künstliches Schädelstück mithilfe des Lasers quasi über Nacht anfertigen. Und operative Nachbehandlungen erübrigen sich, denn der Knochenersatz aus der Laserschmelze lässt sich mittlerweile auch aus Biomaterial herstellen, dass der Körper abbaut.

    Die Grundlage für diese Implantate ist Tricalciumphosphat. Das ist eine Art Kreide, die den Knochenersatz festigt, und auch den natürlichen Heilungsprozess anregt. In sechs Wochen wird das Implantat abgebaut und durch natürliche Knochen ersetzt. Nur ist es gar nicht so einfach dies mit der Laserschmelze herzustellen, erklärt Wilhelm Meiners:

    "Der wesentliche Trick bei dieser Geschichte ist: Diese eigentliche Substanz , nämlich dieses Kalziumphosphat kann alleine mit Laserstrahlen nicht verschmolzen werden, ohne das man es zerstört. Es verliert seine Eigenschaften. Der Trick ist, dass wir einen zweiten resorbierbaren Werkstoff als Binder nutzen, das ist Polylactid, ein Kunststoff auf Milchsäurebasis, in dem die Kalziumphosphatpartikel eingebettet sind."

    Tierversuche zeigten den Forschern, dass die Ersatzknochen aus der Laserschmelze wie geplant abgebaut werden. Bis resorbierbare Implantaten allerdings im klinischen Alltag eingesetzt werden können, dauert es noch einige Jahre.

    Zur Sendereihe 50 Jahre Laser

    "Links zum Thema:"

    Ersatzknochen aus der Laserschmelze
    MaschinenMarkt: Mit Laserschmelzen Serienteile aus Metallpulver herstellen
    Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT