"Aktuell hier ein Bild, wo ganz klar zu sehen ist, wie ein circa 45-jähriger Mann ein siebenjähriges Mädchen dazu bewegt, die Beine zu spreizen und sich selbst intim zu manipulieren. Zum Beispiel."
Das Landeskriminalamt in Bayern. Der Fahnder hat eine Seite aufgerufen, darauf: kinderpornografische Bilder. Nackte Mädchen und Jungen, in Posen zur Schau gestellt, die sie freiwillig kaum eingenommen hätten. Die Seite stand zwei Wochen online. 1,25 Millionen Bilder wurden in der kurzen Zeit heruntergeladen, die Fotos sind jetzt auf Rechnern in Deutschland, Europa, der ganzen Welt. An der Wand hängt eine Landkarte von Amerika, viele rote Punkte kleben darauf, vor allem auf den Ballungszentren, den großen Städten. Viele Bilder wurden dort runtergeladen.
Eine solche weltweite Fahndung - das Internet macht es möglich, aber auch nötig. Sekundenschnell können sich strafbare Inhalte im World Wide Web verbreiten, so schnell, dass die Fahnder kaum hinterherkommen. Für das LKA war daher das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eine willkommene Regelung: Sie verpflichtete die Internet-Provider, Verbindungsdaten aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung zu speichern. Und das für sechs Monate. Jetzt, nachdem die Datenspeicherung auf Vorrat verboten ist, so ist der Fahnder des bayerischen LKA überzeugt, reiche die Zeit nicht, um den strafbaren Inhalten im Netz hinterher zu surfen, den Tätern auf die Spur zu kommen.
"Es wäre nicht mehr möglich, nach der heutigen Rechtslage, ein solches Verfahren aufzubauen."
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Provider nur noch jene Daten speichern, die sie benötigen, um den Kunden eine Rechnung zu schreiben. Auf diese Daten haben auch die Fahnder nach wie vor Zugriff. Nur: Manche Provider benötigen die Daten nur wenige Stunden oder Tage, danach werden sie gelöscht. Dann verlieren sich die Spuren im Netz. Daher ist jetzt die Bundesregierung gefordert. Denn: Eine europäische Richtlinie sieht vor, dass jedes EU-Land Kommunikationsdaten auf Vorrat speichert. Deutschland ist verpflichtet, die Richtlinie umzusetzen, also ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Die Bundesjustizministerin aber hat es alles andere als eilig, ein neues Gesetz vorzulegen. Gegen die alte Regelung hatte sie selbst in Karlsruhe geklagt, noch bevor sie ihr Regierungsamt übernahm. Gleich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
"Deshalb ist ganz selbstverständlich, dass seriös, handwerklich ordentlich und zwar in aller Dimension man sich jetzt mit den Auswirkungen des Urteils beschäftigt, und da kann nichts automatisch übers Knie gebrochen werden. Aber wir werden da sehr verantwortungsvoll mit umgehen."
In einem Zeitungsinterview bekräftigte sie Anfang dieses Monats noch einmal, dass sie sich "weder drängen noch bedrängen" lasse, bei der Ausgestaltung des Gesetzes. Was an die Adresse von Bundesinnenminister Thomas de Maizière ging. Der hatte nach der Entscheidung eine zügige Neuregelung gefordert. Und auch für die Fahnder des bayerischen LKA ist die Rechtslage unbefriedigend, mehr noch - ärgerlich, sagt Günter Maeser, der die Netzwerkfahndung leitet.
"Das löst Emotionen aus und teilweise auch Wut, weil wir hier auf Straftaten stoßen und können sie nicht verhindern. Stellen Sie sich mal den Polizisten auf der Straße vor, der auf einen Kraftfahrer stößt, der sich falsch verhalten hat. Das ist selbstverständlich, dass man den Halter ermitteln kann. Bei uns begehen Leute Straftaten im Internet und wir müssen die Hände in den Schoß legen und zuschauen und können dagegen nichts machen, und das ist natürlich nicht befriedigend."
Über die Vorratsdatenspeicherung wurde schon lange diskutiert, bevor das Gesetz zum 1. Januar 2008 in Kraft trat. Schließlich geht es um die sensible Abwägung zwischen Datenschutz auf der einen und Kriminalitätsbekämpfung auf der anderen Seite. Mit den gespeicherten Daten lassen sich die Spuren zurückverfolgen, die jeder Mensch - ob nun verdächtig oder nicht - bei Telefongesprächen oder im Internet hinterlässt. Eine solche anlasslose Datensammlung sei daher nur unter engen Voraussetzungen zu rechtfertigen, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, bei der Urteilsverkündung.
"Zwar ist eine solche Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz nicht schlechthin unvereinbar. Sie unterliegt jedoch besonders strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen, denen die angegriffenen Vorschriften nicht genügen."
Strenge verfassungsrechtliche Anforderungen sind das eine, eine gänzlich fehlende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung das andere. Und so fordert auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann von der Bundesjustizministerin, zügig zu regeln, was zu regeln sei:
"Das Bundesverfassungsgericht hat ja über das Urteil über ein Jahr gebrütet und wir brauchen jetzt ein Gesetz, das einfach entlang den klaren, wörtlich formulierten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts das nun umsetzt. Und das steht dann auch im Einklang mit dem, was von Brüssel als Richtlinie klar ist, denn im Moment haben wir einen Rechtszustand, der auch ganz klar den Vorgaben der Europäischen Union widerspricht."
Herrmann spricht von Sicherheitslücken, von möglichen Terroranschlägen, die nicht zu verhindern seien. Im Bundesjustizministerium hält man dagegen: Vor 2008, also bevor das Gesetz in Kraft war, habe man auch gegen Kriminelle ermitteln können. Und tatsächlich: Der Sauerland-Gruppe, zum Beispiel, kam man ganz ohne Vorratsdatenspeicherung auf die Spur. Die Mitglieder waren schon im Sommer 2007 unter Terrorverdacht verhaftet worden. Allerdings habe sich die Lage gegenüber 2008 erheblich verändert, so Bernhard Egger vom bayerischen Landeskriminalamt:
"Vor 2008 war das System der Flatrates noch nicht so verbreitet, sodass mehr Daten bei den Providern für die Rechnungslegung gespeichert waren. Und heute ja in aller Regel die Menschen Flatrates haben, wahrscheinlich zu 90 Prozent."
Sein Kollege, der Fahnder beim bayerischen LKA, zuständig für die Aufklärung von Kinderpornografie im Netz, ist sich durchaus bewusst, dass die Datensammlung auch Gefahren in sich birgt. Dass die sensiblen Informationen in falsche Hände geraten, missbraucht werden könnten. Auf das Instrument aber will er nicht verzichten.
"Als Fahnder ist die Vorratsdatenspeicherung ein unersetzliches Mittel, um tatsächlich Straftaten aufklären zu können. Das heißt, wer hat welche Straftat begangen?"
Als Fahnder will er ermitteln. Fürchtet er aber die Datensammlung als Bürger?
"Als Bürger sehe ich das auch so, die Vorratsdatenspeicherung braucht aber hohe Hürden. Mir ist das tatsächlich als Bürger schon wichtig zu wissen, dass es da einen Richtervorbehalt gibt und jeder auf meine Daten zugreifen kann, sondern tatsächlich nur berechtigte staatliche Stellen."
Das Landeskriminalamt in Bayern. Der Fahnder hat eine Seite aufgerufen, darauf: kinderpornografische Bilder. Nackte Mädchen und Jungen, in Posen zur Schau gestellt, die sie freiwillig kaum eingenommen hätten. Die Seite stand zwei Wochen online. 1,25 Millionen Bilder wurden in der kurzen Zeit heruntergeladen, die Fotos sind jetzt auf Rechnern in Deutschland, Europa, der ganzen Welt. An der Wand hängt eine Landkarte von Amerika, viele rote Punkte kleben darauf, vor allem auf den Ballungszentren, den großen Städten. Viele Bilder wurden dort runtergeladen.
Eine solche weltweite Fahndung - das Internet macht es möglich, aber auch nötig. Sekundenschnell können sich strafbare Inhalte im World Wide Web verbreiten, so schnell, dass die Fahnder kaum hinterherkommen. Für das LKA war daher das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eine willkommene Regelung: Sie verpflichtete die Internet-Provider, Verbindungsdaten aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung zu speichern. Und das für sechs Monate. Jetzt, nachdem die Datenspeicherung auf Vorrat verboten ist, so ist der Fahnder des bayerischen LKA überzeugt, reiche die Zeit nicht, um den strafbaren Inhalten im Netz hinterher zu surfen, den Tätern auf die Spur zu kommen.
"Es wäre nicht mehr möglich, nach der heutigen Rechtslage, ein solches Verfahren aufzubauen."
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Provider nur noch jene Daten speichern, die sie benötigen, um den Kunden eine Rechnung zu schreiben. Auf diese Daten haben auch die Fahnder nach wie vor Zugriff. Nur: Manche Provider benötigen die Daten nur wenige Stunden oder Tage, danach werden sie gelöscht. Dann verlieren sich die Spuren im Netz. Daher ist jetzt die Bundesregierung gefordert. Denn: Eine europäische Richtlinie sieht vor, dass jedes EU-Land Kommunikationsdaten auf Vorrat speichert. Deutschland ist verpflichtet, die Richtlinie umzusetzen, also ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Die Bundesjustizministerin aber hat es alles andere als eilig, ein neues Gesetz vorzulegen. Gegen die alte Regelung hatte sie selbst in Karlsruhe geklagt, noch bevor sie ihr Regierungsamt übernahm. Gleich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
"Deshalb ist ganz selbstverständlich, dass seriös, handwerklich ordentlich und zwar in aller Dimension man sich jetzt mit den Auswirkungen des Urteils beschäftigt, und da kann nichts automatisch übers Knie gebrochen werden. Aber wir werden da sehr verantwortungsvoll mit umgehen."
In einem Zeitungsinterview bekräftigte sie Anfang dieses Monats noch einmal, dass sie sich "weder drängen noch bedrängen" lasse, bei der Ausgestaltung des Gesetzes. Was an die Adresse von Bundesinnenminister Thomas de Maizière ging. Der hatte nach der Entscheidung eine zügige Neuregelung gefordert. Und auch für die Fahnder des bayerischen LKA ist die Rechtslage unbefriedigend, mehr noch - ärgerlich, sagt Günter Maeser, der die Netzwerkfahndung leitet.
"Das löst Emotionen aus und teilweise auch Wut, weil wir hier auf Straftaten stoßen und können sie nicht verhindern. Stellen Sie sich mal den Polizisten auf der Straße vor, der auf einen Kraftfahrer stößt, der sich falsch verhalten hat. Das ist selbstverständlich, dass man den Halter ermitteln kann. Bei uns begehen Leute Straftaten im Internet und wir müssen die Hände in den Schoß legen und zuschauen und können dagegen nichts machen, und das ist natürlich nicht befriedigend."
Über die Vorratsdatenspeicherung wurde schon lange diskutiert, bevor das Gesetz zum 1. Januar 2008 in Kraft trat. Schließlich geht es um die sensible Abwägung zwischen Datenschutz auf der einen und Kriminalitätsbekämpfung auf der anderen Seite. Mit den gespeicherten Daten lassen sich die Spuren zurückverfolgen, die jeder Mensch - ob nun verdächtig oder nicht - bei Telefongesprächen oder im Internet hinterlässt. Eine solche anlasslose Datensammlung sei daher nur unter engen Voraussetzungen zu rechtfertigen, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, bei der Urteilsverkündung.
"Zwar ist eine solche Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz nicht schlechthin unvereinbar. Sie unterliegt jedoch besonders strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen, denen die angegriffenen Vorschriften nicht genügen."
Strenge verfassungsrechtliche Anforderungen sind das eine, eine gänzlich fehlende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung das andere. Und so fordert auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann von der Bundesjustizministerin, zügig zu regeln, was zu regeln sei:
"Das Bundesverfassungsgericht hat ja über das Urteil über ein Jahr gebrütet und wir brauchen jetzt ein Gesetz, das einfach entlang den klaren, wörtlich formulierten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts das nun umsetzt. Und das steht dann auch im Einklang mit dem, was von Brüssel als Richtlinie klar ist, denn im Moment haben wir einen Rechtszustand, der auch ganz klar den Vorgaben der Europäischen Union widerspricht."
Herrmann spricht von Sicherheitslücken, von möglichen Terroranschlägen, die nicht zu verhindern seien. Im Bundesjustizministerium hält man dagegen: Vor 2008, also bevor das Gesetz in Kraft war, habe man auch gegen Kriminelle ermitteln können. Und tatsächlich: Der Sauerland-Gruppe, zum Beispiel, kam man ganz ohne Vorratsdatenspeicherung auf die Spur. Die Mitglieder waren schon im Sommer 2007 unter Terrorverdacht verhaftet worden. Allerdings habe sich die Lage gegenüber 2008 erheblich verändert, so Bernhard Egger vom bayerischen Landeskriminalamt:
"Vor 2008 war das System der Flatrates noch nicht so verbreitet, sodass mehr Daten bei den Providern für die Rechnungslegung gespeichert waren. Und heute ja in aller Regel die Menschen Flatrates haben, wahrscheinlich zu 90 Prozent."
Sein Kollege, der Fahnder beim bayerischen LKA, zuständig für die Aufklärung von Kinderpornografie im Netz, ist sich durchaus bewusst, dass die Datensammlung auch Gefahren in sich birgt. Dass die sensiblen Informationen in falsche Hände geraten, missbraucht werden könnten. Auf das Instrument aber will er nicht verzichten.
"Als Fahnder ist die Vorratsdatenspeicherung ein unersetzliches Mittel, um tatsächlich Straftaten aufklären zu können. Das heißt, wer hat welche Straftat begangen?"
Als Fahnder will er ermitteln. Fürchtet er aber die Datensammlung als Bürger?
"Als Bürger sehe ich das auch so, die Vorratsdatenspeicherung braucht aber hohe Hürden. Mir ist das tatsächlich als Bürger schon wichtig zu wissen, dass es da einen Richtervorbehalt gibt und jeder auf meine Daten zugreifen kann, sondern tatsächlich nur berechtigte staatliche Stellen."