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Erst Oberammergau, jetzt Garmisch-Partenkirchen?

Im Juli 2011 blickt die Sportwelt wieder gespannt nach Südafrika südafrikanische Durban: Dann werden in Durban die Winterspiele 2018 vergeben. Ob Olympia dann aber in Deutschland noch ein Thema ist, könnte sich schon dieser Tage entscheiden. Die Münchner Bewerbung ist in einer dramatischen Schieflage, die Politik selbst in Berlin versucht verzweifelt zu vermitteln.

Von Thomas Kistner | 09.07.2010
    Logo der Bewerbungsgesellschaft München 2018.
    Logo der Bewerbungsgesellschaft München 2018. (Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH)
    Offenkundig wird, dass sich die vom Deutschen Olympischen Sportbund gesteuerten Olympia-Werber unter den blassen Geschäftsführern Willy Bogner und Bernhard Schwank zu wenig um die Schneesport-Region Garmisch-Partenkirchen gekümmert haben. Nun setzt an der Zugspitze ein Domino-Effekt ein, der die Bewerbung zu kippen droht.

    Vergangenes Wochenende erst mussten sich die Bewerber von Oberammergau als Austragungsort für Langlauf und Biathlon verabschieden, weil dort rund 180 Bauern ihre Grundstücke nicht zur Nutzung während der Spiele abtreten wollten. Plan B ist jetzt ein Gelände, das dem Freistaat Bayern gehört. Es muss aber noch als sporttauglich geprüft werden, und sicher ist: Ausgerechnet die für ihr Organisationstalent berühmten Deutschen listeten in ihrem ersten beim IOC eingereichten Bewerbungsbuch einen Austragungsort auf, den es nicht mehr gibt.

    Nun bestärkt der Widerstand auch die Garmischer Grundbesitzer. Rund zwei Dutzend Eigentümer sollen hier bis Monatsende unterschreiben, dass sie ihr Land für Stadien, Parkplätze, Wege, Straßen und sonstige Olympastrukturen abtreten. Im Gegenzug wird ihnen Pachtzins und Nutzungsausfall zugesichert. All das sei viel zu weich definiert, klagen die betroffenen Landwirte, die auch deshalb stinksauer sind, weil sie nie gefragt oder gar umworben, sondern erst jetzt kurz vor Torschluss überrollt worden seien. Seit Dienstag weilen die Münchner Bewerber zu den Vertragsverhandlungen in Garmisch. Dort werfen ihnen die Grundbesitzer vor, dass sie schon die Vertragsentwürfe mit der Aufforderung erhalten hätten, den Kontrakt unterzeichnet zur Verhandlung mitzubringen.
    Der Vorgang offenbart viel Arroganz, in jedem Fall aber eine groteske Fehleinschätzung der Situation im bayerischen Oberland. Für die früh offenkundige Sportstätten-Problematik sei Schwank zuständig gewesen, heißt es in Bewerberkreisen, der aber hatte als GmbH-Geschäftsführer bis Februar anderes zu tun: Er war auch Chef de Mission des deutschen Olympiafahrer-Teams in Vancouver. Nun ist das Misstrauen der Garmischer gegen die Großkopferten aus München, Frankfurt und Berlin so enorm, dass es schwierig wird, sie zu überzeugen, dass neben IOC und Sportverbänden auch sie selbst von Olympia profitieren könnten. Dem Spiele-kritischen Bündnis "NOlympia" zufolge wollen auch die vier Grundeigner, auf deren Land das Pressezentrum geplant ist, den Überlassungsvertrag nicht signieren. In Erinnerung haben manche Eigentümerfamilien zudem die olympische Geschichte: Vor den – später abgesagten – Spielen 1940 waren einige von ihnen enteignet worden. Ohne diese Grundstücke in Garmisch funktioniert das Konzept nicht – nun wollen auch die bayerischen Landtags-Grünen das Projekt kippen.