
"Gestern, heute und morgen folgen nicht aufeinander. Sie sind in einem ewigen Kreis miteinander verbunden. Alles ist miteinander verbunden."
Im Städtchen Winden, zwischen Wald und Atomkraftwerk, ist die Zeit aus den Fugen. Kinder verschwinden: "Keine Spur. Nichts. Als hätte er sich in Luft aufgelöst."
Und tauchen - vielleicht - wieder auf.
"Alles ist genauso wie vor 33 Jahren. Alles wiederholt sich."
Noch so ein Rätsel: Ein tiffanyblaues Kinderzimmer im Nirgendwo, ein Fernseher im Eck, Nena singt und ein Junge hält sich die Ohren zu. "Dark" erinnert nicht nur in dieser Szene an den Serienklassiker "Twin Peaks" - Dorf, Wald, übersinnliche Kräfte, David Lynchs berüchtigter Red Room, hier eben Türkis. Und gleichzeitig denkt man an den neuesten Netflix-Hit "Stranger Things" - die 80er, Kinder als Protagonisten, Provinz und Parallelwelt.
Die Macher Baran bo Odar und Jantje Friese orientieren sich allzu deutlich an Vorbildern. Und so kommt die deutsche Serie alles in allem doch wie ein Abklatsch daher. Dort, wo die Serie eine eigene Bildsprache und einen eigenen Ton finden könnte, tut sie sich schwer. Kiffende Jugendliche, überforderte Mütter oder fremdgehende Väter sind hier eben nicht das Fundament zum durchaus gekonnt inszenierten Horror, sondern nur gängiges Beiwerk.
"Dark" und seinen Figuren fehlt es an psychologischer Tiefe, was am Drehbuch, nicht am gut besetzten Cast liegt. Das Label "German Angst", mit dem man wohl im Ausland punkten möchte, bedeutet hier nur: dichter Wald, dunkle Höhle und möglichst mittelalterlich aussehende Folterinstrumente.
Universalismus als Antwort auf die Europa-Quote. Bald müssen Streaming-Dienste nach einem EU-Beschluss mindestens 30 Prozent ihres Programms mit europäischen Produktionen bestücken. Der Trend ist bereits erkennbar, zuletzt erschienen bei Netflix zum Beispiel die Mafia-Serie "Suburra" aus Italien oder das Retro-Drama "Las chicas del cable" aus Spanien. Klischees auch hier inklusive.
Im Falle von "Dark" jedenfalls funktioniert der Plan mit Abstrichen. Suchtpotenzial, ja. Spannend und handwerklich gut gemacht, ja. Aber neue Ideen, psychologische Tiefe oder Überraschungsmomente fehlen. Alles schon da gewesen - vielleicht nicht hierzulande, aber in der großen weiten Serien-Welt allemal.