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Erste Einblicke in die Sammlung von SAP-Gründer Plattner

Hasso Plattner, der Gründer von SAP machte Furore durch den Streit um seine für die Potsdamer Stadtmitte angebotene Kunsthalle. Nun zeigt das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam eine Sonderausstellung von nur 30 Werken aus der sehr jungen Sammlung Plattners.

Von Carsten Probst |
    Viel hatte man nicht erwartet für diesen ersten Einblick in Hasso Plattners private Kunstsammlung - und dann das: Da hängen die Großmeister der Leipziger Schule aus DDR-Zeiten: Mattheuer, Tübke, Heisig und Sitte einträchtig beieinander, ganz wie zu alten gloriosen Zeiten, da sie als Viererbande anno 1977 auf der documenta 6 präsentiert wurden - und gleich vis à vis ein abstraktes Bild von Gerhard Richter - jener Gerhard Richter, der damals seine Bilder wegen dieser Vier von der documenta zurückzog. Wenn diese Kombination von Plattner wirklich beabsichtigt und ihm kunsthistorisch bewusst war, dann hat diese kleine, improvisierte Schau in Potsdam doch noch ihre ganz spezielle Note. Und entgegen allen Andeutungen des Sammlers, nur Privatmann sein zu wollen und sich aus allen kulturpolitischen Debatten fluchtartig fernzuhalten, hätte sie doch ihr kulturpolitisches Statement: eine Art von kunsthistorischer Wiedervereinigung, die aus Sicht der beteiligten Künstler möglicherweise einer Vergewaltigung gleichkäme und schon früher Stoff für unendliche Ausstellungsdramen und Akademiespaltungen war. Hasso Plattner aber leistet sich den Luxus, politisch eben nicht korrekt sein zu müssen.

    Diese Hängung, beabsichtig oder nicht, ist zweifellos der Höhepunkt dieser eilig zusammengestellten Schau in beengten, schlecht beleuchteten Räumen. 28 Bilder sind zu sehen, neben der alten Leipziger Schule plus Gerhard Richter wird sie noch um zwei sehr schöne expressive Landschaften von Klaus Fußmann ergänzt, eines Rheinländers, dessen Präsenz wohl darauf verweisen soll, dass ostdeutsche Kunst im Portfolio Hasso Plattners nicht die unumschränkte Hauptrolle spielen soll.

    Was genau und wie viele Werke Plattner inzwischen besitzt, weiß einstweilen nur der Sammler allein. Die ostdeutschen Maler sind nur ein Teil, in der geplanten Potsdamer Kunsthalle ist für sie eine Sektion geplant, keine flächendeckende Präsentation. Hinzu kommt, dass Plattner erst seit ungefähr einem Jahr sammelt. Wenn man von der Potsdamer Schau ausgeht, sammelt er gern ganze Konvolute einzelner Künstler über Jahrzehnte ihrer Werkentwicklung hinweg. Er interessiert sich für figurative Positionen und Landschaften, für leuchtende Farben und expressive Malergesten. Ob er sich also wirklich dazu wird durchringen können, auch Künstler zu sammeln, die zu Zeiten der DDR wegen ihrer eher abstrakten Formensprache durch das Raster der offiziellen Kulturpolitik fielen, bleibt abzuwarten. Bei Malern wie Mattheuer oder Heisig oder Tübke fällt auf, dass Plattner die gesellschaftskritischen oder historischen Werke eher ausspart, stattdessen überwiegen Porträts und ziemlich unverfängliche Landschaften.

    Manche Kritiker hat das schon im Vorfeld schwer enttäuscht. Plattner selbst hat an die Adresse dieser Kritiker im Vorfeld die Erwartungen gedämpft und Ansprüche zurückgewiesen, seine Sammlung müsse doch wenigstens kunsthistorische Bedeutung für sich reklamieren. Aber Plattner sträubt sich, und wie es scheint, hat er gerade bei der wochenlangen öffentlichen Debatte um die von ihm ursprünglich für die Potsdamer Stadtmitte angebotene Kunsthalle seine Sammlerrolle neu überdacht oder überhaupt erst definiert - und das würde auch seinen plötzlichen Rückzug aus der Debatte und damit auch aus der Potsdamer Stadtmitte erklären. Plattner sieht sich offenkundig nicht als Sammler mit öffentlichem Sendungsbewusstsein. Anders als ein Friedrich Christian Flick verzichtet Plattner auf Heerscharen von Kunstscout, die weltweit nur Spitzenwerke zusammenzukaufen haben, die unbedingt für jedes Großmuseum der Welt taugen würden. Anders auch als die Herren Boros in Berlin, Brandhorst in München oder gar Ludwig in Köln scheut Plattner sich, mit dem Bau einer Sammlungskunsthalle zugleich Stadtplanung zu betreiben und sich im Stadtbild zu verewigen. Bedauerlich, dass er die demokratische Auseinandersetzung scheut, sagen manche. Bedauerlich, dass er so einen konventionellen, humorfreien Privatgeschmack hat. Aber Bescheidenheit, das wussten schon andere weise Männer, kann mitunter der größte Luxus sein, den man sich gönnt.