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"Erste, ermutigende Ergebnisse sind veröffentlicht"

Medizin. - Der Königsweg gegen Infektionskrankheiten wie Malaria ist nach wie vor die Impfung. Doch die steht im Fall des Sumpffiebers noch aus. Professor Christian Meyer vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin erklärt im Gespräch mit Arndt Reuning die Gründe.

23.04.2010
    Reuning: Herr Professor Meyer, lässt sich Malaria mit solchen Werkzeugen, wie sie gerade beschrieben wurden, mit Verhaltensänderungen überhaupt besiegen?

    Meyer: Es stellt sich ganz klar die Frage, was da geändert wird am Verhalten. Also es gibt ja viele Ansätze, um der Malaria Herr zu werden. Einerseits der Gebrauch von Insektiziden, andererseits die rasche Diagnose und Therapie, das ist natürlich das allerwichtigste. Wenn Verhaltensänderungen angesprochen werden, da kommen zum Beispiel solche Dinge ins Spiel wie, dass die Kinder oder die Menschen allgemein unter imprägnierten Mückennetze schlafen sollten. Das ist ganz wichtig. Unter Verhaltensänderung könnte man auch verstehen, dass man Repellentien, also insektenabwehrende Substanzen verwendet. Ob das großflächig so angewendet werden kann, ist die Frage. Gerade zu den Mückennetzen gibt es eine ganze Reihe von Berichten, die gezeigt haben, dass dann tatsächlich die Malaria-Inzidenz abnimmt, wenn man das konsequent macht. Das hat aber theoretisch gesehen auch einen Nachteil: Weil, irgendwann werden die Kinder doch einmal von den Mücken, von den Anophelesmücken, die die Malaria übertragen, gestochen und entwickeln dann eine Malaria. Wenn sie aber von früh auf dem Erreger exponiert sind, dann haben sie die Chance, das zu entwickeln, was wir eine Semi-Immunität nennen. Also eine gewisse Immunität gegen Malaria, und die Malaria ist eine Kinderkrankheit. Wenn die Kinder aber viele Malaria-Übertragungen überstanden haben, dann sind sie im Erwachsenenalter semi-immun und werden im Erwachsenenalter nicht mehr schwer krank. Mit Mückennetze verhindert man so eine Entwicklung einer Semi-Immunität, deswegen ist das auch in gewisser Weise ein zweischneidiges Schwert.

    Reuning: Das medizinische Fachblatt "Lancet" schreibt heute: "Noch immer steht für Malaria das einzige Werkzeug aus, dass ja jemals einer Infektionskrankheit besiegen konnte, ein effektiver und preiswerter Impfstoff." Wie sieht es denn damit aus?

    Meyer: Es wird ganz massiv an Impfstoffen geforscht. Erste, ermutigende Ergebnisse sind vor einiger Zeit publiziert worden. Es gibt einen Impfstoff, der von einer der großen Impffirmen hergestellt wird. Der wird bezeichnet als die RTSS-Vakzine. Und mit Versuchen mit diesem Impfstoff hat man gezeigt, dass das Auftreten der Malaria, also die Malaria-Inzidenz, so nennt man das, um bis zu 50 Prozent bei Kindern verringert werden kann. Man muss sagen, das ist natürlich kein Impfstoff, den man hier natürlich beispielsweise als einer Reiseimpfung verwenden kann, da reichen 50 Prozent nicht. Aber wenn man wirklich in Afrika die Malaria zu 50 Prozent mit einem solchen Impfstoff reduzieren kann, dann ist das ein großer Erfolg. Dieser Impfstoff wird gerade in so genannten Phase-III-Versuchen, also in groß angelegten Studien in unterschiedlichen afrikanischen Ländern getestet. Nichts desto trotz, auch für diesen Impfstoff stehen noch Verbesserungen aus.

    Reuning: Phase-III bedeutet ja auch, das ist die letzte Hürde, die er nehmen muss. Wenn wir einmal zurückschauen: es hat um die 20 Jahre gedauert, bis es erst einmal so weit war. Was ist denn das Problem bei solchen Impfstoffen gegen Malaria?

    Meyer: Das Problem ist, dass die Plasmodien, das sind ja die Erreger der Malaria, die sind nicht identisch. Es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche Plasmodien und Plasmodien-Stämme. Und für einen Impfstoff, da muss man dann, wir sagen eine konvergierte Region an diesem Plasmodien identifizieren, dass ein Impfstoff, der die Antikörperbildung induziert, dass der immer diesen ganz speziellen konservierten Teil des Erregers erfasst. Das ist ein Riesenproblem.

    Reuning: Sie haben ja eben erwähnt, dass dieser Impfstoff von einem großen Pharmaunternehmen erforscht wird. Wie sieht es denn mit den finanziellen Anreizen aus?

    Meyer: Das ist schwierig zu beurteilen. Die großen Pharmafirmen, die interessieren sich natürlich mehr, aus ganz klar ökonomischen Motiven, mehr für Substanzen, die sie in Europa, den USA, in der industrialisierten Welt vermarkten können. Nichts desto trotz, gerade diese Firma, die hat sich durchaus auch für Substanzen interessiert und daran geforscht, die dann auch in endemischen Ländern eingesetzt werden können. Man muss sagen, wenn man einmal unter ökonomischen Gesichtspunkten das sieht, wenn ein solcher im Stoff zur Verfügung steht und wenn er in das Routineprogramm, in das Routine-Impfprogramm auch von Entwicklungsländern gelangt, dann wird er natürlich in riesigen Mengen abgenommen werden. Dann haben solche Firmen natürlich auch die Möglichkeit, einen passablen, oder einen akzeptablen Preis anzubieten. Und auch dann wäre das sicherlich ein Geschäft.