Iranisches Regime
Erste Frau dirigiert "Tehran Symphony Orchestra" - Journalistin Natalie Amiri spricht von "Scheinliberalisierung"

Die 42-Jährige Musikerin Paniz Faryousefi hat als erste Frau im Iran das Tehran Symphony Orchestra dirigiert. Die Nachrichtenagentur AFP sieht ein hoffnungsvolles Zeichen in einem Land, in dem Frauen nach wie vor unterdrückt würden. Die Iran-Expertin Natalie Amiri spricht von einem weiteren Beispiel für eine "Scheinliberalisierung" des Regimes.

    Das Foto zeigt die Paniz Faryoussefi, die als erste Frau das Tehran Symphony Orchestra dirigiert hat.
    Paniz Faryoussefi hat als erste Frau das Tehran Symphony Orchestra dirigiert. (AFP / -)
    Paniz Faryousefi hat das Tehran Symphony Orchestra als Gastdirigentin im Vahdat-Konzertsaal in der Hauptstadt geleitet. Gespielt wurden neben iranischen Werken auch Stücke von Franz Schubert, Jean Sibelius und Aram Chatschaturjan. Die Dirigentin sagte AFP, sie habe eine große Verantwortung gespürt, als sie auf die Bühne gegangen sei. Sie hoffe auf eine neue Ära für alle jungen Frauen, die verstehen sollten, dass sie angesichts aller Risiken keine Angst haben dürften. Das sei das einzige Tor zur Emanzipation.

    Staatliche Medien berichten über Konzert

    Auch staatliche iranische Medien, darunter die "Tehran Times" und die Nachrichtenagentur "Mehr News", berichten ausführlich über das Konzert. Insofern stellt sich die Frage, inwiefern der Auftritt der Dirigentin Propagandazwecken dienen sollte. Eine Beobachterin sagt, das möge vielleicht der Fall sein. Zugleich sei Paniz Faryousefi ein Beispiel für die Errungenschaften der Frauen im Iran - und bestimmt auch eine Türöffnerin für andere Frauen.

    Natalie Amiri: "Iran steht mit dem Rücken zur Wand"

    Die Journalistin und frühere Iran-Korrespondentin der ARD, Natalie Amiri, sieht den Fall kritischer. Sie sagte dem Deutschlandfunk, man dürfe nicht vergessen, dass der Iran mit dem Rücken zur Wand stehe und wirtschaftlich und ideologisch bankrott sei. Es sei zwar schön, dass eine Frau zum ersten Mal das Tehran Symphony Orchestra dirigiere. Man müsse aber auch sehen, dass das Regime die internationale Presse eingeladen und ein Interesse daran habe, genau dieses Bild für das Ausland zu produzieren. Gleichzeitig sei es für Frauen nach wie vor verboten, öffentlich solo zu singen und in vielen Städten sogar untersagt, auf Konzerten ein Instrument zu spielen. Auch gebe es weiterhin massive Hinrichtungen und Verhaftungen im Land, gerade was ethnische und religiöse Minderheiten angehe. Natalie Amiri sieht das Konzert mit Paniz Faryousefi darum als "Scheinliberalisierung".

    Seit Protesten 2022 tragen weniger Frauen das Kopftuch

    Im Iran hatte es im Herbst 2022 landesweite Proteste unter dem Motto "Frau - Leben - Freiheit" gegeben. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam. Die Proteste, die von Einsatzkräften mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden, richteten sich gegen das Regime und insbesondere gegen die Kleidervorschriften für Frauen. Seither tragen zahlreiche Frauen vor allem in Großstädten wie Teheran nicht mehr das vorgeschriebene Kopftuch. AFP berichtet, dass auch beim Konzert mit Paniz Faryousefi zahlreiche unverschleierte Frauen im Publikum gesessen hätten.
    Diese Nachricht wurde am 15.11.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.