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Erste "Lange Nacht der Start-ups" in Berlin

Sie haben oft gute Ideen, aber meistens wenig Geld: junge Unternehmen, sogenannte Start-ups. Firmen wie der Schuh-Onlinehandel Zalando oder das Reiseportal Swoodo haben vor wenigen Jahren klein angefangen, Investoren gefunden und sind groß rausgekommen. In Berlin fand jetzt am Wochenende die erste "Lange Nacht der Start-ups" statt.

Von Sarah Tschernigow |
    "Wir öffnen. Man sieht hier, alle Kleinteile haben wir ganz liebevoll in keine Tütchen eingenäht und da sind noch verschiedene andere Sachen drin..."

    Eine Pappschachtel, die Kinder glücklich machen soll. Darin allerlei Plastikteilchen zum Zusammenbauen, Stifte, Schnüre, Papier. Die "Exploribox" führt schon Vorschüler spielerisch an Naturwissenschaften heran - so die Geschäftsidee von Karolina Cyganek. An ihrem Messestand stellt die 30-Jährige enthusiastisch und selbstbewusst das Konzept einem Investor vor.

    "Zielgruppe ist Grundschulalter, fünf bis zehn, elf. Wobei wir im oberen Bereich nicht mehr cool genug vom Design her sind. Mit jeder Box kann man zwei verschiedene naturwissenschaftliche Themen entdecken."
    - "Was macht Ihr anders als der Wettbewerb und besser?"
    - "Also, wir haben klar den Fokus Naturwissenschaften."

    Das Unternehmen ist erst ein paar Monate alt. Die Ingenieurwissenschaftlerin Karolina Cyganek und ihre zwei Kolleginnen leben von ihren Ersparnissen und brauchen dringend Förderer. Der Investor ist begeistert von Karolinas Art: sie könne das Produkt sympathisch und überzeugend verkaufen. Aber er hat Zweifel am Erfolg des Produkts:

    "Ich hätte da ein paar Bedenken bezüglich der Marktdynamik. Es gibt da schon verschiedene Wettbewerber, ich habe alleine schon zwei in Deutschland gesehen. Deshalb habe ich sie auch gefragt, wie sie sich abgrenzt. Und das, was sie genannt hat, fand ich auf den ersten Blick ein bisschen wenig."

    Es ist gar nicht so leicht, eine Geschäftsidee erfolgreich umzusetzen. Allein bei der Langen Nacht der Startups konkurrieren rund 70 euphorische Jungunternehmer um die Aufmerksamkeit der Besucher. "Monomoto" stellt einkaufsmüden Männern online ihre persönlichen Outfits zusammen. "Beatguide" hilft, Events in der Stadt per App zu entdecken. Und das Programm "ParkingList" sagt Autofahren, wo der nächste freie Parkplatz ist. Gute Ideen haben hier alle, aber das reicht nicht, sagt der Veranstalter Dr. Heinrich Arnold von der Telekom-Konzernforschung:

    "Eine Idee als solche ist erstmal überhaupt nichts wert. Erst, wenn sie vernünftig und geschickt umgesetzt wird. Und zum andern versuchen Gründer häufig, ihre Ideen lange geheim zu halten und sich mit möglichst wenig Leuten darüber auszutauschen. Und das ist dann aus dem ersten Fehler noch mal was richtig Schlimmes gemacht."

    Auf der Messe geht es auch darum, die Ideen praktisch zu testen. Wie kommt mein eigentlich Produkt an? Großen Andrang gibt es bei Sugafari, einem Onlinehandel für kuriose Süßigkeiten aus aller Welt. Grüne Schokoriegel aus Japan, Erdnusspralinen aus den USA. Die Probierteller locken Publikum an.

    "Gibt’s irgendein Land, dass dich interessierst? Oder wo du schon mal warst?"
    - "Ja, in China war ich. Das ist jetzt nicht so das Land der Süßigkeiten."
    - "Aber wir haben Sachen aus China da! Zum Beispiel die Ho-Flakes. Das sind so kleine, flache Plättchen. Die schmecken nach Weißdorn."
    - "Ok."

    Sugafari hat sich in drei Jahren schon einen treuen Kundenstamm aufgebaut, sagt Mitarbeiter Chris Arndt. Seit kurzem gibt es auch einen Laden in Berlin. Das Erfolgsgeheimnis?

    "Wir verkaufen Süßigkeiten aus aller Welt und stehen damit fast alleine da. Es gibt noch zwei, drei Anbieter, die das auch machen in Deutschland. Aber die machen das entweder in riesengroßem Stil, dass du einfach nur einen Schokoriegel kaufen kannst. Oder zu seltsamen Konditionen, dass die Preise der einzelnen Produkte zu hoch sind."

    Viele Süßigkeiten werden auf der Langen Nacht probiert. Alle Startups sind mit Eifer dabei, Pause macht hier keiner so richtig. Nach ein paar Stunden und drei Kaffeekannen später hat auch Jungunternehmerin Karolina Cyganek dutzende ihrer Entdeckerboxen vorgeführt.

    "Ich bin um halb fünf noch mal ins Taxi gestiegen und hab Visitenkarten geholt, weil wir nicht genug hatten. Gerade weil hier so viele andere spannende Startups sind, mit denen wir uns austauschen wollen. Aber jetzt sind wir gut ausgestattet."

    Hunderte Flyer, Broschüren und Kärtchen werden in dieser Nacht verteilt. Mehr geht nicht. Wieviel wird davon in Schubladen verstauben, oder gleich im Müll landen? Wer wird sich tatsächlich zurückmelden? Ein Anruf, sagen viele Startups, das wäre schon ein Erfolg.