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Erstes Kompetenzzentrum für Krebs in der Schwangerschaft

Bei etwa jeder 1000. Schwangeren diagnostizieren die Ärzte einen Tumor. Die Tendenz ist steigend, denn bestimmte Krebsarten wie der Muttermundkrebs häufen sich vor allem bei jüngeren Frauen. Außerdem werden auch immer ältere Frauen schwanger. In der Geburtsklinik der Berliner Charité kümmern sich Experten um schwangere Krebspatientinnen.

Von William Vorsatz |
    "Guten Morgen – guten Morgen."

    Geburtsmediziner Joachim Dudenhausen betritt das Klinik-Zimmer. Zwei schwangere Frauen sitzen am Frühstückstisch:

    "Schmeckt’s ihnen? Ja?
    Sie sollen bald niederkommen. Und man bemüht sich. Mit Medikamenten, dass es in die Gänge kommt. Und - merken Sie schon was?
    Ich hab gestern Abend Wehen gehabt, aber jetzt im Moment gar nichts.
    Aber Sie haben heute Morgen auch noch keine Tablette gekriegt, nicht?
    Nein ich soll mich jetzt nach dem Frühstück melden im Kreissaal, dann geht es weiter. "

    Professor Dudenhausen leitet die Kliniken für Geburtsmedizin an der Berliner Charité. Ingesamt sind es 150 Betten. 6000 Mütter entbinden hier pro Jahr. Bei ca. jeder 1000. Schwangeren diagnostizieren die Ärzte allerdings einen Tumor. Mit steigender Tendenz. Denn bestimmte Krebsarten wie der Muttermundkrebs häufen sich, vor allem bei jüngeren Frauen. Außerdem werden auch immer ältere Frauen schwanger – mit steigendem Krebsrisiko. Trotzdem sind diese Fälle für die Mediziner alles andere als Routine.


    "Deshalb ist es wichtig, dass dieses Zusammentreffen konzentriert wird an einigen Stellen, in Kliniken oder Praxen, die sich damit besonders befassen. Und da es das in Deutschland noch nicht so gibt, haben wir uns gesagt, wir sind bereit, überhaupt mal Daten zu sammeln. Es ist gar nicht bekannt, wie der Verlauf von bösartigen Erkrankungen durch die Schwangerschaft verändert wird, oder wie die Schwangerschaft durch die bösartigen Erkrankungen verändert wird. Was trifft das Kind? Was macht man, mit der Behandlung der Mutter, am Kind? "

    In dem neuen Kompetenzzentrum für schwangere Krebskranke werden aber nicht nur Patientinnen erfasst, die in der Geburtsklinik der Charité behandelt werden. Den Experten ist auch das Zentrum für Trophoblast-Tumore beigeordnet, das sind Tumore am Mutterkuchen. Häufig werden krebskranke werdende Mütter jedoch von einem Internisten oder Gynäkologen behandelt. Bei Brustkrebs beispielsweise im Brustkrebszentrum. Das Kompetenzzentrum will diesen Spezialisten mit Hilfe eigener Studien und wissenschaftlichen Datensammlungen Ratschläge geben:

    "Es gibt zum Beispiel, wenn Sie eine Schwangere mit einer Leukämie behandeln, mit zum Beispiel irgendwelchen Medikamenten, die diese Zellvermehrung behindern, dann gehen diese Medikamente über den Mutterkuchen auf das Kind über und wirken auch auf die Zellvermehrung dieser Blutzellen beim Kind. Und das kann man überwachen und dann kann man den Moment finden, wo das Kind das noch mitmacht, und wo es vielleicht doch in einen Grenzbereich kommt. "

    Auch bei der Bestrahlung sind in der Schwangerschaft Grenzen gesetzt. Und bei Operationen des Muttermunds beispielsweise müssen die Chirurgen an die bevorstehende Geburt denken. Das Kompetenzzentrum für Krebs in der Schwangerschaft an der Charité will viele Frauen an wissenschaftlichen Studien beteiligen und ist zunächst für ein ganz bestimmtes Einzugsgebiet konzipiert.

    "Das ist der Nordenosten Deutschlands. Dass wir uns bemühen, durch Kooperation, nicht durch Heranziehen von Patienten, sondern durch Kooperation mit anderen Einheiten, dann kann das weiter gehen. Dann kann das sicherlich auch in den Westen bis Niedersachsen oder so gehen. "

    Aber auch wenn die schwangere krebskranke Patientin beispielsweise in Freiburg wohnt, kann die Charite schnell und unbürokratisch helfen, verspricht Prof. Dudenhausen.

    "Da werden wir schon eine Beratung oder jemanden finden, der in der Nähe der Patienten ist und zu dem Thema Kompetenz sich äußern kann. "