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Erstmals embryonale Stammzellen von Primaten geklont

Biologie. - US-Forscher aus Oregon haben erstmals einen Affen geklont, um maßgeschneiderte embryonale Stammzellen zu gewinnen. Wie das Fachjournal "Nature" berichtet, sei damit gezeigt, dass therapeutisches Klonen bei Primaten grundsätzlich möglich ist. Ein unabhängiges Forscherteam habe die Arbeiten bestätigt.

Moderation: Marieke Degen |
    Marieke Degen: Wie sind die Forscher aus Oregon denn eigentlich vorgegangen?

    Volkart Wildermuth: Shoukhrat Mitalipov vom Oregon National Primate Center war im Sommer sehr zugeknöpft, wollte gar nichts verraten. Jetzt kann man es endlich nachlesen, und da zeigt sich: Der erste Schritt der Forscher war ganz klassisch die Methode "Dolly". Die haben nämlich Affen-Eizellen genommen, haben die DNA, die Erbsubstanz aus diesen Eizellen entfernt, und dann haben sie Hautzellen eines erwachsenen Rhesusaffen - der war neun Jahre alt, also schon ein reifes Alter für diese Affenart -, die haben sie genommen und deren Erbsubstanz in diese Eizellen hinein gebracht. Die wurde dadurch verjüngt und konnte die Embryonalentwicklung anstoßen. Dann kam Schritt zwei: Als diese Embryonen so 100 Zellen groß waren, da hat Shoukhrat Mitalipov die innere Zellmasse genommen, herausgebracht ins Labor, mit einigen Tricks weitervermehrt. Und dann konnte er nachweisen, dass es sich dort tatsächlich um diese heiß begehrten embryonalen Stammzellen handelt. Sie sind beliebig vermehrbar, das ist das eine. Das andere ist: Sie lassen sich in ganz viele Gewebetypen verwandeln, in Nervenzellen, Herzzellen und so weiter. Und das heißt, in Oregon ist es wirklich gelungen, embryonale Stammzellen von Rhesusaffen zu klonen.

    Degen: Das haben jetzt auch schon viele Wissenschaftler erfolglos versucht. Was hat Mitalipov denn anders gemacht als seine Kollegen?

    Wildermuth: Er selbst glaubt, dass es damit zusammenhängt, wie er die Eizellen behandelt hat. Eizellen von Affen und auch von Menschen sind sehr empfindlich, anders als die von Mäusen. Bisher hat man immer so einen Farbstoff genommen, um die Erbsubstanz sichtbar zu machen und sie dann rausholen zu können. Dieser Erbfarbstoff war so ein bisschen schädlich, deshalb hat Shoukhrat Mitalipov andere Mikroskope verwendet mit polarisiertem Licht. Da konnte er ohne den Farbstoff auskommen. Das glaubt er ist sein Schlüssel zum Erfolg.

    Degen: Die geklonten menschlichen Stammzellen des Stammzellforschers Hwang haben sich ja als Fälschung entpuppt. Daran erinnern wir uns alle noch ganz gut. Wie können sich die Forscher denn diesmal sicher sein?

    Wildermuth: "Nature" hat nicht nur einen, sondern gleich zwei Artikel veröffentlicht. Einmal den aus Oregon von Mitalipov und zum anderen einen, der diese Arbeit direkt überprüft hat. Die Forscher sind extra nach Oregon geflogen, haben Shoukhrat Mitalipov ganz genau auf die Finger geschaut, wie er DNA aus diesen beiden Zelllinien, den embryonalen Stammzelllinien, isoliert hat, wie er DNA dieses alten Affen und auch DNA der Eizellspenderin, auch ebenfalls Rhesusaffen, gewonnen hat. Diese DNA haben sie eingepackt, sind nach Kalifornien geflogen und haben sie dort dann mit dem genetischen Fingerabdruck verglichen. Da zeigte sich eindeutig: Diese embryonalen Stammzelllinien stammten von dem alten Affen - etwas was eigentlich gar nicht sein kann. Alte DNA ist wirklich verjüngt worden. Die einzige Ausnahme, das sind die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien. Die haben eigene Erbsubstanz, die stammt von der Eizellspenderin. Aber das ist bei der Methode "Dolly" so üblich. Also unterm Strich ist das ein Zeugnis Eins plus. Er hat es wirklich geschafft.

    Degen: Was kann man jetzt überhaupt mit den geklonten Zellen anstellen?

    Wildermuth: Da gibt es verschiedene Anwendungen: Das eine Ziel, das immer in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist das therapeutische Klonen. Das Herstellen von maßgeschneiderten Zellen für einen bestimmten Patienten, die dann auch in der Therapie nicht abgestoßen werden. Da muss man allerdings ein bisschen vorsichtig sein. Shoukhrat Mitalipov hat insgesamt 304 Eizellen benötigt, um dann am Ende zwei Stammzelllinien zu erzeugen. Das sind wirklich Zahlen, das kann man sich schwer vorstellen, wie das praktisch in der Medizin genutzt werden sollen. Woher sollen alle diese Eizellen kommen? Welche Frau ist bereit, so viele Eizellen zu spenden, sich einer Hormonbehandlung zu unterziehen? Ob das realistisch ist, das therapeutische Klonen - das wage ich zu bezweifeln. Es gibt eine andere Anwendung, und da wird es vielleicht drauf hinauslaufen. Das ist das sogenannte Forschungsklonen. Auch da werden Zellen vom Patienten geklont, aber nicht, um die Patienten nachher zu heilen, sondern um diese Zellen dann zu beobachten, das Entstehen der Krankheit von Anfang an zu studieren. Dieses Forschungsklonen ist eine lohnenswerte Aufgabe. Da wird der Ansatz von Shoukhrat Mitalipov sicher weiterhelfen.