
Hintergrund ist ein 2017 gestartetes Großprojekt, bei dem mehr als tausend nicht identifizierte menschliche Schädel aus dem früheren deutschen Kolonialgebiet Deutsch-Ostafrika untersucht wurden. Mehr als 900 Schädel konnten den heutigen Gebieten von Ruanda, Tansania und Kenia zugeordnet werden.
Zu acht dieser Schädel wurden demnach "ausreichend Informationen" zusammengetragen, so dass eine Suche nach konkreten Nachfahren aussichtsreich erschien. Die genetischen Daten der Schädel wurden daraufhin mit der DNA aus Speichelproben möglicher Nachfahren verglichen. Dazu seien Proben von zehn lebenden Menschen aus Tansania beschafft worden.
Direkter Nachfahre gefunden
Für einen Schädel wurde eine vollständige Übereinstimmung mit einem heute noch lebenden Mann festgestellt. Hilfreich sei für die Forscher der auf dem Schädel überlieferte Titel "Akida" gewesen. Dieser deutete darauf hin, dass der Verstorbene ein ranghoher Berater Mangi Melis (1866-1900), ein Anführer des Volks der Chagga, gewesen sein könnte. Die Übereinstimmung bestätigte diese Annahme. Für eine andere Familie - ebenfalls aus dem Volk der Chagga im heutigen Tansania - wurde bei zwei weiteren der acht untersuchten Schädel eine fast vollständige Übereinstimmung der väterlichen Linien identifiziert. Eine direkte biologische Verwandtschaft in ununterbrochener väterlicher Linie sei in diesen Fällen zumindest "wahrscheinlich", hieß es.
Parzinger: "Kleines Wunder"
Stiftungspräsident Parzinger erklärte, so eine Übereinstimmung zu finden, sei ein kleines Wunder. Trotz sorgfältigster Provenienzforschung werde es wahrscheinlich eher ein seltener Fall bleiben. Angehörige und die Regierung von Tansania sollten zeitnah informiert werden.
Die Schädel waren während der Zeit des Deutschen Kaiserreichs von 1871 bis 1918 nach Deutschland gebracht worden. Untersuchungen an ihnen dienten damals dazu, rassistisches Gedankengut zu untermauern. Die zunächst in der Berliner Charité gelagerten Schädel wurden der SPK 2011 übergeben und in langwieriger Arbeit gereinigt und konserviert. An der folgenden Identifizierung beteiligten sich Forscher der verschiedensten Fachrichtungen.