Ob eine Opernaufführung, ein Konzert oder gar ein ganzes Festival gelingt, das hängt von vielerlei Faktoren ab. Natürlich kann man Stars einkaufen und Publikumsrenner programmieren, aber das ist noch keinerlei Garantie für jenes merkwürdige Metaphysicum mit dem Namen Festspiele.
Die Salzburger Osterfestspiele tragen ihren Namen diesmal zu recht. Nach einigen äußerst blassen Jahren stellte sich immerhin in den Konzerten jener Zauber ein, den man auch angesichts der überdimensionierten Kartenpreise erwarten darf. Vor allem die von Peter Sellars kongenial ritualisierte Matthäuspassion ist ein Meilenstein nicht nur für Salzburg, sondern für die Gattung Oratorium schlechthin. Vorbei die Zeiten des müden Vom-Blatte-Singens frontal zum Publikum, vorbei das überkandidelte Bebildern der Leidensgeschichte Jesu', vorbei auch das Überfrachten der spirituellen Klänge und Klagen durch tänzerischen Pomp.
Der in früheren Inszenierungen gern mal zum Kitsch neigende Sellars hat das Wunder vollbracht, durch sanftes, tastendes in Szene Setzen die Matthäuspassion ebenso überzeitlich darzustellen wie konkret erlebbar zu machen. Judas und Pilatus sind im Rang des Großen Festspielhauses positioniert, weit entfernt von Jesus, der auf einem Bühnenpodium meist regungslos verharrt. Die weiteren 'Protagonisten' wandern an ihm vorbei, gruppieren sich zu immer neuen Ensembles, vermischen sich mit dem von Simon Halsey hervorragend einstudierten Rundfunkchor Berlin (der bisweilen ergänzt wird durch den passablen Kinderchor der Salzburger Festspiele).
Simon Rattle dirigiert seine Berliner Philharmoniker von unterschiedlichen Orten aus, er wechselt, wie die Musiker, oft die Position. Dabei stimmt jede Bewegung, jede Geste, jedes Zeichen und besonders klug ist Sellars Idee, den Evangelisten manchmal in die Rolle Jesu' schlüpfen zu lassen und damit den Außenseiter, den radikal Anderen, momentweise zu involvieren. Der Abend wird besonders intensiv, als das Volk zwischen Mitleid und jähem Zorn schwankt oder als Magdalena Kožená zusammengesunken um Erbarmen fleht.
Wie eine Pietà wirken manche Bilder, doch bei aller Verklärung gibt es auch drastisches, etwa den sehr realen Judaskuss. Auch dank formidabler Solisten wie Christian Gerhaher (Jesus), Mark Padmore (Evangelist) oder Camilla Tilling (Sopran-Soli), ist diese Produktion eine Sensation. Als Kontrast zum Passionsritual gab es anderntags etwas für eher irdische Gemüter. Rattle ließ die Berliner zunächst mit György Ligetis raumgreifenden Atmosphères tief ein- und ausatmen, doch plötzlich änderte sich die Stimmung.
Die Sänger-Performerin Barbara Hannigan entäußerte sich bis aufs Äußerste und interpretierte – in Lack- und Ledermontur – Ligetis Mysteries of the Macabre. Hier entsteht innerhalb von nur acht Minuten eine dadaistische Sprach- und Singwelt, in der ausschließlich der Wahn Sinn macht – ein fulminanter, wütender Kontrapunkt zu allem Heilsgeschehen.
Als weitere Eindrücke dieses Osterfestspieljahrgangs bleiben eine schöne Aufführung von Berlioz' Symphonie fantastique und ein überragendes Verdi-Requiem, geleitet, vielmehr zelebriert, von Mariss Jansons. Und natürlich die aus Aix importierte "Götterdämmerung", die freilich kaum der Rede wert ist. Bei Rattle wird der lange Abend zur Nummernrevue, es gibt keinen großen Bogen, etliche Solisten schwächeln, dazu findet eine Nicht-Inszenierung des Franzosen Stéphane Braunschweig statt. Immerhin ist das lahme Wagnertheater nach vier Jahren nun endlich vorbei und man darf sich auf 2011 freuen, wenn Stefan Herheim an der Salzach Salome inszeniert.
Die Salzburger Osterfestspiele tragen ihren Namen diesmal zu recht. Nach einigen äußerst blassen Jahren stellte sich immerhin in den Konzerten jener Zauber ein, den man auch angesichts der überdimensionierten Kartenpreise erwarten darf. Vor allem die von Peter Sellars kongenial ritualisierte Matthäuspassion ist ein Meilenstein nicht nur für Salzburg, sondern für die Gattung Oratorium schlechthin. Vorbei die Zeiten des müden Vom-Blatte-Singens frontal zum Publikum, vorbei das überkandidelte Bebildern der Leidensgeschichte Jesu', vorbei auch das Überfrachten der spirituellen Klänge und Klagen durch tänzerischen Pomp.
Der in früheren Inszenierungen gern mal zum Kitsch neigende Sellars hat das Wunder vollbracht, durch sanftes, tastendes in Szene Setzen die Matthäuspassion ebenso überzeitlich darzustellen wie konkret erlebbar zu machen. Judas und Pilatus sind im Rang des Großen Festspielhauses positioniert, weit entfernt von Jesus, der auf einem Bühnenpodium meist regungslos verharrt. Die weiteren 'Protagonisten' wandern an ihm vorbei, gruppieren sich zu immer neuen Ensembles, vermischen sich mit dem von Simon Halsey hervorragend einstudierten Rundfunkchor Berlin (der bisweilen ergänzt wird durch den passablen Kinderchor der Salzburger Festspiele).
Simon Rattle dirigiert seine Berliner Philharmoniker von unterschiedlichen Orten aus, er wechselt, wie die Musiker, oft die Position. Dabei stimmt jede Bewegung, jede Geste, jedes Zeichen und besonders klug ist Sellars Idee, den Evangelisten manchmal in die Rolle Jesu' schlüpfen zu lassen und damit den Außenseiter, den radikal Anderen, momentweise zu involvieren. Der Abend wird besonders intensiv, als das Volk zwischen Mitleid und jähem Zorn schwankt oder als Magdalena Kožená zusammengesunken um Erbarmen fleht.
Wie eine Pietà wirken manche Bilder, doch bei aller Verklärung gibt es auch drastisches, etwa den sehr realen Judaskuss. Auch dank formidabler Solisten wie Christian Gerhaher (Jesus), Mark Padmore (Evangelist) oder Camilla Tilling (Sopran-Soli), ist diese Produktion eine Sensation. Als Kontrast zum Passionsritual gab es anderntags etwas für eher irdische Gemüter. Rattle ließ die Berliner zunächst mit György Ligetis raumgreifenden Atmosphères tief ein- und ausatmen, doch plötzlich änderte sich die Stimmung.
Die Sänger-Performerin Barbara Hannigan entäußerte sich bis aufs Äußerste und interpretierte – in Lack- und Ledermontur – Ligetis Mysteries of the Macabre. Hier entsteht innerhalb von nur acht Minuten eine dadaistische Sprach- und Singwelt, in der ausschließlich der Wahn Sinn macht – ein fulminanter, wütender Kontrapunkt zu allem Heilsgeschehen.
Als weitere Eindrücke dieses Osterfestspieljahrgangs bleiben eine schöne Aufführung von Berlioz' Symphonie fantastique und ein überragendes Verdi-Requiem, geleitet, vielmehr zelebriert, von Mariss Jansons. Und natürlich die aus Aix importierte "Götterdämmerung", die freilich kaum der Rede wert ist. Bei Rattle wird der lange Abend zur Nummernrevue, es gibt keinen großen Bogen, etliche Solisten schwächeln, dazu findet eine Nicht-Inszenierung des Franzosen Stéphane Braunschweig statt. Immerhin ist das lahme Wagnertheater nach vier Jahren nun endlich vorbei und man darf sich auf 2011 freuen, wenn Stefan Herheim an der Salzach Salome inszeniert.