Kate Maleike: Im Moment, kann man fast schon sagen, vergeht kaum noch ein Tag, an dem wir nicht aus einem der Bundesländer wieder etwas Neues hören rund um die Themen Studiengebühren oder Hochschulreform. Der Wettbewerb ist eben in vollem Gange. Das kann man auch gut an der Wortwahl ablesen, denn es hagelt förmlich Superlative aus den Ministerien - vom "bundesweit ersten" oder "modernsten" oder "sozialverträglichsten" oder sogar "freiheitlichsten" Gesetz ist da die Rede. In Bayern soll es gleich die größte Hochschulreform seit 30 Jahren werden, das Kabinett gab dazu gestern grünes Licht. Am Telefon ist Thomas Goppel, der Wissenschaftsminister des Freistaates. Was planen Sie denn so Bahnbrechendes? Was sind die Eckpunkte der Hochschulreform?
Thomas Goppel: Also erst mal stimmt wirklich, dass wir 1972 das letzte Mal sozusagen ganz groß mit dem Hochschulgesetz angefangen haben und dass das 1998 zwar grundrenoviert worden ist. Aber jetzt ist im Gegensatz zu damals: Das Ministerium beauftragt Universitäten, seine Aufträge durchzuführen. Ein Gesetz, das zum Ergebnis hat, die Universitäten erledigen die Ausbildung junger Leute, die in akademische Berufe wollen, und das Ministerium sorgt dafür, dass sie dabei nicht an Geldknappheit zugrunde gehen.
Maleike: Das heißt, Sie geben mehr Autonomie und nicht nur den Universitäten, wahrscheinlich auch den Fachhochschulen?
Goppel: Für mich ist das in der Hochschule eins, da bitte ich um Nachsicht, weil mir die Fachhochschulen so am Herzen liegen, dass ich sie gleich unter den Titel nehme. Denn wenn ich teile, habe ich schon wieder einen Grund geliefert, sie womöglich schlechter zu behandeln.
Maleike: Was konkret haben Sie denn noch nach ’98 draufgelegt? Sie haben ’98 zum Beispiel modernes Management möglich gemacht, mit der Einführung von Hochschulräten. Was kommt jetzt darüber hinaus noch an Freiheit auf die Hochschulen zu?
Goppel: Der Hochschulrat von damals war eine Art "Guru"-Gremium, das der Hochschule von außen zusätzliche Ratschläge gegeben hat. Dann hat der Senat mit dem Präsidenten und mit den einschlägigen Gremien die Hochschule weiter geleitet. Jetzt ist der Hochschulrat die Hälfte des Aufsichtsrates, der alle Prinzipien der Hochschule festlegt, und hat gleichzeitig die Aufgaben des Verwaltungsrates. Der Präsident wird davon abgesetzt und leitet die Hochschule, ohne eine entsprechende Einrede der besonderen Art. Aber er ist in der Planung an den Hochschulrat gebunden. Und wir im Ministerium ziehen uns zurück. Der Hochschulrat beschließt alle Verordnungen, alle Studiengänge, alles, was da ist, in eigener Kraft. Er hat lediglich mit uns eine Zielvereinbarung je Jahr, in der aufgeschrieben wird, wie die wichtigsten Entwicklungen aussehen. Da sagen wir: Wenn die kommt, kriegst’e Geld. Und das wird ausgewiesen, kommt wenn die Hochschule das entsprechend beantragt – da gibt es eine Öffnungsklausel, die ganz wichtig ist im Zusammenhang mit unserem Gesetz –, kriegt einen Globalhaushalt und bewirtschaftet selbst.
Maleike: Damit ich das jetzt richtig verstehe, Herr Goppel, noch mal nachgefragt: Das heißt, Sie wollen mit jeder einzelnen Hochschule im Freistaat eine Zielvereinbarung jedes Jahr neu definieren, um darüber zu klären, wie viel Geld denn diese Hochschule bekommt?
Goppel: Genau so. Im ersten Anlauf ist es ein Jahr und dann werden wir sehen – es kann sein, dass es dann auch ein bisschen länger wird, wie bei Legislaturperioden im Landtag, nicht gleich fünf, aber zwei Jahre könnten es schon auch werden.
Maleike: Werden die Hochschulen auch ihr Personal selbst einstellen können?
Goppel: Im Wesentlichen ja. Das Einzige, was ich am Ende mache, ist meinen Servus unter den Berufungsvertrag, um sicherzustellen, dass wir immer auf hohe Qualität achten und dass wir uns im Lande insgesamt in einer Weise ergänzen, die den Studierenden, wenn sie sich melden, bayernweit jedes Thema als mögliches Studienthema offeriert. Die Studenten sind das Maß und deswegen will ich am Ende beim Personal noch einmal einen Blick darauf werfen, damit wir nicht zu einseitig werden.
Maleike: Die Studenten sind das Maß, haben Sie gesagt. Gerade in dieser Woche und in der letzten gab es wieder Proteste gegen die Studiengebühren, die Sie ja auch planen. Aber die Reform ist definitiv verbunden mit den Studiengebühren?
Goppel: Wir reden nicht mehr von Studiengebühren, das würde nämlich den Finanzminister schon wieder auf den Plan rufen. Studiengebühren, ...
Maleike: Studienbeiträge.
Goppel: Ja ich bitte um Nachsicht, das ist ganz, ganz wichtig. Denn eine Gebühr ist ein Anteil dessen, was der Staat für die Hochschule leistet. Und ein Studienbeitrag ist ein Plus, das Studenten zahlen, damit Wünsche, die sie über das Normalmaß der Hochschule hinaus haben, auch erfüllt werden können. Dass sie sie so oft geäußert haben in den letzten Jahren, die Damen und Herren Studenten, Studierenden, wissen wir, wie diese Wünsche aussehen – wissen auch, dass der Finanzminister dafür kein Geld drauflegt. Und deswegen vereinbaren wir mit ihnen für die Zukunft, dass eine feste Beitragsleistung erfolgt, von der die Universität aber dann, wenn sie sie einfordert, den Studierenden Rechenschaft zu legen hat, sich selbst und den Studierenden, wie sie ausgegeben hat. Da wird gegenseitig überprüft und der Finanzminister auch vor der Tür gehalten.
Maleike: Das heißt, im Moment bleibt es bei den Gebührenplänen – oder Beitragsplänen?
Goppel: Ja, es bleibt bei den Beitragsplänen. Sie sollen 2007 im Sommersemester erstmals eingehoben werden.
Maleike: Nun sind Sie ja nicht mit Ihrem Landeshochschulgesetz ganz allein, auch andere Bundesländer planen kräftig. Glauben Sie nicht, dass es sinnvoll wäre, sich da ein bisschen mehr zu vernetzen, damit man bestimmte Dinge – zum Beispiel die Studienbeiträge – auch einheitlich regeln könnte?
Goppel: Wenn die Damen und Herren auf der A-Seite in dieser Frage konstruktiv mitgewirkt hätten – also auf der Seite der SPD-Länder –, dann wäre das möglich. Aber so zu Teillösungen ist es schwierig, definitiv zu kommen. Trotzdem sind wir unter den Ländern, die sie einführen wollen, die Studienbeiträge, ziemlich einig, dass wir mithilfe der KfW und der Landesbanken uns ähnliche Konditionen beschaffen, weil natürlich auch Studierende, die von Oldenburg nach München oder von München nach Frankfurt oder Darmstadt wollen, letztlich im Gesamtkonzept ja in Deutschland studieren sollen, ohne deswegen ständig in irgendwelche Zusatzvereinbarungen hineinzufallen.
Servicestelle der Bayerischen Staatsregierung
Telefonaktion am 8.12.2005 von mit Wissenschaftsminister Dr. Goppel zum Thema Studienbeiträge
Thomas Goppel: Also erst mal stimmt wirklich, dass wir 1972 das letzte Mal sozusagen ganz groß mit dem Hochschulgesetz angefangen haben und dass das 1998 zwar grundrenoviert worden ist. Aber jetzt ist im Gegensatz zu damals: Das Ministerium beauftragt Universitäten, seine Aufträge durchzuführen. Ein Gesetz, das zum Ergebnis hat, die Universitäten erledigen die Ausbildung junger Leute, die in akademische Berufe wollen, und das Ministerium sorgt dafür, dass sie dabei nicht an Geldknappheit zugrunde gehen.
Maleike: Das heißt, Sie geben mehr Autonomie und nicht nur den Universitäten, wahrscheinlich auch den Fachhochschulen?
Goppel: Für mich ist das in der Hochschule eins, da bitte ich um Nachsicht, weil mir die Fachhochschulen so am Herzen liegen, dass ich sie gleich unter den Titel nehme. Denn wenn ich teile, habe ich schon wieder einen Grund geliefert, sie womöglich schlechter zu behandeln.
Maleike: Was konkret haben Sie denn noch nach ’98 draufgelegt? Sie haben ’98 zum Beispiel modernes Management möglich gemacht, mit der Einführung von Hochschulräten. Was kommt jetzt darüber hinaus noch an Freiheit auf die Hochschulen zu?
Goppel: Der Hochschulrat von damals war eine Art "Guru"-Gremium, das der Hochschule von außen zusätzliche Ratschläge gegeben hat. Dann hat der Senat mit dem Präsidenten und mit den einschlägigen Gremien die Hochschule weiter geleitet. Jetzt ist der Hochschulrat die Hälfte des Aufsichtsrates, der alle Prinzipien der Hochschule festlegt, und hat gleichzeitig die Aufgaben des Verwaltungsrates. Der Präsident wird davon abgesetzt und leitet die Hochschule, ohne eine entsprechende Einrede der besonderen Art. Aber er ist in der Planung an den Hochschulrat gebunden. Und wir im Ministerium ziehen uns zurück. Der Hochschulrat beschließt alle Verordnungen, alle Studiengänge, alles, was da ist, in eigener Kraft. Er hat lediglich mit uns eine Zielvereinbarung je Jahr, in der aufgeschrieben wird, wie die wichtigsten Entwicklungen aussehen. Da sagen wir: Wenn die kommt, kriegst’e Geld. Und das wird ausgewiesen, kommt wenn die Hochschule das entsprechend beantragt – da gibt es eine Öffnungsklausel, die ganz wichtig ist im Zusammenhang mit unserem Gesetz –, kriegt einen Globalhaushalt und bewirtschaftet selbst.
Maleike: Damit ich das jetzt richtig verstehe, Herr Goppel, noch mal nachgefragt: Das heißt, Sie wollen mit jeder einzelnen Hochschule im Freistaat eine Zielvereinbarung jedes Jahr neu definieren, um darüber zu klären, wie viel Geld denn diese Hochschule bekommt?
Goppel: Genau so. Im ersten Anlauf ist es ein Jahr und dann werden wir sehen – es kann sein, dass es dann auch ein bisschen länger wird, wie bei Legislaturperioden im Landtag, nicht gleich fünf, aber zwei Jahre könnten es schon auch werden.
Maleike: Werden die Hochschulen auch ihr Personal selbst einstellen können?
Goppel: Im Wesentlichen ja. Das Einzige, was ich am Ende mache, ist meinen Servus unter den Berufungsvertrag, um sicherzustellen, dass wir immer auf hohe Qualität achten und dass wir uns im Lande insgesamt in einer Weise ergänzen, die den Studierenden, wenn sie sich melden, bayernweit jedes Thema als mögliches Studienthema offeriert. Die Studenten sind das Maß und deswegen will ich am Ende beim Personal noch einmal einen Blick darauf werfen, damit wir nicht zu einseitig werden.
Maleike: Die Studenten sind das Maß, haben Sie gesagt. Gerade in dieser Woche und in der letzten gab es wieder Proteste gegen die Studiengebühren, die Sie ja auch planen. Aber die Reform ist definitiv verbunden mit den Studiengebühren?
Goppel: Wir reden nicht mehr von Studiengebühren, das würde nämlich den Finanzminister schon wieder auf den Plan rufen. Studiengebühren, ...
Maleike: Studienbeiträge.
Goppel: Ja ich bitte um Nachsicht, das ist ganz, ganz wichtig. Denn eine Gebühr ist ein Anteil dessen, was der Staat für die Hochschule leistet. Und ein Studienbeitrag ist ein Plus, das Studenten zahlen, damit Wünsche, die sie über das Normalmaß der Hochschule hinaus haben, auch erfüllt werden können. Dass sie sie so oft geäußert haben in den letzten Jahren, die Damen und Herren Studenten, Studierenden, wissen wir, wie diese Wünsche aussehen – wissen auch, dass der Finanzminister dafür kein Geld drauflegt. Und deswegen vereinbaren wir mit ihnen für die Zukunft, dass eine feste Beitragsleistung erfolgt, von der die Universität aber dann, wenn sie sie einfordert, den Studierenden Rechenschaft zu legen hat, sich selbst und den Studierenden, wie sie ausgegeben hat. Da wird gegenseitig überprüft und der Finanzminister auch vor der Tür gehalten.
Maleike: Das heißt, im Moment bleibt es bei den Gebührenplänen – oder Beitragsplänen?
Goppel: Ja, es bleibt bei den Beitragsplänen. Sie sollen 2007 im Sommersemester erstmals eingehoben werden.
Maleike: Nun sind Sie ja nicht mit Ihrem Landeshochschulgesetz ganz allein, auch andere Bundesländer planen kräftig. Glauben Sie nicht, dass es sinnvoll wäre, sich da ein bisschen mehr zu vernetzen, damit man bestimmte Dinge – zum Beispiel die Studienbeiträge – auch einheitlich regeln könnte?
Goppel: Wenn die Damen und Herren auf der A-Seite in dieser Frage konstruktiv mitgewirkt hätten – also auf der Seite der SPD-Länder –, dann wäre das möglich. Aber so zu Teillösungen ist es schwierig, definitiv zu kommen. Trotzdem sind wir unter den Ländern, die sie einführen wollen, die Studienbeiträge, ziemlich einig, dass wir mithilfe der KfW und der Landesbanken uns ähnliche Konditionen beschaffen, weil natürlich auch Studierende, die von Oldenburg nach München oder von München nach Frankfurt oder Darmstadt wollen, letztlich im Gesamtkonzept ja in Deutschland studieren sollen, ohne deswegen ständig in irgendwelche Zusatzvereinbarungen hineinzufallen.
Servicestelle der Bayerischen Staatsregierung
Telefonaktion am 8.12.2005 von mit Wissenschaftsminister Dr. Goppel zum Thema Studienbeiträge