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"Es blitzt in der Lederhose"

Auf dem Weg von Berlin Richtung Süden - an der A9 - liegt circa 30 Kilometer hinter der Landesgrenze von Thüringen eine Gemeinde mit etwa 250 Einwohnern, einer Dorfstraße und einer Hauptstraße. Der Ort hat seit 2009 eine eigene Autobahnabfahrt. Er heißt: Lederhose.

Von Götz Gerson |
    "Letztes Jahr kam das Gerücht auf, der Ort solle nach Bayern eingemeindet werden und es sollten dort Lederhosen hergestellt werden."

    Ein Gerücht, wie gesagt. Claudia, die Tochter der Apothekerin, hat es aufgeschnappt. Aber der Reihe nach – vor 725 Jahren wurde die Gemeinde das erste Mal urkundlich erwähnt, soll aber viel älter sein und auf eine slawische Siedlung zurückgehen. Mehr weiß die Apothekerin Marion Heidenreich aus einem der Nachbardörfer. Sie wuchs in Lederhose auf und kennt natürlich auch das alte, verschwundene Wappen: ein dreibeiniger Hase war da zu sehen.

    "Das erste Wappen war auf der nicht mehr erhaltenen Feuerwehrspritze zu sehen ... das hat slawische Wurzeln ... Die Slawen trieben sich hier herum ... .wir hier sprechen "Hase" ja so ähnlich wie "Hose" aus ... .deshalb der Name."

    Von unserem Treffpunkt, dem kleinen "Hexenhäuschen" mit den vielen Fläschchen und Döschen in den Regalen hinaus in ihren riesigen Garten sind es nur ein paar Schritte – und schon erfährt man Interessantes über die Klostermedizin – ihr hat sich Marion Heidenreich verschrieben - mit ihrem Klostergarten.

    "Der besteht aus verschiedenen Teilen, mit der Symbolkraft vier: vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten, vier Säfte lehre ... hier werden die Kräuter angebaut, die dann als Arznei verwendet werden. Dann gibt es noch die Maria-Symbol-Pflanzen ... das Beet der Färbepflanzen. Viele Krankheiten konnte man sich ja früher nicht erklären, also gibt es auch Zauberpflanzen: Oregano, Schnittlauch und Rosmarin und Lavendel. Und im Mittelpunkt der Holunder, den findet man auch an vielen alten Bauerhöfen, weil er vor Krankheiten und Feuer schützt."

    Die Bewohner von Lederhose heißen übrigens Lederhoser – und sagen nicht "wir fahren nach Lederhose, sondern" wir fahren in die Lederhose!"

    Focken Schmidt organisiert nicht nur Festlichkeiten in Lederhose, er ist auch seit vielen Jahren dort zu Hause und schüttelt die Geschichte aus dem Ärmel.

    "Das ist unser Floßbach, da wurde früher Holz in die Nachbargemeinde geflößt, um die Städte mit Brennholz zu versorgen ... Die Dorf Form ist eigentlich ein Haufendorf, die Felder sind in sogenannte Gelänge eingeteilt. Die Eisenbahn wurde hier um 1900 gebaut, auf Anregung der Fabrikanten, die brauchten ein Transportmittel für Kohle und Rohmaterialien .Es gab Personen-und Güterverkehr. Der Personenverkehr ging bis in die 60er-Jahre, dann wurde sie erst stillgelegt, dann aber von der Roten Armee wieder aktiviert. Die hatte hier ein großes Tanklager. Sie ist dann bis 1990 betrieben worden."

    Eine beschauliche Landschaft mit ein paar Häusern dazwischen. Wie gesagt, das war nicht immer so – und früher gab es manchmal über den Verkehrsfunk solche Meldungen, erinnert sich Marion Heidenreich:

    "Bei uns vor der Tür stand dann oft der Polizeiblitzer und man hörte 'Vorsicht Autofahrer, es blitzt in der Lederhose.'"