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"Es gibt keine spezialgesetzlichen Regelungen zur Umweltwerbung"

Grüne Etikettenschwindel, "Greenwashing", ist in der Werbung üblich. Unabhängige Siegel wie der "Blaue Engel" sind die einzigen Orientierungshilfen, die einen vor der umweltverträglichen Irreführung schützen.

Katja Mrowka im Gespräch mit Theo Geers. | 29.11.2010
    Klimafreundlich einkaufen und ohne ein schlechtes Umweltgewissen konsumieren, wer will das nicht. Nur als Autofahrer oder Stromkunde oder in manchen anderen Lebensbereichen hat man schnell ein Problem, weil das eigene Tun an sich schon umweltbelastend ist. Doch es gibt Abhilfe, zumindest in der Werbung, denn auch die Unternehmen wissen, dass sich Grünes besser verkauft, und weil sie das wissen, geben sie sich gerne ein grünes Image, damit König Kunde wenigstens die Illusion bekommt, dass er ökologisch oder klimapolitisch korrekt einkauft. Greenwashing nennt man diese Form von Werbung.


    Theo Geers: Genau darüber will ich jetzt mit Katja Mrowka vom Verbraucherzentrale Bundesverband sprechen. Guten Tag, Frau Mrowka.

    Katja Mrowka: Hallo! Guten Tag.

    Geers: Frau Mrowka, was ist eigentlich Greenwashing?

    Mrowka: Geht man mal vom Wort aus, bedeutet es ja "grün waschen", grün in Anspielung auf das Symbol für Natur- und Umweltschutz und waschen halt im Sinne von Reinwaschen. Das ist eine kritische Bezeichnung für eine PR-Methode, die eben darauf zielt, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches, klimaschonendes, verantwortungsvolles Image zu verleihen.

    Geers: Das macht ja jetzt fast jedes Unternehmen, kein Unternehmen kommt um ein grünes Image herum. Können Sie ein paar Beispiele nennen?

    Mrowka: Ja. Besonders bekannt ist dieser Energieriese von RWE. Da gab es, im letzten Jahr war das allerdings schon, Spots über einen Riesen mit einer schönen Musik im Hintergrund. Der Riese ging dann halt durch die Natur und rollte grüne Rasen aus, stellte Wasserkraftwerke in den Fluss und zeigte halt, wie schön die Welt ist und wie schön man sie machen kann. Aber wenn man dann weiß, dass RWE überproportional auf klimaschädliche Kohle setzt und im Jahr 2007 zumindest nur etwa zwei Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen produzierte, dann ist da halt ein Missverhältnis.

    Geers: Sie erwähnten jetzt RWE, das ist im Grunde die Energiewirtschaft. Gibt es denn andere Branchen, oder ist es vor allem die Energiewirtschaft, wo Sie besonders häufig das Greenwashing beobachten können?

    Mrowka: Grundsätzlich ist es in allen Branchen, aber natürlich setzen die stark auf klimafreundliche Werbung, klimaschonende Werbung, die eben sehr viel CO2 verbrauchen, und das ist halt die Energiewirtschaft, das ist die Automobilindustrie und das sind halt auch Anbieter bei Strom verbrauchenden Geräten wie Waschmaschinen oder auch Stereoanlagen und Fernseher.

    Geers: Gibt es denn aus Verbrauchersicht, Frau Mrowka, ich sage mal tückische Werbeaussagen, die man als König Kunde oft gar nicht so auf den ersten Blick durchschaut und denen man dann auf den Leim geht?

    Mrowka: Besonders unverständlich sind zum Beispiel Schlagwörter wie "klimafreundlich", "klimaschonend", "klimaneutral". Diese Begriffe sind nicht geschützt oder definiert und so können sie eigentlich auch relativ willkürlich gebraucht werden. Ein anderes Beispiel sind etwa so generelle Aussagen, "verbraucht weniger Energie", was man ohne Vergleichswert oder Vergleichsangabe überhaupt nicht beurteilen kann, was das bedeutet.

    Geers: Wie kann ich denn diesen Etikettenschwindel erkennen und durchblicken vor allem?

    Mrowka: Das ist ehrlich gesagt ziemlich schwierig, da es eben keine gesetzlichen Regelungen gibt. Es gibt keine Definition für diese Wörter. Man muss sich wahrscheinlich schon ein bisschen mehr informieren, im Internet recherchieren. Man kann natürlich auch darauf achten, dass nicht nur mit diesen Schlagwörtern geworben wird, sondern dass es durchaus ein paar Erläuterungen gibt oder einen Hinweis, wo man sich näher informieren kann. Was natürlich auch hilft: Man kann sich orientieren an Siegeln wie zum Beispiel dem Blauen Engel, also Siegel, wo auch unabhängige Institutionen dahinter stehen und wo es halt unabhängige Kriterien dazu gibt.

    Geers: Mal anders gefragt und das Pferd von hinten aufgezäumt, Frau Mrowka. Gibt es eigentlich auch grüne Werbung, die aus Ihrer Sicht, also aus Sicht der Verbraucherschützer in Ordnung ist?

    Mrowka: Die gibt es durchaus. Das ist halt Werbung, die erläuternd wirkt. Zum Beispiel wenn jetzt nicht mit einer Aussage geworben wird, "weniger CO2-Emissionen", sondern genau gesagt wird, "benötigt weniger CO2-Emissionen als das Vorgängermodell, das so und so viel Kilowatt verbraucht hat" zum Beispiel, also wenn es eine Erläuterung gibt. Klar: In der Werbung kann man nicht alles erläutern, aber wenn es zum Beispiel auch einen Hinweis auf eine Internet-Seite oder eine Broschüre gibt, wo genau erklärt wird, worin denn die Einsparungen liegen.

    Geers: Was kann denn überhaupt gegen dieses Greenwashing in der Werbung unternommen werden? Es wirkt doch so ein bisschen wie der Wettlauf zwischen Hase und Igel. Immer wenn Verbraucherschützer einer Werbekampagne, die vielleicht nicht so koscher ist, hinterherlaufen, dann ist woanders schon längst eine neue wieder aufgetaucht.

    Mrowka: Ja, das ist richtig. Man muss halt hinterherlaufen und irgendwie Geduld bewahren. Es ist halt so: Es gibt keine spezialgesetzlichen Regelungen zur Umweltwerbung. Man kann aus wettbewerbsrechtlichen Gründen die Werbung angreifen, wenn sie irreführend ist. Wann ist sie irreführend? Das ist auch wieder Auslegungssache von Richtern. Deswegen muss man grundsätzlich selbst bewerten, ist es irreführend, und versuchen, rechtlich, wenn man meint, es ist schwerwiegend, dagegen vorgehen und gegebenenfalls wird die dann abgestellt. Aber Sie haben recht: An einer anderen Stelle kommt dann die neue Werbung wieder. Da muss man hinterherlaufen.

    Geers: Vielen Dank! – Das war Katja Mrowka vom Verbraucherzentrale Bundesverband über Greenwashing in der Werbung.