Manfred Götzke: Sie hören "Campus & Karriere" im Deutschlandfunk. In Wien hat gestern die Internationale Aids-Konferenz und gleich zu Beginn hat der Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft gesagt, worum es beim Thema Aids heute vor allem gehen muss, nämlich um den Kampf gegen Diskriminierung im Alltag oder auch am Arbeitsplatz. Ein ganz großes Problem ist das in vielen osteuropäischen Ländern, aber wie sieht es im scheinbar so toleranten Deutschland aus? Darüber möchte ich jetzt mit Dirk Meyer von der Aidshilfe Nordrhein-Westfalen sprechen, ich grüße Sie Herr Meyer!
Dirk Meyer: Guten Tag!
Götzke: Herr Meyer, Sie haben ja mit vielen Betroffenen zu tun, müssen HIV-Infizierte in Deutschland um ihren Job fürchten, wenn der Chef von der Krankheit weiß?
Meyer: Sie haben zumindest die Angst, dass sie sich um ihren Job fürchten müssen, weil wir bekommen viele Rückmeldungen, dass das Thema HIV und Aids am Arbeitsplatz ein großes Tabu ist, was vielleicht damit zusammenhängt, dass das Thema am Arbeitsplatz so selten eigentlich auftaucht. Also es sind circa 47.000 Menschen in Deutschland, die mit HIV arbeiten von 67.000, also gut zwei Drittel. Das sind auf der einen Seite viele, wenn man es so nimmt, aber das heißt umgekehrt auch einer von 1000 Beschäftigten ist HIV-infiziert. Und deshalb ist das immer noch eine große Ausnahme, wenn das Thema HIV am Arbeitsplatz öffentlich wird. Und wir bekommen es oftmals mit, dass sehr viele Ängste und Sorgen sind, dass es zu Mobbing bis hin zur Kündigung kommen kann.
Götzke: Wie sieht es denn in der Realität aus, wie verhalten sich die Arbeitgeber, wenn sie davon erfahren? Eher kooperativ oder eher ablehnend?
Meyer: Also ich würde sagen, der erste Punkt ist oftmals eine Verunsicherung gerade in kleinen bis mittleren Betrieben. Trotz 25 Jahre Aufklärung gibt es immer noch viele Dinge, die dann wieder hochkommen: Spielt HIV am Arbeitsplatz wirklich eine Rolle, kann es da Infektionen geben, also all das, was wir glauben, eigentlich seit 25 Jahren gut mit Information abzudecken, dass es kein Risiko im sozialen Alltag gibt, dass man tatsächlich eigentlich jede Arbeit machen kann als HIV-Infizierter, das bricht noch mal hoch und es gibt einen enormen Aufklärungs- und Informationsbedarf. Und da, wo der nicht gedeckt wird, da erleben wir auch schon, dass aus einer Verunsicherung und Unsicherheit heraus mit Ablehnung und Diskriminierung reagiert wird, und deshalb geben wir auch jetzt klassisch keine einfache Empfehlung, dass wir sagen könnten, wenn du infiziert bist, geh' auf deinen Arbeitgeber zu und sag was, sondern das muss sag ich mal sicherlich derjenige im Einzelfall entscheiden, so wie die Situation sich vor Ort darstellt.
Götzke: Aber der Patient muss es seinem Chef nicht sagen, dass er infiziert ist?
Meyer: Nein, ganz genau. Es gibt keinen sachlichen Grund, dass man von sich aus erst mal sagen müsste: Hallo, ich habe eine HIV-Infektion. Das ist oftmals ein Gefühl, das ganz viele erst mal haben, dass sie auch für sich überlegen, muss ich das jetzt sagen. Dazu gibt es erst mal keinen Grund. Es kann ein guter Grund individuell sein, weil man mit seinen Arbeitskollegen ein gutes und entspanntes Verhältnis hat, weil man auch mit seinen Kollegen offen umgehen möchte, wie man mit einer anderen chronischen Erkrankung auch am Arbeitsplatz umgehen möchte. Das kann Anlass sein zu sagen, ich möchte es aber tun, aber einen rechtlichen wie auch anderen Grund gibt es dazu nicht.
Götzke: Gibt es denn Jobs, die man auf keinen Fall machen kann mit Aids, mit HIV?
Meyer: Also ich würde im Augenblick mal ganz einfach sagen: Es gibt keinen Job, den man nicht machen könnte. Es gibt historisch gesehen ganz kleine Nischen, die teilweise noch Restbestände sind, also ich kann mal ein Beispiel nennen, weil das noch prominent ist: Wenn man Führer eines Flugzeugs werden möchte, zum Beispiel bei der Lufthansa, gibt es da im Augenblick noch Einschränkungen, das ist historisch bedingt. Medizinisch gesehen gibt es eigentlich heute auch keine Einschränkungen mehr, jemand, der eine HIV-Infektion hat, eine gute Therapie hat, ist genau so belastbar, kann genau so eingesetzt werden wie in allen anderen Bereichen auch. Deshalb, das sind so historische Entwicklungen, als die Behandlung noch nicht so gut war.
Götzke: Und im Krankenhaus, also wo Infektionen wahrscheinlicher sind, ist das auch kein Problem?
Meyer: Im Krankenhaus, vom Grundsatz her kann man auch erst mal sagen: kein Problem, da gibt es auch Empfehlungen der Medizinischen Fachgesellschaft zu. Man muss im einen darauf achten, dass gegebenenfalls derjenige, der HIV-infiziert ist, dass der auch geschützt wird vor Infektionen aus dem Krankenhaus, also wo er gegebenenfalls ein Risiko auf sich nimmt; und die andere Perspektive ist, dass er natürlich mit Operationen, wo er zum Beispiel gegebenenfalls ein hohes Risiko hätte, sich selbst zu verletzen. Da gibt es wenige Ausnahmebereiche in operativen Maßnahmen, wo zum Beispiel ein Chirurg arbeiten muss ohne Sichtkontakt, wo er also quasi die Operationsstelle nicht sehen kann, da gibt es im Augenblick noch Einschränkungen, wo man sagt, aus Sicherheitsgründen für beide, für Patienten wie für den Arzt, der eventuell infiziert ist, sollte das ein HIV-Infizierter nicht machen, weil es da quasi ein höheres Risiko gibt. Aber das sind ganz eng umgrenzte Bereiche.
Götzke: Vielen Dank für diese Information, Dirk Meyer, Geschäftsführer der Aidshilfe Nordrhein-Westfalen!
Dirk Meyer: Guten Tag!
Götzke: Herr Meyer, Sie haben ja mit vielen Betroffenen zu tun, müssen HIV-Infizierte in Deutschland um ihren Job fürchten, wenn der Chef von der Krankheit weiß?
Meyer: Sie haben zumindest die Angst, dass sie sich um ihren Job fürchten müssen, weil wir bekommen viele Rückmeldungen, dass das Thema HIV und Aids am Arbeitsplatz ein großes Tabu ist, was vielleicht damit zusammenhängt, dass das Thema am Arbeitsplatz so selten eigentlich auftaucht. Also es sind circa 47.000 Menschen in Deutschland, die mit HIV arbeiten von 67.000, also gut zwei Drittel. Das sind auf der einen Seite viele, wenn man es so nimmt, aber das heißt umgekehrt auch einer von 1000 Beschäftigten ist HIV-infiziert. Und deshalb ist das immer noch eine große Ausnahme, wenn das Thema HIV am Arbeitsplatz öffentlich wird. Und wir bekommen es oftmals mit, dass sehr viele Ängste und Sorgen sind, dass es zu Mobbing bis hin zur Kündigung kommen kann.
Götzke: Wie sieht es denn in der Realität aus, wie verhalten sich die Arbeitgeber, wenn sie davon erfahren? Eher kooperativ oder eher ablehnend?
Meyer: Also ich würde sagen, der erste Punkt ist oftmals eine Verunsicherung gerade in kleinen bis mittleren Betrieben. Trotz 25 Jahre Aufklärung gibt es immer noch viele Dinge, die dann wieder hochkommen: Spielt HIV am Arbeitsplatz wirklich eine Rolle, kann es da Infektionen geben, also all das, was wir glauben, eigentlich seit 25 Jahren gut mit Information abzudecken, dass es kein Risiko im sozialen Alltag gibt, dass man tatsächlich eigentlich jede Arbeit machen kann als HIV-Infizierter, das bricht noch mal hoch und es gibt einen enormen Aufklärungs- und Informationsbedarf. Und da, wo der nicht gedeckt wird, da erleben wir auch schon, dass aus einer Verunsicherung und Unsicherheit heraus mit Ablehnung und Diskriminierung reagiert wird, und deshalb geben wir auch jetzt klassisch keine einfache Empfehlung, dass wir sagen könnten, wenn du infiziert bist, geh' auf deinen Arbeitgeber zu und sag was, sondern das muss sag ich mal sicherlich derjenige im Einzelfall entscheiden, so wie die Situation sich vor Ort darstellt.
Götzke: Aber der Patient muss es seinem Chef nicht sagen, dass er infiziert ist?
Meyer: Nein, ganz genau. Es gibt keinen sachlichen Grund, dass man von sich aus erst mal sagen müsste: Hallo, ich habe eine HIV-Infektion. Das ist oftmals ein Gefühl, das ganz viele erst mal haben, dass sie auch für sich überlegen, muss ich das jetzt sagen. Dazu gibt es erst mal keinen Grund. Es kann ein guter Grund individuell sein, weil man mit seinen Arbeitskollegen ein gutes und entspanntes Verhältnis hat, weil man auch mit seinen Kollegen offen umgehen möchte, wie man mit einer anderen chronischen Erkrankung auch am Arbeitsplatz umgehen möchte. Das kann Anlass sein zu sagen, ich möchte es aber tun, aber einen rechtlichen wie auch anderen Grund gibt es dazu nicht.
Götzke: Gibt es denn Jobs, die man auf keinen Fall machen kann mit Aids, mit HIV?
Meyer: Also ich würde im Augenblick mal ganz einfach sagen: Es gibt keinen Job, den man nicht machen könnte. Es gibt historisch gesehen ganz kleine Nischen, die teilweise noch Restbestände sind, also ich kann mal ein Beispiel nennen, weil das noch prominent ist: Wenn man Führer eines Flugzeugs werden möchte, zum Beispiel bei der Lufthansa, gibt es da im Augenblick noch Einschränkungen, das ist historisch bedingt. Medizinisch gesehen gibt es eigentlich heute auch keine Einschränkungen mehr, jemand, der eine HIV-Infektion hat, eine gute Therapie hat, ist genau so belastbar, kann genau so eingesetzt werden wie in allen anderen Bereichen auch. Deshalb, das sind so historische Entwicklungen, als die Behandlung noch nicht so gut war.
Götzke: Und im Krankenhaus, also wo Infektionen wahrscheinlicher sind, ist das auch kein Problem?
Meyer: Im Krankenhaus, vom Grundsatz her kann man auch erst mal sagen: kein Problem, da gibt es auch Empfehlungen der Medizinischen Fachgesellschaft zu. Man muss im einen darauf achten, dass gegebenenfalls derjenige, der HIV-infiziert ist, dass der auch geschützt wird vor Infektionen aus dem Krankenhaus, also wo er gegebenenfalls ein Risiko auf sich nimmt; und die andere Perspektive ist, dass er natürlich mit Operationen, wo er zum Beispiel gegebenenfalls ein hohes Risiko hätte, sich selbst zu verletzen. Da gibt es wenige Ausnahmebereiche in operativen Maßnahmen, wo zum Beispiel ein Chirurg arbeiten muss ohne Sichtkontakt, wo er also quasi die Operationsstelle nicht sehen kann, da gibt es im Augenblick noch Einschränkungen, wo man sagt, aus Sicherheitsgründen für beide, für Patienten wie für den Arzt, der eventuell infiziert ist, sollte das ein HIV-Infizierter nicht machen, weil es da quasi ein höheres Risiko gibt. Aber das sind ganz eng umgrenzte Bereiche.
Götzke: Vielen Dank für diese Information, Dirk Meyer, Geschäftsführer der Aidshilfe Nordrhein-Westfalen!