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"Es ist ja nicht ganz unwahrscheinlich, dass wir sehr große Nachteile haben"

Seitdem 2006 ein neuer Präsident die Leitung der Uni Lüneburg übernahm, hat sich viel geändert - Kritiker sprechen von einem Reformwandel in Weltrekordzeit. Jetzt gibt's wieder Aufruhr: Lehramtsstudenten befürchten, dass ihr Studiengang vor dem Aus steht.

Von Jörg Biesler | 07.07.2010
    Die Lehramtsstudenten an der Leuphana sind verunsichert. Sie machten bei der gestrigen Vollversammlung deutlich, dass sie sich von Universitätsleitung nicht ausreichend beachtet fühlen. Selbst das Gerücht, die Lehrer-Ausbildung stünde vor dem Aus, machte die Runde. Uni-Präsident Sascha Spoun kann diese ganze Aufregung überhaupt nicht verstehen. Eine so dreiste Unterstellung, er wolle das Aus für die Lehrerbildung, sei ihm in der ganzen Amtszeit in Lüneburg noch nicht untergekommen. Und auf die Frage, ob er für den Erhalt der Lehrerausbildung ist, sagt Spoun:

    "Ja, eindeutig ja. Es gibt keinen Bereich, in dem die Universität so viele Professoren ausgeschrieben hat und besetzen wird wie in der Lehrerbildung. Die Lehrerbildung wird in der Zahl der Professoren größer sein als die Nachhaltigkeit und als die Kulturwissenschaft."

    Die Unzufriedenheit bei den Lehramtsstudenten ist aber groß. Christof Ockels studiert im vierten Semester. Wie viele andere Studenten an der Leuphana Uni befürchtet er Nachteile, weil der Lehramtsstudiengang offiziell noch gar nicht zugelassen ist.

    "Es ist ja so, dass, wenn wir uns bewerben, als Referendariar oder als Lehrer an Schulen, dass dort dann eher Leute genommen werden, die einen festakkreditierten, einen zugelassenen Studiengang haben, und Leute aus Lüneburg, die das nicht vorweisen können, eher unter den Tisch fallen. Das sind natürlich Vermutungen, aber es ist ja nicht ganz unwahrscheinlich, dass wir sehr große Nachteile haben, wenn wir nicht zugelassen werden. Ich meine, ein Studiengang, der nicht zugelassen ist und auf Dauer und Jahre nicht zugelassen ist, ist schon ein bisschen suspekt."

    Doch dieses Problem könnte in Kürze gelöst sein. Uni-Präsident Spoun hatte gestern ein Gespräch mit der zuständigen Akkreditierungsagentur, um über noch offene Punkte zu sprechen. Deren Geschäftsführer Helmut Reuke gibt Entwarnung:

    "Ich rechne damit, dass die noch offenen Punkte, die wir gestern angesprochen haben, in den nächsten Tagen durch die Universität geklärt werden können, sodass wir in der Kommission in der nächsten Woche abschließend können und ich sehe im Augenblick keine Gründe, die gegen einen positiven Bescheid sprechen."

    Ein Problem für die Akkreditierung sind unbesetzte Stellen. Insgesamt 18 Professuren müssen neu besetzt werden. Derzeit sind die Professoren in Lüneburg rar, wie Christof Ockels aus seinem Studienalltag weiß:

    "Besonders im didaktischen Bereich, was ja eigentlich das Hauptzentrum des Lehramts sein soll. Es sind zu wenig Professoren da, das heißt, es sind viel zu viele Studierende pro Seminar, das ist ein Zustand, der unhaltbar ist. Da sitzen 40 bis 50 Studierende in einem Seminar mit einem Professor und ein Seminar ist offiziell ausgelegt mit 25 bis 30 Personen maximal."

    Auch Silke Ruwisch, Studiendekanin für die gesamte Lehrerbildung, sieht kritisch, wie das Präsidium mit dem Studiengang umgeht. Sie findet, dass das Ganze Berufungsverfahren zäh und nicht transparent genug sei. Und mit den 18 Professorenstellen ist sie auch nicht ganz zufrieden:

    "Wenn wir diese 18 Stellen besetzt haben, wäre das Mindestmaß für die Akkreditierung tatsächlich erfüllt. Nichtsdestotrotz sind wir dann nicht mit superneuen Stellen ausgestattet, es ist nicht so, dass viele Stellen in anderen Bereichen, wie es häufig dargestellt wird, weggezogen wurden, damit die Lehrerbildung sich hier dick macht oder breitmacht, sondern es ist wirklich so eine Grundausstattung von einzelnen Professuren und Fächern, die alle nicht, bis auf Deutsch, mit zwei Professuren besetzt sein werden."

    Konsens in der Vollversammlung war deswegen: Die Studenten wollen Druck ausüben auf den Uni-Präsidenten, um Klarheit zu bekommen. Sie stellen ihm ein Ultimatum von sieben Tagen, wie Asta-Sprecher Matthias Ahrens erklärt:

    "Und wenn er in diesen sieben Tagen nicht sagt, Lehramt soll bleiben, müssen wir einsehen, dass es dann bedeutet, Lehramt soll gehen."

    Von Gehen kann nach Angaben von Präsident Spoun keine Rede sein. Im Gegenteil: Bis zum 1. Oktober sollen bereits die ersten neu ausgewählten Professoren an der Leuphana Universität anfangen. Und der Präsident verspricht noch mehr: Verglichen mit der Situation vor der Neuausrichtung der Universität werde sich die Situation der Lehramtsausbildung deutlich verbessern:

    "Das heißt, es gibt eine ganze Reihe von Fächern, in denen wir neue, zusätzliche Professoren insbesondere in der Didaktik insbesondere für die Fachdidaktik einrichten. Das heißt, verglichen mit der Situation, die sie im letzten Jahrzehnt hatten, 2005 wird sich die Lage für die Lehrerbildung deutlich verbessern."