Ralf Krauter: Knapp 350 Kilometer über unseren Köpfen dreht die Internationale Raumstation ISS ihre Runden und mit ihr derzeit sechs Astronauten. Zwei der drei US-Amerikaner an Bord haben die Station heute Mittag verlassen, um wieder einmal Schwerstarbeit zu leisten. Seit Ende Juli ist das Hauptkühlsystem der ISS defekt. Heute nun soll im dritten Reparaturanlauf eine neue Pumpe montiert werden. Frage an den Wissenschaftsjournalisten Dirk Lorenzen, der die Bastelarbeiten in der Umlaufbahn aus Hamburg verfolgt: Was ist der aktuelle Stand im Orbit?
Dirk Lorenzen: Herr Krauter, seit zwölf Uhr unserer Zeit ist man dort oben schwer im Einsatz. Die US-Astronautin Tracy Caldwall Dyson und ihr Kollege Douglas Whellock sind da jetzt wirklich am arbeiten. Die haben bereits eine Ersatzpumpe von einer Außenplattform auf der Internationalen Raumstation geholt und bauen sie jetzt gerade anstelle der bisherigen ein. Dann müssen die noch einige Kabel verbinden und die Schläuche für das Kühlmittel, übrigens Pumpe. Das klingt immer so harmlos. Das ist so ein Kasten, so groß wie ein Kleiderschrank und hat mehr als 300 Kilogramm Masse, wobei man davon natürlich im All nichts merkt. Und es ist auch noch ein kleines Jubiläum: Es ist der 150. Außeneinsatz auf der Raumstation. Aber zum Feiern ist da im Moment natürlich niemandem zu Mute.
Krauter: Die defekte Kühlpumpe, die dieses Jubiläum, den 150. Außeneinsatz, nötig gemacht hat, fiel am 31. Juli aus, also vor gut zwei Wochen. Was genau ist denn da schiefgelaufen damals?
Lorenzen: Da gab es wohl einen Kurzschluss in der Steuerungseinheit dieser Pumpe. Man hat da jetzt mal so hingeguckt, sieht da irgendwelche merkwürdigen Werte, die da wohl schon einige Zeit vorher aufgelaufen sind, ohne dass man das bemerkt hat. Dann ist sie eben ausgefallen und dann musste man sehr schnell reagieren. Man hat dann einige Computer heruntergefahren, um einfach die Abwärme, das heißt das Aufheizen in diesen Modulen so gering wie möglich zu halten. Das heißt, die Menschen da an Bord können im Moment nicht sehr viel forschen. Die Raumlabore liegen im Wesentlichen still und man musste sogar zwei der vier Steuerungseinheiten von diesen Steuerungskreiseln stilllegen. Also da hat sich schon einiges ganz schön verändert.
Krauter: Das klingt fast schon nach Notbetrieb, nicht eben beruhigend. Auch wenig beruhigend, dass die Nasa den jetzt laufenden Außeneinsatz offenbar einen Tag verschieben musste. Ist das ein Indiz dafür, dass diese Reparatur wirklich sehr kompliziert ist?
Lorenzen: Sie ist sehr kompliziert und man wollte sicherlich sehr gut planen und vor allem auch diesen beiden, die da jetzt oben im Einsatz sind, einfach auch mehr Zeit geben, sich zu erholen von den beiden bisherigen Einsätzen. Und dann gab es ja noch Probleme mit so einer Ammoniakleitung, da hat es etwas geleckt. Das heißt, da war einfach auch noch bisher etwas schiefgegangen, was man so nicht erwartet hatte und dann klemmte eine Pumpe und dann hat wörtlich die Missionskontrolle den Astronauten erlaubt: Also ihr dürft daran rütteln wie ihr wollt, in alle Richtungen, damit das verklemmte Ding sich losmachen lässt. Und mit roher Kraft hat man es dann auch tatsächlich bekommen. Und jetzt wird eben die neue Pumpe eingebaut. Wahrscheinlich wird man sogar noch einen vierten Außeneinsatz in einigen Tagen aufwenden müssen, um so ein paar Restarbeiten zu erledigen. Aber im Idealfall ist die Pumpe heute Abend fertig eingebaut.
Krauter: Erklären Sie unseren Hörern ganz kurz nochmal: Warum ist die Kühlung der Station so wichtig? Also was genau heißt die eigentlich so auf, dass sie ständig gekühlt werden muss?
Lorenzen: Jetzt war es eigentlich kalt im Weltall, aber natürlich strahlt die Sonne ständig auf die Module. Das führt zu einer gewissen Aufheizung. Und dann vor allem die vielen Computersysteme, die ganze Abwärme. Das kennt man ja auch aus dem heimischen Büro. Und wenn es dann da jetzt zu heiß wird, macht man einfach ein Fenster auf. Das geht im All natürlich nicht. Deswegen muss es da eben sehr gut gekühlt sein. Und wie wichtig diese Kühlung ist, sieht man auch daran, dass auf dieser Außenplattform, praktisch dem Ersatzteillager der ISS, da sind vier Ersatzpumpen deponiert. Eine hat man jetzt eben genommen, übrigens die älteste, die liegt seit 2006 dort. Aber sie sollte trotzdem gut funktionieren.
Krauter: Wenn sie das tut, was wir natürlich hoffen: Wann könnte die ISS denn wieder voll im Einsatz, voll in Betrieb sein, inklusive Forschungsaktivitäten?
Lorenzen: Auf gar keinen Fall gleich heute oder morgen. Das wird dann dauern. Da muss man dann diese Pumpe in Betrieb nehmen, mit dem Kühlmittel alles gut überlegen. Wann schaltet man welche Geräte ein? Man will ja die Station ausreichend kühlen, aber auch nicht zu sehr kühlen. Also bis auch die Forschung sicherlich gut funktionieren kann, wieder auf vollem Betrieb ist, werden ein, zwei Wochen vergehen, immer vorausgesetzt, dass der heutige problemlos zu Ende geht. Das wird man so gegen 19 Uhr deutscher Zeit dann wissen.
Krauter: Zeigt die ISS allmählich Spuren von Altersschwäche? Denn das ist ja nicht die erste Panne, die man zu beheben versucht. Es gab schon eine defekte Toilette, es gab missglückte Andockmanöver, auch schon einmal Probleme mit dem Bordcomputer. Ist das einfach ein Zeichen dafür, dass das jetzt ein kritischer, technischer Zustand im Orbit erreicht ist?
Lorenzen: Ich würde nicht sagen, dass es wirklich kritisch ist, aber es zeigt, wie komplex eben die Raumstation ist, was da alles funktionieren muss, woran man so vielleicht nicht denkt. Alle Lebenswichtigen Teile wie eben die Kühlung, wie Sauerstoffversorgung, wie Computer sind ohnehin doppelt vorhanden. Aber es zeigt eben: Es ist wirklich ein sehr fragiles System da oben. Es muss sehr viel zusammenkommen. Von Routine kann da absolut keine Rede sein.
Krauter: Inwieweit sind die Astronauten auf solche Zwischenfälle vorbereitet? Das kann man ja eigentlich unmöglich alles geübt haben, oder?
Lorenzen: Genau diese Reparatur konnten die natürlich nicht üben, aber die sind natürlich vorbereitet auf alle möglichen Dinge, die da passieren können. Astronauten, die da jetzt zum Einsatz kommen, die sechs Monate auf der Raumstation sein dürfen, die sind natürlich sehr versiert, die lassen sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Insofern können die damit umgehen. Man sieht ja auch an dieser Panne, wie gut eigentlich das System funktioniert, dass man so einen Einsatz, der sonst über Monate, wenn nicht ein Jahr lang vorbereitet worden wäre, dass man den in wenigen Tagen hat durchbringen können. Raumfahrt ist noch weit weg von dieser Routine. Man übt immer noch wirklich dieses im All sich aufzuhalten, mit Menschen im All zu sein. Denn so ein Zwischenfall, mit dem Ausfall des Kühlsystems auf dem Mond oder gar auf dem Mars wäre natürlich noch viel fataler. Da müsste man ja auch mit den Ersatzteilen noch viel besser vorplanen. Also schon eine sehr kritische Situation.
Krauter: Spielen wir kurz das Horrorszenario der Verantwortlichen durch: Angenommen die Reparatur scheitert und das Reservesystem fällt dann auch noch aus. Was bliebe dann denn noch zu tun?
Lorenzen: Das wäre wirklich der Supergau auf der Raumstation. Dann könnte im schlimmsten Fall der Steuerungscomputer ausfallen mit der Sauerstoffversorgung und was da alles passiert. Dann müsste man die ISS im schlimmsten Falle evakuieren. Und das ist dann wirklich das, was niemand haben will. Ich habe oft mit den verantwortlichen Raumfahrtagenturen gesprochen. Keiner will sich so richtig äußern, wie lange die ISS ohne Besatzung aushalten könnte. Aber alle sagen: vielleicht ein paar Wochen, maximal Monate. Dann geriete sie sehr schnell in eine unkontrollierte Fluglage. Dann könnte man sehr schwer andocken, wieder Menschen hinschicken. Im schlimmsten Fall würde sie dann binnen vielleicht eines halben oder ganzen Jahres dann abstürzen. Also das ist das wirkliche Horrorszenario. Da will man auf gar keinen Fall hin. Deswegen muss jetzt sofort dieses Kühlsystem wieder doppelt vorhanden sein und wenn es dann heute Abend geschafft sein sollte mit der Pumpe dann werden alle Beteiligten sehr erleichtert sein.
Dirk Lorenzen: Herr Krauter, seit zwölf Uhr unserer Zeit ist man dort oben schwer im Einsatz. Die US-Astronautin Tracy Caldwall Dyson und ihr Kollege Douglas Whellock sind da jetzt wirklich am arbeiten. Die haben bereits eine Ersatzpumpe von einer Außenplattform auf der Internationalen Raumstation geholt und bauen sie jetzt gerade anstelle der bisherigen ein. Dann müssen die noch einige Kabel verbinden und die Schläuche für das Kühlmittel, übrigens Pumpe. Das klingt immer so harmlos. Das ist so ein Kasten, so groß wie ein Kleiderschrank und hat mehr als 300 Kilogramm Masse, wobei man davon natürlich im All nichts merkt. Und es ist auch noch ein kleines Jubiläum: Es ist der 150. Außeneinsatz auf der Raumstation. Aber zum Feiern ist da im Moment natürlich niemandem zu Mute.
Krauter: Die defekte Kühlpumpe, die dieses Jubiläum, den 150. Außeneinsatz, nötig gemacht hat, fiel am 31. Juli aus, also vor gut zwei Wochen. Was genau ist denn da schiefgelaufen damals?
Lorenzen: Da gab es wohl einen Kurzschluss in der Steuerungseinheit dieser Pumpe. Man hat da jetzt mal so hingeguckt, sieht da irgendwelche merkwürdigen Werte, die da wohl schon einige Zeit vorher aufgelaufen sind, ohne dass man das bemerkt hat. Dann ist sie eben ausgefallen und dann musste man sehr schnell reagieren. Man hat dann einige Computer heruntergefahren, um einfach die Abwärme, das heißt das Aufheizen in diesen Modulen so gering wie möglich zu halten. Das heißt, die Menschen da an Bord können im Moment nicht sehr viel forschen. Die Raumlabore liegen im Wesentlichen still und man musste sogar zwei der vier Steuerungseinheiten von diesen Steuerungskreiseln stilllegen. Also da hat sich schon einiges ganz schön verändert.
Krauter: Das klingt fast schon nach Notbetrieb, nicht eben beruhigend. Auch wenig beruhigend, dass die Nasa den jetzt laufenden Außeneinsatz offenbar einen Tag verschieben musste. Ist das ein Indiz dafür, dass diese Reparatur wirklich sehr kompliziert ist?
Lorenzen: Sie ist sehr kompliziert und man wollte sicherlich sehr gut planen und vor allem auch diesen beiden, die da jetzt oben im Einsatz sind, einfach auch mehr Zeit geben, sich zu erholen von den beiden bisherigen Einsätzen. Und dann gab es ja noch Probleme mit so einer Ammoniakleitung, da hat es etwas geleckt. Das heißt, da war einfach auch noch bisher etwas schiefgegangen, was man so nicht erwartet hatte und dann klemmte eine Pumpe und dann hat wörtlich die Missionskontrolle den Astronauten erlaubt: Also ihr dürft daran rütteln wie ihr wollt, in alle Richtungen, damit das verklemmte Ding sich losmachen lässt. Und mit roher Kraft hat man es dann auch tatsächlich bekommen. Und jetzt wird eben die neue Pumpe eingebaut. Wahrscheinlich wird man sogar noch einen vierten Außeneinsatz in einigen Tagen aufwenden müssen, um so ein paar Restarbeiten zu erledigen. Aber im Idealfall ist die Pumpe heute Abend fertig eingebaut.
Krauter: Erklären Sie unseren Hörern ganz kurz nochmal: Warum ist die Kühlung der Station so wichtig? Also was genau heißt die eigentlich so auf, dass sie ständig gekühlt werden muss?
Lorenzen: Jetzt war es eigentlich kalt im Weltall, aber natürlich strahlt die Sonne ständig auf die Module. Das führt zu einer gewissen Aufheizung. Und dann vor allem die vielen Computersysteme, die ganze Abwärme. Das kennt man ja auch aus dem heimischen Büro. Und wenn es dann da jetzt zu heiß wird, macht man einfach ein Fenster auf. Das geht im All natürlich nicht. Deswegen muss es da eben sehr gut gekühlt sein. Und wie wichtig diese Kühlung ist, sieht man auch daran, dass auf dieser Außenplattform, praktisch dem Ersatzteillager der ISS, da sind vier Ersatzpumpen deponiert. Eine hat man jetzt eben genommen, übrigens die älteste, die liegt seit 2006 dort. Aber sie sollte trotzdem gut funktionieren.
Krauter: Wenn sie das tut, was wir natürlich hoffen: Wann könnte die ISS denn wieder voll im Einsatz, voll in Betrieb sein, inklusive Forschungsaktivitäten?
Lorenzen: Auf gar keinen Fall gleich heute oder morgen. Das wird dann dauern. Da muss man dann diese Pumpe in Betrieb nehmen, mit dem Kühlmittel alles gut überlegen. Wann schaltet man welche Geräte ein? Man will ja die Station ausreichend kühlen, aber auch nicht zu sehr kühlen. Also bis auch die Forschung sicherlich gut funktionieren kann, wieder auf vollem Betrieb ist, werden ein, zwei Wochen vergehen, immer vorausgesetzt, dass der heutige problemlos zu Ende geht. Das wird man so gegen 19 Uhr deutscher Zeit dann wissen.
Krauter: Zeigt die ISS allmählich Spuren von Altersschwäche? Denn das ist ja nicht die erste Panne, die man zu beheben versucht. Es gab schon eine defekte Toilette, es gab missglückte Andockmanöver, auch schon einmal Probleme mit dem Bordcomputer. Ist das einfach ein Zeichen dafür, dass das jetzt ein kritischer, technischer Zustand im Orbit erreicht ist?
Lorenzen: Ich würde nicht sagen, dass es wirklich kritisch ist, aber es zeigt, wie komplex eben die Raumstation ist, was da alles funktionieren muss, woran man so vielleicht nicht denkt. Alle Lebenswichtigen Teile wie eben die Kühlung, wie Sauerstoffversorgung, wie Computer sind ohnehin doppelt vorhanden. Aber es zeigt eben: Es ist wirklich ein sehr fragiles System da oben. Es muss sehr viel zusammenkommen. Von Routine kann da absolut keine Rede sein.
Krauter: Inwieweit sind die Astronauten auf solche Zwischenfälle vorbereitet? Das kann man ja eigentlich unmöglich alles geübt haben, oder?
Lorenzen: Genau diese Reparatur konnten die natürlich nicht üben, aber die sind natürlich vorbereitet auf alle möglichen Dinge, die da passieren können. Astronauten, die da jetzt zum Einsatz kommen, die sechs Monate auf der Raumstation sein dürfen, die sind natürlich sehr versiert, die lassen sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Insofern können die damit umgehen. Man sieht ja auch an dieser Panne, wie gut eigentlich das System funktioniert, dass man so einen Einsatz, der sonst über Monate, wenn nicht ein Jahr lang vorbereitet worden wäre, dass man den in wenigen Tagen hat durchbringen können. Raumfahrt ist noch weit weg von dieser Routine. Man übt immer noch wirklich dieses im All sich aufzuhalten, mit Menschen im All zu sein. Denn so ein Zwischenfall, mit dem Ausfall des Kühlsystems auf dem Mond oder gar auf dem Mars wäre natürlich noch viel fataler. Da müsste man ja auch mit den Ersatzteilen noch viel besser vorplanen. Also schon eine sehr kritische Situation.
Krauter: Spielen wir kurz das Horrorszenario der Verantwortlichen durch: Angenommen die Reparatur scheitert und das Reservesystem fällt dann auch noch aus. Was bliebe dann denn noch zu tun?
Lorenzen: Das wäre wirklich der Supergau auf der Raumstation. Dann könnte im schlimmsten Fall der Steuerungscomputer ausfallen mit der Sauerstoffversorgung und was da alles passiert. Dann müsste man die ISS im schlimmsten Falle evakuieren. Und das ist dann wirklich das, was niemand haben will. Ich habe oft mit den verantwortlichen Raumfahrtagenturen gesprochen. Keiner will sich so richtig äußern, wie lange die ISS ohne Besatzung aushalten könnte. Aber alle sagen: vielleicht ein paar Wochen, maximal Monate. Dann geriete sie sehr schnell in eine unkontrollierte Fluglage. Dann könnte man sehr schwer andocken, wieder Menschen hinschicken. Im schlimmsten Fall würde sie dann binnen vielleicht eines halben oder ganzen Jahres dann abstürzen. Also das ist das wirkliche Horrorszenario. Da will man auf gar keinen Fall hin. Deswegen muss jetzt sofort dieses Kühlsystem wieder doppelt vorhanden sein und wenn es dann heute Abend geschafft sein sollte mit der Pumpe dann werden alle Beteiligten sehr erleichtert sein.