Neun Plexiglas-Eimer, untereinander verbunden durch schmale Röhren, darin zerknüllte Papier-Streifen und reichlich grobe Sägespäne. So sah das neue Zuhause aus, wie es die Forscher vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierforschung letzten September für 16 afrikanische Nacktmulle aufgestellt hatten. Gleich nach dem Einzug hat sich die Nager-Kolonie daran gemacht, den modernen Bau zweckmäßig einzurichten, erklärt Tierarzt Thomas Hildebrandt:
"Das hier vorne ist zum Beispiel die Schlafstätte, da hinten haben wir die Toilette, dort und dort befindet sich die Küche, die beiden zentralen Behälter sind für Baumaterial, die öfter genutzt werden um Restrukturierungen durchzuführen. Das ist schon beeindruckend, wie die Nacktmulle hier die von uns aufgestellte Anlage umfunktioniert haben."
Klassische Musik soll die Nacktmulle beruhigen, doch es herrscht geschäftiges Treiben in der Kolonie. Schließlich hat jedes Tier eine feste Aufgabe in der Gemeinschaft. Einige der grau-rosafarbenen Nager marschieren in kleinen Kolonnen durch die Tunnel - bei Gegenverkehr einfach übereinander, andere zerren an Papierfetzen, transportieren Möhrenstückchen oder schaben mit ihren überlangen Baggerzähnen an den Plastikröhren. Ab und zu stolziert auch die Herrscherin in der Kolonie umher: Die Königin- sie ist einige Zentimeter länger und heller als ihre Untertanen.
"Sozial ist es so, dass die Königin mittels Pheromonen und Stress in der Lage ist, die Geschlechtsaktivität ihrer weiblichen Gegenspieler zu neutralisieren. Das heißt, diese Tiere haben einen völlig rudimentären Reproduktionstrakt. Und das erlaubt ihr, den ganzen Staat in dieser Form zu beherrschen. Sie ist die einzige, die Babys zur Welt bringt. Im Leben einer Königin schätzt man, dass bis zu 1000 Babys geboren werden."
Erst vor wenigen Wochen hat es wieder zwölf Junge gegeben in der Nacktmull-Kolonie. Diese Tiere können mit einem langen Leben rechnen: Bis zu 30 Jahre können die Mulle alt werden. Die Berliner Wildtierforscher interessieren sich besonders für die reproduktiven Machtspiele im Nacktmull-Staat. Ihr Augenmerk gilt den Liebhabern der Königin. Eine Riege von bis zu drei Männchen darf die Monarchin befruchten. Thomas Hildebrandt untersucht, ob diese Liebhaber dabei das Geschlecht ihrer Nachkommen beeinflussen können. Da hätten die begünstigten Nacktmull-Männer nämlich eindeutige Präferenzen:
"Die männliche Tiere haben in der Kolonie ein sehr leichtes Leben, weil sie nicht so aktiv sind wie die anderen Mitglieder, von daher haben sie ein erhebliches Interesse, weniger männliche Nachkommen zu produzieren, die sie dann aus ihrer Position drängen, als weibliche Nachkommen die ihnen das Leben schön gestalten, weil sie als Diener in der Kolonie tätig sind."
Ein gezielter Einfluss der Väter auf das Geschlecht der Nachkommen ist bei Säugetieren bisher kaum untersucht. Theoretisch regiert hier der Zufall: Da die Königin immer ein X-Chromosom vererbt, entscheidet wie beim Menschen das männliche Spermium über das Geschlecht: trägt es ein Y-Chromosom, entsteht ein Männchen; mit einem X-Chromosom ein Weibchen. Doch bei Affenkolonien in Zoos werden immer wieder deutliche Geschlechter-Verschiebungen beobachtet. Gerade bei den Nacktmullen vermuten die Berliner Forscher einen rein männlichen Trick, um Spermien mit einem X-Chromosom anzureichern:
"Zum einen kann man ein Protein dem Sperma zusetzen, was das Y-Chromosom entdeckt und dann diese Spermien inaktiviert. Wir hoffen, dass es bei den Nacktmullen noch einen radikaleren Weg gibt, dass bestimmte Fresszellen des Immunsystems wirklich diese Y-Chromosomen entfernen, so dass wir dann auch auf unserem Objektträger ein verschobenes Verhältnis dieser Spermien sehen."
Möglicherweise regeln die Männer der Königin das Geschlechterverhältnis in der Kolonie aber auch auf martialischere Weise: indem sie ihre Söhne töten. So hat von bisher 23 geborenen Jungtieren nur etwa die Hälfte überlebt. Auch um dies näher zu untersuchen, wollen die Berliner Forscher ihre Studien ausdehnen und eine zweite Kolonie aufbauen. In wenigen Wochen schon sollen Nacktmulle dort einziehen und sich dann ihre Behausung wieder passend einrichten.
"Das hier vorne ist zum Beispiel die Schlafstätte, da hinten haben wir die Toilette, dort und dort befindet sich die Küche, die beiden zentralen Behälter sind für Baumaterial, die öfter genutzt werden um Restrukturierungen durchzuführen. Das ist schon beeindruckend, wie die Nacktmulle hier die von uns aufgestellte Anlage umfunktioniert haben."
Klassische Musik soll die Nacktmulle beruhigen, doch es herrscht geschäftiges Treiben in der Kolonie. Schließlich hat jedes Tier eine feste Aufgabe in der Gemeinschaft. Einige der grau-rosafarbenen Nager marschieren in kleinen Kolonnen durch die Tunnel - bei Gegenverkehr einfach übereinander, andere zerren an Papierfetzen, transportieren Möhrenstückchen oder schaben mit ihren überlangen Baggerzähnen an den Plastikröhren. Ab und zu stolziert auch die Herrscherin in der Kolonie umher: Die Königin- sie ist einige Zentimeter länger und heller als ihre Untertanen.
"Sozial ist es so, dass die Königin mittels Pheromonen und Stress in der Lage ist, die Geschlechtsaktivität ihrer weiblichen Gegenspieler zu neutralisieren. Das heißt, diese Tiere haben einen völlig rudimentären Reproduktionstrakt. Und das erlaubt ihr, den ganzen Staat in dieser Form zu beherrschen. Sie ist die einzige, die Babys zur Welt bringt. Im Leben einer Königin schätzt man, dass bis zu 1000 Babys geboren werden."
Erst vor wenigen Wochen hat es wieder zwölf Junge gegeben in der Nacktmull-Kolonie. Diese Tiere können mit einem langen Leben rechnen: Bis zu 30 Jahre können die Mulle alt werden. Die Berliner Wildtierforscher interessieren sich besonders für die reproduktiven Machtspiele im Nacktmull-Staat. Ihr Augenmerk gilt den Liebhabern der Königin. Eine Riege von bis zu drei Männchen darf die Monarchin befruchten. Thomas Hildebrandt untersucht, ob diese Liebhaber dabei das Geschlecht ihrer Nachkommen beeinflussen können. Da hätten die begünstigten Nacktmull-Männer nämlich eindeutige Präferenzen:
"Die männliche Tiere haben in der Kolonie ein sehr leichtes Leben, weil sie nicht so aktiv sind wie die anderen Mitglieder, von daher haben sie ein erhebliches Interesse, weniger männliche Nachkommen zu produzieren, die sie dann aus ihrer Position drängen, als weibliche Nachkommen die ihnen das Leben schön gestalten, weil sie als Diener in der Kolonie tätig sind."
Ein gezielter Einfluss der Väter auf das Geschlecht der Nachkommen ist bei Säugetieren bisher kaum untersucht. Theoretisch regiert hier der Zufall: Da die Königin immer ein X-Chromosom vererbt, entscheidet wie beim Menschen das männliche Spermium über das Geschlecht: trägt es ein Y-Chromosom, entsteht ein Männchen; mit einem X-Chromosom ein Weibchen. Doch bei Affenkolonien in Zoos werden immer wieder deutliche Geschlechter-Verschiebungen beobachtet. Gerade bei den Nacktmullen vermuten die Berliner Forscher einen rein männlichen Trick, um Spermien mit einem X-Chromosom anzureichern:
"Zum einen kann man ein Protein dem Sperma zusetzen, was das Y-Chromosom entdeckt und dann diese Spermien inaktiviert. Wir hoffen, dass es bei den Nacktmullen noch einen radikaleren Weg gibt, dass bestimmte Fresszellen des Immunsystems wirklich diese Y-Chromosomen entfernen, so dass wir dann auch auf unserem Objektträger ein verschobenes Verhältnis dieser Spermien sehen."
Möglicherweise regeln die Männer der Königin das Geschlechterverhältnis in der Kolonie aber auch auf martialischere Weise: indem sie ihre Söhne töten. So hat von bisher 23 geborenen Jungtieren nur etwa die Hälfte überlebt. Auch um dies näher zu untersuchen, wollen die Berliner Forscher ihre Studien ausdehnen und eine zweite Kolonie aufbauen. In wenigen Wochen schon sollen Nacktmulle dort einziehen und sich dann ihre Behausung wieder passend einrichten.