Archiv


Es muss nicht immer Astronaut sein

Ein Thomas Reiter im All ist zu wenig. Deutschland ist in der Europäischen Raumfahrt-Agentur unterrepräsentiert und deshalb werden dringend Hochschul-Absolventen gesucht, die sich für eine Karriere in der Raumfahrt entscheiden. Auch wenn die Chancen, Astronaut zu werden, nicht gerade allzu groß sind: Am Boden bieten sich in der Raumfahrt vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten, für die die TU Darmstadt momentan wirbt.

Von Ludger Fittkau |
    " Also, ich möchte unbedingt den Mars mal bevölkern helfen (lacht) Das ist eigentlich schon mein Kindestraum gewesen.

    Ich möchte gerne über Raumschiffe was erfahren, nicht über andere Planeten, sondern über die Technik.

    Ich will eigentlich Theoretikern werden, aber man muss auch als Theoretikerin wissen, was die praktischen Leute tun.

    Hier auf dem Boden zu bleiben und die Dinger in den Weltraum zu bringen finde ich auch eine sehr schöne Vorstellung. Schöner, als selbst da hoch zu müssen."

    Der gestirnte Himmel über uns ist eine Projektionsfläche für Träume aller Art .Das wurde schon vor Beginn der Darmstädter Veranstaltung deutlich. Da ist der Traum, selbst im Orbit zu fliegen oder in einer Schaltzentrale zu sitzen. Oder der Wunsch, den Flug von Satelliten, Sonden oder Raketen zu lenken. Stefanie Bartsch, Darmstädter Mathematik-Studentin im vierten Semester hat einfach die Phantasie, als Ingenieurin an der Besiedlung eines fremden Planeten beteiligt zu sein:

    " Ich wollte dabei helfen, die Roboter, die dafür nötig sind, erst mal zu entwickeln und dadurch den Grundstein zu legen, damit man den Mars bevölkern kann.

    Also: Arme hoch, nach links strecken (lachen) nach rechts strecken, die Arme ein bisschen ausschütteln, so, vielen Dank, nehmen sie wieder Platz (klatschen)."

    Mit einer gemeinschaftlichen Turnübung im Hörsaal macht der Kanadier Frank C. Danesy zu Beginn seines Vortrages klar: Die Europäische Raumfahrtbehörde ESA ist eine dynamische Veranstaltung, die vor allem für junge deutsche Ingenieure und Naturwissenschaftler eine Perspektive bietet: Denn Deutschland ist personell in der ESA zurzeit unterrepräsentiert. Deshalb wird hierzulande händeringend Nachwuchs gesucht. So werden ab Oktober zwischen 70 und 80 so genannte "Trainingsstellen" vergeben, für die man sich sogar schon ohne Studienabschluss bewerben kann und die mit fast 2000 Euro Netto dotiert sind. Diese auf ein Jahr befristeten Stellen sollen Absolventen an die spezifischen Anforderungen der Raumfahrt heranführen. Frank C. Danesy:

    " Wir stellen Naturwissenschaftler ein, wir stellen Ingenieure, Physiker, Mathematiker und trainieren die und bilden die aus im Operationsbereich."

    Konkret heißt das, dass man zum Beispiel bei der ESA-Außenstelle ESOC in Darmstadt lernt, wie man Satelliten steuert.

    Gute Einstiegsmöglichkeiten in die Welt der Raumfahrt gibt es aber auch beim Auswärtigen Amt und beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR- der Raumfahrtagentur der Bundesrepublik. Dort werden neben 2500 Wissenschaftlern auch gleichzeitig 500 Doktoranten und Jungwissenschaftler beschäftigt.

    " Die deutsche Raumfahrtindustrie ist anerkannt und an der Spitze in Europa und in der Welt."

    Meint auch Armin Goeckel vom Luft- und Raumfahrtunternehmen Rockwell Collins. In der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie seien insgesamt 81.000 Menschen beschäftigt - mit vielfältigen Arbeitsgebieten wie Satelliten- oder Raketenbau.

    Allein das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo oder das so genannte "Aurora-Programm", das im Jahr 2033 die ersten Menschen auf den Mars bringen soll, bieten in den nächsten Jahrzehnten gute Beschäftigungsmöglichkeiten.
    Dass in diesem Bereich Hochschulabsolventen so gefragt sind, war für manchen Zuhörer tatsächlich neu:

    " Ich bin überrascht, dass es da es so ein vielseitiges Angebot gibt. Ja ich glaube, dass man einfach gesehen hat, dass das nicht so ein Traum bleiben muß, sondern dass das wirklich realistisch ist und das man auch in dem Berufsfeld einen Job bekommen kann.

    Es war interessant, dass es doch so gute Berufschancen gibt, also lockere Einstiegsmöglichkeiten.
    Ich möchte jetzt hundertprozentig bei der Esa arbeiten, habe ich jetzt wirklich festgestellt."

    Davon Astronaut zu werden, träumen allerdings viele nur ganz leise - obwohl Mathias von Polenz vom Auswärtigen Amt darauf hinwies, dass das zwölfköpfige Europäische Raumfahrtkorps bald verjüngt werde und man sich doch einfach mutig bewerben solle. Der Darmstädter Maschinenbaustudent Stefan Krohls glaubt allerdings nicht wirklich daran, in den Fußstapfen von Thomas Reiter treten zu können. Er sieht seine künftige Rolle in der Raumfahrt ganz unromantisch:

    " Ich meine, wenn man sieht, im Moment ist ein Deutscher mal wieder im Weltraum, der Bedarf ist nicht sonderlich hoch. Von daher muss die Infrastruktur gebaut werden, dort hochgebracht werden, das ist die etwas größere Aufgabe und auch die Erforschung ferner Planeten oder ähnliches."

    Ob im All oder in der Bodenstation –wer Lust auf das Arbeitsfeld Weltraum hat, kann sich zum Beispiel über Stellenangebote informieren - unter den Internet-Adresse des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt DLR oder ESA. Auf der Homepage des Auswärtigen Amtes kann man auch bei einem internationalen Stellenpool registrieren lassen, wenn man nach den Sternen greifen will.