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Es sind die Sprossen

Zwar sei die Gefahrenquelle des EHEC-Erregers gefunden, nämlich auf einem Hof in Niedersachsen, dennoch sei Hygiene im Haushalt weiterhin ganz besondes wichtig, betont die DLF-Landeskorrespondentin Susanne Schrammar in Bezug auf die Ergebnisse des Robert-Koch-Instituts.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Ursula Mense | 10.06.2011
    "Sie erwarten jetzt vielleicht, dass ich Ihnen das verantwortliche Lebensmittel präsentiere mit samt den anhaftenden Bakterien. Damit können wir nicht dienen, aber eine Eingrenzung ist möglich. Es sind die Sprossen! Ein Nachweis des Erregers auf diesem Lebensmittel ist aber bisher noch nicht gelungen."

    Ursula Mense: Reinhard Burger, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, heute Morgen in Berlin. - Gestern noch hieß es, weiterhin keine Gurken und Tomaten essen; heute nun hat das Institut für Risikobewertung in Berlin die Warnung aufgehoben. Tomaten, Gurken und Blattsalat dürfen wieder gegessen werden. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts hat soeben bestätigt, wir haben es gehört, es sind die Sprossen, und das betrifft in erster Linie Niedersachsen und den gesperrten Hof dort. Susanne Schrammar, unsere Landeskorrespondentin, ist jetzt am Telefon. Sie kommt direkt von der Pressekonferenz mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Lindemann. Frau Schrammar, was hat der Minister zu den Erkenntnissen gesagt?

    Susanne Schrammar: Laut Gerd Lindemann ist es so, dass es tatsächlich eine lückenlose Indizienkette gibt, die die Sprossen als Ausgangsquelle der EHEC-Infektionen ausweist. Auch wenn es keine, immer noch keine Laborbeweise gibt, die wesentlichen Ausbrüche der Krankheit können in Zusammenhang mit dem Sprossenhof in Bienenbüttel gestellt werden. So hat das Robert-Koch-Institut wohl auch eine Kohortenstudie durchgeführt, dabei ist herausgekommen, dass 112 Menschen, also alle, die dort untersucht wurden, alle dort Sprossen verzehrt hätten, und es ist auch so, dass in Fällen, wo keine Sprossen verzehrt werden, es dennoch Verbindungen zumindest gibt zu diesem Hof über zum Beispiel Warenströme, oder auch, dass man weiß, dass jemand an EHEC erkrankt ist und dort möglicherweise im Familienumfeld vielleicht jemand erkrankt ist. Das heißt, die Behörden sind sich relativ sicher: Der Startpunkt ist dieser Sprossenhof in Bienenbüttel. Das sagen auch Bundes- und Landesbehörden einvernehmlich inzwischen.

    Mense: Der betroffene Hof ist ja auch bereits geschlossen. Das heißt, von dort kamen oder kommen auch keine anderen Lebensmittel mehr in den Handel?

    Schrammar: Nein! Seit dem 5. 6. kommen von dort aus keine Lebensmittel in den Handel. Es ist so, dass dieser Hof nicht nur Sprossen produziert, sondern auch in geringeren Mengen Tomaten und Salat. Aber auch von dort gab es heute noch mal die Entwarnung, nachdem gestern es Meldungen gegeben hatte, dass der Betrieb Gurken und Tomaten und Salat hätte weiter verkaufen können. Seit dem 5. 6., seitdem die Erkenntnisse klar sind, ist von diesem Hof nichts mehr weggekommen, also nichts mehr verkauft worden, und es sind Waren auch zurückgerufen worden.

    Mense: Gibt es denn vonseiten der Behörden jetzt für uns Verbraucher weitere Verhaltensempfehlungen?

    Schrammar: Es ist schon immer noch so, dass eben vor dem Verzehr von Sprossen gewarnt wird. Auch noch vorrätige Sprossen sollten vernichtet werden und vor allen Dingen auch – dieser Hinweis richtet sich an Großküchen, an Kantinen, an Restaurants – die möglicherweise damit in Berührung gekommenen Lebensmittel, die sollten ebenfalls vernichtet werden. Tomaten, Gurken, Salat, wie gesagt, da gab es heute die Entwarnung. Möglicherweise mag sich der eine oder andere vielleicht fragen, wie war das mit der Gurke, die in einer Magdeburger Mülltonne gefunden wurde, wo EHEC-Erreger festgestellt wurden. Da wurde heute auch gesagt, das sei keine heiße Spur, denn diese Magdeburger Erkenntnisse, die seien sehr unsicher und können deshalb nicht als Indiz herangezogen werden. Niemand weiß, wie dort wirklich der EHEC-Erreger auf diese Gurke draufgekommen ist. Möglicherweise war die Familie bereits vorher erkrankt und hat auf das Gemüse sozusagen den EHEC-Erreger selbst aufgetragen. Also es gibt auch die Möglichkeit, dass Menschen auf Gemüse den EHEC-Erreger übertragen, darum ist die Hygiene ganz besonders wichtig. Darauf haben die Behörden heute auch noch mal hingewiesen.

    Mense: Das heißt also, dass der Mensch als Gefahrenquelle in Betracht kommt, daran hat sich an sich nichts geändert?

    Schrammar: Nein, daran hat sich nichts geändert, wobei heute auch gesagt wurde, dass es normalerweise eben so ist, dass man überwiegend durch den Verzehr von mit EHEC-Bakterien verunreinigten Lebensmitteln sich infiziert. Aber in einigen Fällen war es früher auch so, dass eine Übertragung von Mensch zu Mensch über den Kontakt mit dem Stuhl von EHEC-infizierten Personen eine Übertragung möglich ist, also eine sogenannte Schmierinfektion. Da ist es so, dass es inzwischen so viele Erkrankungen gibt, dass man das nicht ganz genau beurteilen kann, aber es wird davor gewarnt. Trotzdem noch mal, die Behörden haben gesagt, das ist jetzt hier kein Schreckgespenst, was man an die Wand zeichnen sollte, die normalen Hygieneregeln sollen eingehalten werden.

    Mense: Quelle der EHEC-Erkrankungen sind die Sprossen. Susanne Schrammar direkt von der Pressekonferenz mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister.
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