Wann immer Israel um sein Selbstverständnis ringt, ist auch Tom Segev zur Stelle. Der Sohn deutscher Juden, die auf der Flucht vor den Nationalsozialisten nach Palästina auswanderten, gehört zu den herausragenden Journalisten und Historikern seines Landes. Seit Jahren legt Segev die Axt an das Geschichtsbild der israelischen Gesellschaft, bestrebt, das historische Bewusstsein von zionistischen Legenden und Mythen zu befreien. Hierzulande bekannt geworden ist Segev vor allem mit seinem Buch "Die siebte Million" über die Wirkungsgeschichte des Holocaust im israelischen Bewusstsein. Als geradezu ketzerisch galt damals seine These, wonach sich die vorstaatliche zionistische Bewegung, gefangen in utopischer Selbstbezogenheit, den mörderischen Ereignissen in Europa verschloss. Der Holocaust spielt auch in seinem neuen Buch, "Es war einmal in Palästina", eine Rolle, wenn auch nur am Rande. Im Mittelpunkt steht die britische Mandatsherrschaft in Palästina zwischen 1917 und 1948, dem Gründungsjahr Israels.
Weitere Buchkritiken befassen sich mit den neuen Publikationen von Noam Chomsky und Alan Dershowitz zum Nahostkonflikt, mit der herausragenden Abhandlung des US-Historikers Mark R. Cohen über die Juden im Mittelalter und dem Buch des ZDF-Moderators Claus Kleber über die "Kreuzzüge" der Weltmacht USA.
Die besprochenen Bücher:
Claus Kleber: Amerikas Kreuzzüge. Was die Weltmacht treibt. Verlag C. Bertelsmann. München 2005. 288 Seiten. 19,90 Euro.
Tom Segev: Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels. Siedler Verlag. München 2005. 672 Seiten. 28,00 Euro.
Noam Chomsky: Keine Chance für Frieden. Warum mit Israel und den USA kein Palästinenserstaat zu machen ist. Europa Verlag. Hamburg 2005. 272 Seiten. 19,90 Euro.
Alan Morton Dershowitz: Plädoyer für Israel. Warum die Anklagen gegen Israel aus Vorurteilen bestehen. Europa Verlag. Hamburg 2005. 416 Seiten. 19,90 Euro.
Daniel Cil Brecher: Fremd in Zion. Aufzeichnungen eines Unzuverlässigen. Deutsche Verlags-Anstalt. München 2005. 416 Seiten. 22,90 Euro.
Mark R. Cohen: Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter. Verlag C. H. Beck. München 2005. 224 Seiten. 24,90 Euro.