Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Eskalation auf Lesbos
"Gewalt gegen Journalisten in Griechenland kein neues Phänomen"

In der griechisch-türkischen Grenzregion sind Journalistinnen und Journalisten attackiert worden. "Es ist einfach gefährlich, das muss man einfach so sagen", so Panajotis Gavrilis über die Situation vor Ort. Auf der Insel Lesbos sei die Lage besonders bedrohlich.

Michael Borgers im Gespräch mit Panajotis Gavrilis | 02.03.2020
Demonstrierende rennen auf der Insel Lesobos eine Straße entlang, nachdem die Polizei Tränengas eingesetzt hat.
Auf der Insel Lesbos wird die Lage für Journalisten immer gefährlicher, so Panajotis Gavrilis. (imago images / ZUMA Press)
Michael Trammer wurde von einer Gruppe rechtsradikaler Männer getreten und geschlagen, seine Kamera warfen die Angreifer ins Hafenbecken. Der Journalist, der auf Lesbos über die Lage der Geflüchteten seit der Grenzöffnung durch die Türkei berichtet hatte, musste anschließend im Krankenhaus behandelt werden, trug eine Platzwunde am Kopf und mehrere Prellungen davon.
Attacken wie die auf Michael Trammer sind in Griechenland kein Einzelfall. Mehrere Journalistinnen und Journalisten vor Ort berichten über Angriffe und Anfeindungen. "Es ist einfach gefährlich, das muss man einfach so sagen", sagte unser Korrespondent Panajotis Gavrilis, der aktuell für den Deutschlandfunk die Entwicklungen in Edirne beobachtet.
"Ich habe das Gefühl, im Norden werden wir vielleicht ein wenig zu sehr beschützt - im Sinne von: es ist alles sehr restriktiv. Und auf den Inseln wird das ein wenig vernachlässigt."
Einschränkung der Pressefreiheit
Das Problem auf Lesbos sei laut Gavrilis eine extrem gefährliche Gemengelage: "Es gibt bestimmte Gruppen, die dort Straßensperren errichten. Und Florian Schmitz, ein freier Journalist, wollte durch Moria fahren - da wo auch das Flüchtlingslager ist - und die haben ihm gesagt, Journalisten seien da nicht willkommen und er müsste jetzt sofort die Insel verlassen. Also das, was auf den Inseln passiert, sollte einem auf jeden Fall Angst machen. Wenn Leute abreisen und sagen, es ist nicht mehr sicher für mich, dann ist das de facto eine Einschränkung der Pressefreiheit."
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union dju forderte, dass Reporterinnen und Reporter von den griechischen Behörden geschützt werden müssen. "Es bedarf der Journalistinnen und Journalisten vor Ort, die das Geschehen dort für die Öffentlichkeit umfassend dokumentieren und einordnen", so Tina Groll, die Vorsitzende der dju. "Ihre ungehinderte Arbeit muss dringend gewährleistet werden."
Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten sei in Griechenland allerdings kein neues Phänomen, so Panajotis Gavrilis. "Das hat es am Rande von rechten Demonstrationen auch in Athen gegeben, wo mit Eisenstangen auf Kameraleute losgegangen wurde und auch griechische Kolleginnen und Kollegen zum Teil schwer verletzt wurden."