Freitag, 19. April 2024

Archiv

Esoterik
Das magische Elqui-Tal

Im Elqui-Tal in Chile befindet sich der Energieknoten der Erde, glauben zumindest spirituelle Touristen, die in Scharen ins Gebiet um den Monte Cancana strömen. Er sei vom Himalaya dorthin gewandert. Reiseführer haben sich auf die Suche nach Energie, Sinn und Heilung spezialisiert.

Von Sophia Boddenberg | 08.05.2017
    Ein Blick auf den Weinanbau im Elqui-Tal an einem sonnigen Tag - starke Kontraste zwischen den grünen Reben und den grau-braunen Bergen (Foto: Imago / Imagebroker)
    Das Elqui-Tal in Chile (imago / imagebroker)
    "Hier im Tal gibt es eine besondere Energie, weil wir den Berg Monte Cancana haben, den Berg mit dem höchsten Ferritin-Anteil der Welt. Er ist ein gigantischer Magnet. Wir sind Energie. Die Energie des Berges hat einen positiven Einfluss auf uns, auf unsere Sinne und Gefühle. Das ist das Mysterium der Energie im Tal. Dann gibt es noch eine andere Geschichte der Buddhisten, die besagt, dass sich die Kundalini-Energie der Erde von Tibet aus hierhin verschoben hat. Vorhersagen der Mayas und anderer Kulturen sagen, dass hier in Südamerika die neue Menschheit entstehen wird. Deshalb kommen viele Menschen verschiedener Kulturen und Länder nach Chile", sagt René Fuentes.
    Er ist um die 60 Jahre alt und lebt seit fünf Jahren im Elqui-Tal in Chile. Er hat graue Haare, indigene Gesichtszüge und von der Sonne gebräunte, ledrige Haut. Er kam hierher auf der Suche nach mehr Lebensqualität - vorher lebte er in Chiles Hauptstadt Santiago.
    "Tour místico"
    Das Elqui-Tal befindet sich etwa 400 Kilometer nördlich von Santiago. Es hat den Ruf, ein besonders spirituelles Gebiet zu sein. In keinem anderen Ort Chiles gibt es so viele esoterische Gruppen und Gemeinschaften. Zur Mystik fand die Gegend vor rund 40 Jahren. Damals, in den siebziger Jahren machten sich Gerüchte breit, dass sich im Elqui-Tal ein Energieknoten der Erde befände, ein magnetischer Punkt, der sich vorher im Himalaya in Tibet befunden haben soll. Von NASA-Studien war die Rede, was jedoch nie offiziell bestätigt wurde. Die unsichere Faktenlage ändert nichts daran, dass sich seit den neunziger Jahren immer mehr chilenische Aussteiger in den Dörfern des Elqui-Tals angesiedelt haben. Sie kurbeln auch den Tourismus an. Etwa 700 000 Touristen verschiedener Nationalitäten besuchen jährlich den mystischen Ort.
    Auch René Fuentes widmet sich dem Tourismus. Er nimmt die Besucher mit auf eine "tour místico" - eine mystische Tour. Sein gleichnamiges Zentrum befindet sich in Pisco Elqui, einem kleinen Dorf mitten im Tal.
    "Als ich hier ins Tal kam, waren viele Menschen spirituell sehr abgehoben. Es war schwer, eine Verbindung, eine Kommunikation mit einer normalen Person aus der Stadt herzustellen, die hier hinkommt und sich mit dieser mystischen Welt verbinden will. Es gibt keine Kommunikation. Was wir machen, ist, diesen Menschen die energetische, subtile, spirituelle Welt näherzubringen. Denn wir müssen uns bewusst machen, dass wir ein physischer Körper sind, mit dem wir Erfahrungen machen, aber dass wir auch ein spiritueller Körper sind."
    Meditation statt Medikation
    Eine der Touren, die René Fuentes anbietet, heißt "Ruta de la Sanación", "Weg der Heilung". Sie beginnt mit einer Chakra-Meditation im Garten seines Zentrums. Chakren sind nach der buddhistischen und hinduistischen Lehre die Energiezentren des Körpers. Fuentes macht dazu Musik mit Klangschalen. Mit einem abgerundeten Holzblock fährt er bedächtig an den Rändern von weißen Glasschalen entlang. Drei chilenische Frauen nehmen heute an der Tour teil und lauschen der Musik mit geschlossenen Augen.
    Eine der Teilnehmerinnen ist Jaqueline. Sie ist 44 Jahre und wohnt in Chiles Hautpstadt Santiago. Nach einer Depression verordnete ihr Arzt ihr starke Medikamente. Aber sie beschloss - anstatt mit Medikamenten - mit Meditation und spirituellen Ritualen ihre Depression zu bewältigen. Sie ist zum ersten Mal im Elqui-Tal:
    "Mir gefällt die Ruhe und ich habe einen Ort gesucht, wo ich mich entspannen kann, weil ich an einem sehr stressigen Ort wohne. Deshalb bin ich gekommen, um die Spiritualität zu suchen und die Ruhe und weil mir gesagt wurde, dass es hier sehr schön ist. Deshalb wollte ich es kennenlernen."
    Entspannung außerhalb der Komfort-Zone
    Auch zwei junge Mädchen Anfang Zwanzig nehmen an der Tour teil. Es sind Freundinnen aus Antofagasta, aus dem Norden Chiles. Loreto ist eine von den beiden. Sie hat dunkle Haut, Haare und Augen. Sie sagt, dass sie genug hat von Partys und Alkohol und ihr Geld lieber spart, um mit ihrer Freundin spirituelle Rituale und Reisen zu machen:
    "Es ist natürliche Medizin und es hat uns sehr gut getan. Wir suchen immer nach natürlichen Methoden, um uns zu entspannen und mit neuer Energie zu füllen. Ich habe beschlossen, die Tour zu machen, um meine Komfort-Zone zu verlassen und weil es mich entspannt, aus der Stadt rauszukommen und im Kontakt mit der Natur zu sein."
    "Die Kraft der Pyramiden"
    Die drei Frauen steigen in einen bunt bemalten Van. Im Inneren ist er mit bunten Stoffen, Kissen und Vorhängen ausgestattet, ein Meditationszentrum auf Rollen. René Fuentes fährt mit der Gruppe über staubige Schotterwege durch das trockene Tal, vorbei an kahlen Hügeln, auf denen nur Kakteen wachsen, an Weinbergen und Obstplantagen. Auf der Fahrt unterhalten sich die Frauen über ihre Erfahrungen mit natürlichen und spirituellen Heilmethoden. Sie sind sich einig, dass sie ihr Leben so bereichern konnten.
    Angekommen am Monte Cancana, öffnet René Fuentes die Tür des Vans. Der Berg Monte Cancana ist das sogenannte "magnetische Zentrum" des Elqui-Tals. Weit und breit sind keine Menschen zu sehen. Nach dem lauten Brummen des alten Vans, drückt die plötzliche Stille auf die Ohren. Es ist nichts zu hören, außer ein paar zwitschernden Vögeln und dem Rauschen des Windes in den Bäumen. Die Luft ist staubtrocken und es ist heiß. René Fuentes führt die Gruppe zu einem Platz, auf dem sich mehrere Metallpyramiden befinden, die ein spiritueller Mann vor 35 Jahren erbaut hat. Hier wird die nächste Meditation stattfinden. René Fuentes erklärt, warum die Pyramiden eine besondere spirituelle Bedeutung haben:
    "Mit der Kraft der Pyramiden - Pyramiden sind Antennen für kosmische Energie - machen wir hier eine Meditation, um uns mit der Natur und mit uns selbst zu verbinden. Der Effekt der Pyramide ist am stärksten in ihrem Inneren und hat eine Reichweite von acht Metern. Wir sehen hier klar und deutlich, dass der Effekt funktioniert. Die Orangen, die näher an den Pyramiden wachsen, sind viel größer als die, die weiter weg wachsen."
    Die Energie des 30. Breitengrads
    René Fuentes erklärt weiter, dass es verschiedene Energieportale auf der Welt gibt, von denen eines der Berg Monte Cancana ist:
    "Die Erde hat ein Raster von Längen- und Breitengraden - und da wo sich die Linien kreuzen, befinden sich die energetischen Punkte. Alle spirituellen Zentren befinden sich auf dem 30. Breitengrad. Wir befinden uns hier auf dem südlichen 30. Breitengrad und deshalb ist es ein energetischer Ort."
    Portale, Ufos und eine prächtige Aussicht
    Der nächste Stopp auf dem "Weg der Heilung" ist der Wasserfall "Luz de Luna" - Licht des Monds. Hier baden die Frauen, um sich spirituell zu reinigen.
    Die 25-jährige Natalie ist fest davon überzeugt, dass das Elqui-Tal ein energetischer Ort ist.
    "Auf jeden Fall ist es energetisch, vor allem weil es Portale gibt und weil hier schon öfters Ufos gesehen wurden. Es hat etwas Mystisches und man fragt sich: Ist das wirklich wahr? Aber sicher ist, dass das Elqui-Tal immer ein besonderer Ort sein wird."
    Ob man den mystischen Gerüchten glaubt oder nicht, die Ruhe kann man im Elqui-Tal auf jeden Fall genießen. In Dörfern, wo die Zeit stehengeblieben ist, bei der prachtvollen Aussicht auf das Tal und die Berge.