In einem Raum ist eine Stadt aus Plexiglas aufgebaut. In den Häusern fliegen Tausende Insekten wild durcheinander und werden von einem Spot angestrahlt. Daneben steht ein Koch, verarbeitet die Tiere zu Sushi und reicht sie den erstaunten Zuschauern. Das ist eine der vielen Installationen und Performances, die beim ersten Taste-Festival in Berlin zu sehen sind. Das Festival im Direktorenhaus in Berlin-Mitte will Grenzbereiche und Schnittstellen zwischen Essen, Design und Kunst zeigen, so der Kurator Pascal Johanssen:
"Da wird eben mit unserer Wahrnehmung gespielt. Man ekelt sich davor, merkt aber, dass es nicht schlecht schmeckt, wenn man es denn wirklich probiert. Wenn ich ein Schwein, wäre es nicht so groß, auch so essen würde, einfach aus der Natur gegriffen, würd ich damit auch nichts anfangen können und mich ekeln. Aber dadurch, dass es eben ganz viele Arbeitsschritte der Verfremdung und Dekonstruktion hinter sich hat, naja, essen wir es eben."
Und genau das ist die "Kultur des Essens": Die Art und Weise, wie wir die Nahrung weiterverarbeiten, konservieren und zubereiten. Und wie wir sie zu uns nehmen. Dazu gehören Essgeschirr, Besteck und Tafeldekoration genauso wie Atmosphäre und Inszenierung eines Essens. In 30 Räumen stellen fast 100 Künstler und Designer aus, die sich für das Taste-Festival mit diesem Thema beschäftigt haben. Eine von ihnen ist Karin Lucas. Sie hat in den Kochbüchern der Welt recherchiert und festgestellt: Die Zutaten sind unterschiedlich, aber die Techniken der Verarbeitung oft dieselben.
"Da gibt es den Teig belegt…"
Zum Beispiel die Pizza, aber auch Döner und Canapées.
"Die fermentierte Masse…"
Zum Beispiel Käse, Sauerkraut, aber auch der koreanische Kimchi oder das japanische Natto.
"Das Eingemachte, das Eingekochte, das Eingelegte, behandelte Derivate vom Tier, Masse geschichtet, Teig verpackt, Masse und Teig geformt und Tier bearbeitet."
Die unterschiedlichen Texturen und Zubereitungsarten von Nahrungsmitteln hat Karin Lucas in 15 Kategorien unterteilt. Sie nennt sie "Nahrungsmittelformate". Die zeigt sie auf einer großen Schautafel, die an das Periodensystem aus der Chemie erinnert. Unter Glasglocken stellt sie außerdem Beispiele aus: Eine Lasagne für "Teig geschichtet" oder ein Sushiröllchen für "Masse geformt und belegt". Ihre Arbeit geht von einem Kerngedanken aus:
"Claude Lévi-Strauss, das ist ein Anthropologe, der hat das Buch geschrieben "Das Rohe und das Gekochte", und da geht es eigentlich darum, dass, wenn man die Natur nicht aufhält, dann verfault sie, dann verschimmelt sie, und durch das Eindringen in die Natur, unser kulturelles Wissen und das Bearbeiten können wir praktisch Dinge für uns dann genießbar machen. Die Kartoffel ist eigentlich ungenießbar, und durchs Kochen können wir sie genießbar machen."
Die Kultur steckt im Essen, und das Essen – zumindest temporär – in uns. Das Allumfassende - jeder muss essen – und das Transformatorische – eine Karotte wird zur Suppe, wird zur Ausscheidung und dematerialisiert sich – fasziniert viele der teilnehmenden Künstler. Auch die Japanerin Ayako Suwa.
"Nahrung ist ein Medium mit einem unendlichen Potential. Bei Malerei geht es um die visuelle Information, bei Musik um die Akustik. Das Essen spricht alle Sinne an. Man sieht es, man hört es, man fühlt es, es ist warm oder kalt. Und am Ende wird es ein Teil von einem selbst, weil wir es in den Körper aufnehmen. Das finde ich sehr spannend."
Ihre Live-Performance "Guerilla Kitchen" ist eine Inszenierung des Essens. Frauen in engen roten und schwarzen Kleidern servieren in einem schummrig beleuchteten Raum aufgeschnittene Granatäpfel, saftige Kirschen und dunkel glänzende Trauben in schimmerndem Silbergeschirr, dazu schwebt weißer Weihrauch aus Kristallgläsern. Jede Frucht steht für ein Gefühl: zum Beispiel Glück, Sehnsucht oder Alleinsein.
Dass eine künstlerische Auseinandersetzung mit der wertvollen Ressource Nahrung Ausdruck einer Luxus-Gesellschaft ist, das bestreitet der Kurator Pascal Johanssen.
Mehr zum Thema:
Taste Festival
"Da wird eben mit unserer Wahrnehmung gespielt. Man ekelt sich davor, merkt aber, dass es nicht schlecht schmeckt, wenn man es denn wirklich probiert. Wenn ich ein Schwein, wäre es nicht so groß, auch so essen würde, einfach aus der Natur gegriffen, würd ich damit auch nichts anfangen können und mich ekeln. Aber dadurch, dass es eben ganz viele Arbeitsschritte der Verfremdung und Dekonstruktion hinter sich hat, naja, essen wir es eben."
Und genau das ist die "Kultur des Essens": Die Art und Weise, wie wir die Nahrung weiterverarbeiten, konservieren und zubereiten. Und wie wir sie zu uns nehmen. Dazu gehören Essgeschirr, Besteck und Tafeldekoration genauso wie Atmosphäre und Inszenierung eines Essens. In 30 Räumen stellen fast 100 Künstler und Designer aus, die sich für das Taste-Festival mit diesem Thema beschäftigt haben. Eine von ihnen ist Karin Lucas. Sie hat in den Kochbüchern der Welt recherchiert und festgestellt: Die Zutaten sind unterschiedlich, aber die Techniken der Verarbeitung oft dieselben.
"Da gibt es den Teig belegt…"
Zum Beispiel die Pizza, aber auch Döner und Canapées.
"Die fermentierte Masse…"
Zum Beispiel Käse, Sauerkraut, aber auch der koreanische Kimchi oder das japanische Natto.
"Das Eingemachte, das Eingekochte, das Eingelegte, behandelte Derivate vom Tier, Masse geschichtet, Teig verpackt, Masse und Teig geformt und Tier bearbeitet."
Die unterschiedlichen Texturen und Zubereitungsarten von Nahrungsmitteln hat Karin Lucas in 15 Kategorien unterteilt. Sie nennt sie "Nahrungsmittelformate". Die zeigt sie auf einer großen Schautafel, die an das Periodensystem aus der Chemie erinnert. Unter Glasglocken stellt sie außerdem Beispiele aus: Eine Lasagne für "Teig geschichtet" oder ein Sushiröllchen für "Masse geformt und belegt". Ihre Arbeit geht von einem Kerngedanken aus:
"Claude Lévi-Strauss, das ist ein Anthropologe, der hat das Buch geschrieben "Das Rohe und das Gekochte", und da geht es eigentlich darum, dass, wenn man die Natur nicht aufhält, dann verfault sie, dann verschimmelt sie, und durch das Eindringen in die Natur, unser kulturelles Wissen und das Bearbeiten können wir praktisch Dinge für uns dann genießbar machen. Die Kartoffel ist eigentlich ungenießbar, und durchs Kochen können wir sie genießbar machen."
Die Kultur steckt im Essen, und das Essen – zumindest temporär – in uns. Das Allumfassende - jeder muss essen – und das Transformatorische – eine Karotte wird zur Suppe, wird zur Ausscheidung und dematerialisiert sich – fasziniert viele der teilnehmenden Künstler. Auch die Japanerin Ayako Suwa.
"Nahrung ist ein Medium mit einem unendlichen Potential. Bei Malerei geht es um die visuelle Information, bei Musik um die Akustik. Das Essen spricht alle Sinne an. Man sieht es, man hört es, man fühlt es, es ist warm oder kalt. Und am Ende wird es ein Teil von einem selbst, weil wir es in den Körper aufnehmen. Das finde ich sehr spannend."
Ihre Live-Performance "Guerilla Kitchen" ist eine Inszenierung des Essens. Frauen in engen roten und schwarzen Kleidern servieren in einem schummrig beleuchteten Raum aufgeschnittene Granatäpfel, saftige Kirschen und dunkel glänzende Trauben in schimmerndem Silbergeschirr, dazu schwebt weißer Weihrauch aus Kristallgläsern. Jede Frucht steht für ein Gefühl: zum Beispiel Glück, Sehnsucht oder Alleinsein.
Dass eine künstlerische Auseinandersetzung mit der wertvollen Ressource Nahrung Ausdruck einer Luxus-Gesellschaft ist, das bestreitet der Kurator Pascal Johanssen.
Taste Festival