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Essen
SPD sagt Demo gegen mehr Flüchtlinge ab

Ein Protestmarsch von drei SPD-Ortsvereinen in Essen gegen mehr Flüchtlinge fällt aus. Begründet wurde der Schritt damit, dass die AfD und die NPD die Demonstration als Plattform habe nutzen wollen. Die Absage kommt nach massiver Kritik, auch von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

    Ein roter Würfel mit der Aufschrift "SPD"
    Drei Essener SPD-Ortsvereine haben zu einem "Lichtermarsch" gegen mehr Flüchtlinge im Norden der Stadt aufgerufen. (picture-alliance / dpa / Friso Gentsch)
    "Die Demo fällt aus", informierte der SPD-Ortsverein Karnap am Samstagabend auf seiner Facebook-Seite. Dort wurde zur Teilnahme an einem sogenannten "Lichtermarsch" unter dem Motto "Genug ist genug - Integration hat Grenzen - der Norden ist voll" aufgerufen. Mit der Aktion sollte am Dienstag gegen die nach Ansicht der Organisatoren ungerechte Verteilung von Flüchtlingen in Essen protestiert werden; 70 Prozent der neuen Asylunterkünfte sollten im Norden der Ruhrgebietsstadt eingerichtet werden.
    Am Samstagabend erklärte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Essen-Karnap, Stephan Duda, auf Facebook: "Da die AfD und die NPD die Demo am 26. Januar als Ihre Plattform nutzen will, werden wir die Demo absagen." Duda hatte sich gegen Kritik verteidigt und erklärte, die Aktion sei missverstanden worden. Er sei selbst ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv. Am Sonntag sind alle Einträge zur Ankündigung der Demonstration und deren Absage auf der Facebook-Seite des Ortsvereins nicht mehr abrufbar, wurden aber schon auf Twitter verbreitet.
    Die nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft kritisierte die Aktion ihrer Parteifreunde: "Die NRWSPD steht für eine offene und vielfältige Gesellschaft und eine Willkommenskultur für Flüchtlinge", schrieb sie auf Twitter. "Wenn es Probleme mit der Verteilung der Flüchtlinge in Essen gibt, muss das im Rat der Stadt diskutiert & entschieden werden. Hier ist der Oberbürgermeister gefordert." Essens Oberbürgermeister ist Thomas Kufen von der CDU.
    Auch auf der Facebook-Seite hatten viele Nutzer das Ansinnen der SPD kritisiert. "Schämt euch!", schrieben einige Nutzer. Viele verglichen die Wortwahl mit der Rhetorik der NPD. "Ihr habt da eine Botschaft vermittelt und Leute auf den Plan gerufen, die absolut NICHTS mit dem sozialen Frieden der Stadt am Hut haben. Ganz im Gegenteil."
    Am Sonntag traf sich der nordrhein-westfälische SPD-Generalsekretär André Stinka mit den drei Vorsitzenden der Ortsvereine Karnap, Altenessen und Vogelheim zu einem klärenden Gespräch. Anschließend teilte die NRW-SPD mit: "Sowohl die veröffentlichte Rhetorik im Rahmen der Bekanntgabe als auch der geplante Ablauf der Veranstaltung haben dazu geführt, dass eine vollkommen falsche Botschaft an die Bevölkerung gesendet wurde." Für die Linke erklärte der Essener Bundestagsabgeordnete Niema Movassat, die SPD begebe sich mit ihrem Demonstrationsaufruf "in Gefilde, die man sonst von der AfD kennt".
    (sdö/tzi)