Arndt Reuning: Die Reform der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, ist für 2020 geplant. Höchste Eisenbahn also für ein paar gute Ideen für den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Ein Vorschlag kommt von Erik Gawel, Professor an der Universität Leipzig
und Departmentleiter am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Er schlägt vor, in Deutschland eine Pestizid-Abgabe einzuführen. Am Telefon wollte ich von ihm wissen, wie so etwas aussehen könnte.
und Departmentleiter am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Er schlägt vor, in Deutschland eine Pestizid-Abgabe einzuführen. Am Telefon wollte ich von ihm wissen, wie so etwas aussehen könnte.
Erik Gawel: Das ist relativ einfach - von allen Händlern und Importeuren - die Pestizide in Verkehr bringen, verkaufen, wird ein Aufschlag auf den Preis verlangt, ganz im Stil einer üblichen Verbrauchssteuer.
"Umwelt- und Gesundheitsfolgen mitdenken"
Reuning: Und was erhoffen Sie sich von solch einer Abgabe oder Steuer?
Gawel: Die Leistungen einer solchen Abgabe sind vielfältig. Man wird in erster Linie an die Finanzierung denken, denn eine solche Abgabe bringt ja Mittel auf, die im Rahmen der Pflanzenschutzmittelpolitik sinnvoll eingesetzt werden können. Aber die Abgabe hat darüber hinaus natürlich weitere Funktionen, etwa die Lenkungswirkung, die Signalwirkung an die Anwender: Die externen Lasten, die der Gesellschaft aufgebürdet werden hinsichtlich der Umwelt- und Gesundheitsfolgen, mitzudenken, die werden dann im Preis ausgedrückt, und dadurch die Anwender in die Kostenverantwortung nehmen.
Reuning: Ja, würden denn die Händler nicht diese Kosten einfach nur weiterreichen an die Landwirte und die wiederum an die Verbraucherinnen und Verbraucher?
Gawel: Ja, und auch das wäre genau sinnvoll, denn letztlich müssen sich auch in den Agrarproduktpreisen diese Kosten widerspiegeln. Das führt ja beispielsweise dazu, dass der ökologische Landbau den Vorteil umweltfreundlicher Produktion, was Pestizide angeht, dann endlich auch im Verbraucherpreis ausdrücken kann. Also dieser Effekt ist ausdrücklich erwünscht.
Verminderter Pestizideinsatz, keine großen Ertragseinbußen
Reuning: Welche Folgen ganz konkret würde denn solch eine Abgabe haben für die Landwirte?
Gawel: Nun, Landwirte müssten für den bisherigen Pestizideinsatz mehr zahlen und hätten dann Veranlassung, über Alternativen nachzudenken. Verschiedene internationale Studien zeigen auf, dass auch ein verminderter Pestizideinsatz, ein intelligenterer Einsatz der Mittel ohne nennenswerte Ertragseinbußen möglich ist. Die Abgabe gibt also Veranlassung, hier auch noch mal in Information zu investieren, sich genauer schlauzumachen, mit welchen Maßnahmen man möglicherweise die Abgabe vermeiden kann. Im Endeffekt wird es natürlich eine gewisse Überwälzung im Produktpreis geben, das ist aber - wie erwähnt - sinnvoll. Sollte es wirklich bei bestimmten Bereichen zu Härten kommen, haben wir immer die Möglichkeit, über das Abgabenaufkommen auch Rückzahlungen in den Landwirtschaftssektor zu organisieren, und zwar so, dass die Anreizwirkung bestehen bleibt, aber punktuelle oder sektorale Härten damit gemildert werden.
Eventuelle Härten im Agrarsektor ausgleichen
Reuning: Die Einnahmen, die dadurch erzielt würden, lassen sich sinnvoll verwenden, sagen Sie. Können Sie dafür noch mal ein paar Beispiele geben?
Gawel: Nun, es gibt ja vielfältige Maßnahmen, den Pestizideinsatz in seiner Wirkung für die Umwelt oder die Risiken, die daraus entstehen, günstiger zu beeinflussen, etwa durch Blührandstreifen. Das sind dann Maßnahmen, wo Landwirte etwa auf bestimmte Kultivierung verzichten, das könnte dann sozusagen aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Darüber hinaus gibt es natürlich auch die Möglichkeit, eventuelle Härten im Agrarsektor durch pauschale Rückzahlungen, also Kompensationszahlungen, auszugleichen. Also diese Möglichkeit besteht natürlich auch. Diese finanziellen Mittel, die die Abgabe aufbringt, können sehr vielfältig eingesetzt werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.