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EU-Agrarreform
Deutschland weicht Ökovorschriften auf

Die Agrarsubventionen der EU sind schon lange umstritten. Allein die deutschen Bauern erhalten bis zum Jahr 2020 voraussichtlich 35 Milliarden Euro. Zukünftig möchte die EU-Kommission die Subventionen an bestimmte Umweltstandards knüpfen. Doch Deutschland versucht das aufzuweichen.

Von Stefan Maas | 26.02.2014
    Es sollte eine große Reform werden. Die europäische Agrarpolitik gerechter; und vor allem grüner. Das jedenfalls war der Plan des zuständigen EU-Kommissars Dacian Cioloş. Doch die Pläne zur Umsetzung in den Mitgliedsstaaten rufen bei vielen Beteiligten eher Unmut hervor. Auch wenn der sehr unterschiedliche Gründe hat. Für Ulrich Jasper von der "Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft" ist der Gesetzentwurf, den das Landwirtschaftsministerium dem Kabinett heute vorgelegt hat eher Garant dafür, dass alles weiterlaufen wird wie bisher. Und damit die Reformideen torpediert werden. Jasper macht das an mehreren Punkten fest: Zunächst einmal an den Vorgaben zu den Direktzahlungen, die die Bauern aus Brüssel erhalten.
    "Es bleibt bei der heutigen Verteilung. Und das heißt, dass je größer ein Betrieb ist, er schlicht umso mehr Geld bekommt."
    Dabei dürfe die Größe eigentlich nicht der entscheidende Faktor sein, meint Jasper. Vielmehr müsse gemessen werden, wie ökologisch die Höfe arbeiteten. Und das war auch eigentlich der Plan des Agrarkommissars: Ein Teil der Gelder sollen in Zukunft an Auflagen gebunden sein, etwas für Umwelt und Artenvielfalt zu tun. Jeder Landwirt soll fünf Prozent seiner Fläche ökologisch belassen, darf dort nur Pflanzen anbauen, die der Natur etwas bringen. Eiweißpflanzen zum Beispiel, die Stickstoff im Boden binden. Besser wäre es, die Fläche ganz der Natur zu überlassen. Dünger und Pestizide sollten auf diesen Flächen dann nicht zum Einsatz kommen, hatte der EU-Agrarkommissar vorgesehen. Damit aber konnte er sich nicht durchsetzen. Nun ist es an jedem Mitgliedsland, seinen Landwirten den Einsatz von Dünger und Pestiziden auf diesen "ökologischen Vorrangflächen" zu erlauben oder nicht. Das Landwirtschaftsministerium will das erlauben, ärgert sich Ulrich Jasper.
    "Die Bundesregierung unterhöhlt den Ansatz. Das ist kein Greening mehr, was da passiert, sondern das ist ganz bewusst von der Bundesregierung, vom Bundeslandwirtschaftsministerium ein Greenwashing."
    Auch die EU-Kommission hat ihre Zweifel, dass damit das Ziel erreicht werden kann, die Landwirtschaft ökologischer zu machen. Doch der neue Landwirtschaftsminister Christian Schmidt erklärte bei Treffen mit Agrarkommissar Cioloş vor wenigen Tagen: Die geplanten Reformen müssten natürlich einen Mehrwert für die Umwelt haben. Sie dürften aber nicht "zu großräumigen Flächenstilllegungen führen."
    Genau das fürchtet der Deutsche Bauernverband. Und ist – obwohl er den weiterhin möglichen Düngemittel- und Pestizideinsatz auf ökologischen Vorrangflächen begrüßt - ebenso unzufrieden wie die Umweltschützer mit dem Gesetzentwurf, den das Agrarministerium vorgelegt hat, sagt Bernhard Krüsken, der Generalsekretär:
    "Die Zielsetzung, die man mit der Agrarreform hat, die wird mit diesem Gesetzentwurf deshalb nicht richtig umgesetzt, weil wir in entscheidenden Punkten, insbesondere beim Grünlandschutz deutlich über die EU-Vorgaben hinausgehen."
    Beim Grünlandschutz geht es darum, bestimmte Flächen dauerhaft für jede Art der landwirtschaftlichen Bearbeitung auszunehmen.
    Das übe einen enormen Druck auf die verbleibende landwirtschaftliche Fläche aus. Und so setzen alle Parteien ihre Hoffnung auf den Bundestag und die Länder im Bundesrat, den Gesetzentwurf noch in ihrem Sinne zu verändern.