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EU bewertet Sicherheit von Fleisch und Milch geklonter Tiere

Soll Fleisch und Milch von geklonten Tieren oder deren Nachkommen in die menschliche Nahrungskette gelangen oder nicht? Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer und der Deutsche Bauernverband sprachen sich heute dagegen aus, doch die Debatte hat erst begonnen. Bei dem Thema geht es nicht nur um die Sicherheit so erzeugter Lebensmittel, es geht auch um ethische Fragen. Mit beiden Aspekten hat sich die EU beschäftigt.

Von Mirjam Stöckel |
    Sie klingen wie normale Kühe, sie sehen aus wie normale Kühe - aber es gibt einen Unterschied: Klon-Kühe entstehen im Labor durch modernste Fortpflanzungstechnik. Wissenschaftler entkernen beim Klonen eine Eizelle und pflanzen ihr das Erbgut eines lebenden Rindes ein. Dieses Ei wird einem Leih-Mutter-Tier eingepflanzt - und heraus kommt im besten Fall: die exakte Kopie des Ursprungstiers, quasi ein Zwilling. Und wenn es schief geht: ein missgebildetes Klon-Kalb, das kurz nach der Geburt stirbt. Etwa zwei von zehn Klonversuchen enden so. Trotzdem: Klonen ist gerade in der Spitzenzucht gefragt. Heiner Niemann vom Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesundheit:

    "Wenn sie ein wertvolles Zuchttier haben - wie der Fachmann sagt einen wertvollen Vererber oder eine wertvolle Vererberin - dann können sie die durch Klonen reproduzieren. Aus einem solchen Tier zwei oder drei machen. Und damit sicherstellen, dass von diesen wertvollen Zuchttieren genügend Sperma oder Eizellen geliefert werden können, die dann für die weitere Nachkommenproduktion eingesetzt werden können. "

    Vorreiter in Sachen Klonen sind die USA. Dort gibt es derzeit etwa 600 geklonte Tiere - und am Dienstag hat die US-Behörde für Lebensmittelsicherheit endgültig grünes Licht gegeben: Fleisch und Milch von Klon-Kühen, Schweinen und Ziegen sind sicher und dürfen in die Supermärkte. Auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis solche Produkte tatsächlich in den Regalen liegen.

    Diese Entwicklung beobachtet auch die EU-Kommission in Brüssel seit geraumer Zeit. Nina Papadoulaki, Sprecherin des EU-Gesundheitskommissars Markos Kyprianou:

    "Es wird gerade viel über Klonen diskutiert und die Techniken werden immer besser. Da können wir nicht einfach die Augen zumachen und sagen: Wir kümmern uns darum nicht."

    Mehrere Tausend Euro kostet ein Klon-Tier derzeit - und schon allein deshalb werden die kopierten Tiere in absehbarer Zeit nicht selbst zu Steaks verarbeitet werden. Das Fleisch und die Milch ihrer Nachkommen aber, sagt die EU-Kommission, kommt früher oder später sicherlich in die weltweite Handelskette - und Europa muss darauf vorbereitet sein. Deshalb hat die Kommission vor knapp einem Jahr zwei Gutachten angefordert - eins bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und eins bei ihren Beratern in Ethikfragen. Seit heute liegen beide Gutachten vor - und sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Die Beratergruppe für Ethikfragen verweist auf die Gesundheitsprobleme und das Leid vieler Klontiere - und sie bezweifelt, dass Klonen zur Lebensmittelherstellung ethisch zu rechtfertigen ist. In dem vorläufigen Gutachten der Experten für Lebensmittelsicherheit dagegen heißt es:

    "Wenn man davon ausgeht, dass kranke Klone aus der Nahrungsmittelkette herausgehalten werden, ist es sehr unwahrscheinlich, dass es in Sachen Sicherheit einen Unterschied gibt zwischen Lebensmitteln, die von Klonen und ihren Nachkommen stammen und Produkten von herkömmlich gezüchteten Tieren."

    Brüssel wartet jetzt noch auf den endgültigen Bericht der Lebensmittelfachleute im Mai. Und so lange bleibt offen, ob die EU-Kommission eigene europäische Vorschriften für Klon-Nahrung auf den Weg bringt. Sprecherin Nina Papadoulaki:

    "Bis dahin arbeiten wir an einer Meinungsumfrage, um herauszufinden, wie die Europäer in Sachen Klonlebensmittel denken und fühlen. Erst wenn wir alle Informationen beieinander haben, werden wir entscheiden, ob es nötig ist, weitere Maßnahmen zu ergreifen und falls ja, welche das sein werden."

    Bei aller Unklarheit - eins ist heute sicher: Eine Kennzeichnungspflicht für Klonprodukte - wie sie schon gefordert wurde - wäre sinnlos. Denn es gibt im Moment keine wissenschaftliche Methode, die nachweisen könnte, ob ein Steak aus dem Kühlregal Klonfleisch ist oder nicht. Wer genug kriminelle Energie hat, könnte eine Kennzeichnungspflicht also ungestraft hintergehen. Einziger Ausweg für alle, die auch in Zukunft ganz sicher kein Klonfleisch essen wollen: das Bioregal - denn diese Branche wird auch in Zukunft auf Klontechnik verzichten.