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EU-Gipfel
Staatschefs verschieben Reformverträge

Bundeskanzlerin Merkel fordert von den EU-Mitgliedsstaaten eine Festlegung auf Wirtschaftsreformen. Beim EU-Gipfel in Brüssel wurde ihr Vorschlag blockiert. Die Einführung verbindlicher Reformverträge wurde verschoben.

20.12.2013
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande unterhalten sich auf dem EU-Gipfel in Brüssel.
    Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande mussten beim EU-Gipfel Dämpfer hinnehmen. (dpa/EPA/Hoslet)
    Eine Entscheidung über die Einführung verbindlicher Reformverträge soll es erst im Oktober 2014 geben. "Ich sage ganz frank und frei, hier wird noch viel Arbeit notwendig sein", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Nacht beim EU-Gipfel in Brüssel. Ursprünglich sollte der Vorschlag im Juni auf der Tagesordnung stehen.
    Merkel setzt sich schon seit längerem dafür ein, die Umsetzung von Reformen zwischen Mitgliedsstaaten und EU-Kommission verbindlich zu vereinbaren. Für die Umsetzung von Reformen soll es finanzielle Hilfe geben. Ungeklärt ist, ob diese über den EU-Haushalt oder ein neues Budget abgedeckt werden soll. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) fragte: "Wo kommt das Geld her? Das ist eine völlig ungeklärte Frage."
    Indirekte Kritik von Merkel
    Merkel räumte ein, dass die Beratungen schwierig seien und die Dringlichkeit offenbar nicht von allen Mitgliedsstaaten gesehen werde, da die "wirtschaftspolitische Koordinierung von den Märkten scheinbar nicht so wichtig" genommen werde. "Wir haben uns sehr daran gewöhnt, wenn die Finanzmärkte die Zinsen steigen lassen, dann wird agiert. Und wenn nicht, dann wird nicht agiert", kritisierte die Kanzlerin.
    Angesichts der Widerstände war Merkel nach eigenen Worten sogar bereit, einen Beschluss bis Dezember 2014 aufzuschieben. Dagegen hätten sich aber EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso ausgesprochen, deren Amtszeit vorher ende. Aufgeben will Merkel das Projekt nicht. "Wir werden da Millimeter für Millimeter vorankommen", sagte die Kanzlerin. "Aber es ist eine Millimeterarbeit, das gebe ich auch zu."
    Uneins bei Verteidigungspolitik
    Differenzen gibt es auch in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Der französische Präsident François Hollande konnte sich auf dem Gipfeltreffen in Brüssel nicht mit der Forderung nach einer gemeinsamen Finanzierung der Auslands-Militäreinsätze einzelner Mitgliedsstaaten durchsetzen. Vereinbart wurde lediglich eine Überprüfung der bisherigen Regelungen. Vor allem der britische Premierminister David Cameron wandte sich gegen militärische Doppelstrukturen zwischen Nato und EU.
    Merkel pocht bei Frankreichs Forderung nach finanzieller Unterstützung von Auslandseinsätzen auf ein vorheriges EU-Mandat. Die Mitgliedstaaten müssten entscheiden, ob es eine "europäische Verantwortung" für solche Missionen gebe, sagte Merkel. Ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats allein reiche für eine europäische Finanzierung von Auslandseinsätzen nicht aus.
    Ukraine auf der Agenda
    Der EU-Gipfel wird heute in Brüssel fortgesetzt. Die Staats- und Regierungschefs sprechen unter anderem über die Situation in der Ukraine. Trotz der engeren Anbindung Kiews an Russland ist die EU weiter bereit, mit der Ukraine jederzeit ein Assoziierungsabkommen zu unterschreiben. Dieses Signal wollte der EU-Gipfel aussenden, wie aus dem Entwurf der Abschlusserklärung hervorgeht. Allerdings wächst die Kritik der Europäer an der pro-russischen Regierung in Kiew unter Staatspräsident Viktor Janukowitsch. Litauens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite sagte: "Europa ist offen für das ukrainische Volk. Aber nicht unbedingt für diese Regierung. Das ist die Botschaft."
    Ferner soll es um die Problematik von Flüchtlingen gehen, die auf dem Seeweg nach Europa kommen. Es wird auch erwartet, dass die Regierungschefs eine Empfehlung der EU-Außenminister bestätigen, mit dem Beitrittskandidaten Serbien im Januar offizielle Verhandlungen über eine Aufnahme zu beginnen.