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EU-Kommission will generelle Umwelthaftung - unabhängig von Eigentums- und Schuldfragen

Zu den Regeln des friedlichen Zusammenlebens zählt, dass derjenige, der etwas kaputt macht oder zerstört, es wieder repariert oder durch etwas gleichwertiges ersetzt. Wer beispielsweise eine Schaufensterscheibe einschlägt, muss eine neue besorgen. Wer einem anderen das Nasenbein bricht, muss Schadensersatz zahlen.

Ralph Arens |
    Zu den Regeln des friedlichen Zusammenlebens zählt, dass derjenige, der etwas kaputt macht oder zerstört, es wieder repariert oder durch etwas gleichwertiges ersetzt. Wer beispielsweise eine Schaufensterscheibe einschlägt, muss eine neue besorgen. Wer einem anderen das Nasenbein bricht, muss Schadensersatz zahlen.

    Dieses Gebot gilt aber bislang nicht für Tiere und Pflanzen, die in der freien Natur leben und wachsen, obwohl auch sie von Schäden betroffen sind: So lief 1986 nach einem Brand bei der Basler Chemiefirma Sandoz eine große Menge an giftigem Lösch- und Kühlwasser in den Rhein und tötete Zehntausende von Fischen. Im Dezember 1999 schlug der Tanker 'Erika' bei schwerer See vor der Bretagne leck, tausend Tonnen Öl liefen aus und Hunderttausende Vögel verendeten qualvoll.

    Schäden an der Umwelt müssen jedoch nur beglichen werden erläutert Nils Hellberg vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin,

    wenn zum Beispiel aufgrund austretender wassergefährdender Flüssigkeiten aus einer Anlage ein privat genutzter Fischteich verseucht würde, dann würden die dort im Privateigentum bestehenden Fische als Sachschaden gedeckt von der bisherigen Umwelthaftpflichtversicherunglösung. Wenn diese Fische im Allgemeineigentum wie auch im übrigen der See stehen, dann fehlt es an der sogenannten Drittschadenbezogenheit - wie wir sagen - und dann besteht keine Möglichkeit, dieses über die gängigen am Markt eingeführten Versicherungsmodelle abzudecken.

    Bisher musste sich auch kein Unternehmen gegen solche Schäden versichern, weil in Europa die juristische Grundlage für eine generelle Umwelthaftung fehlte. Das will die Europäische Kommission jetzt ändern. Dazu hat sie ein neues Gesetz vorgeschlagen: die 'Richtlinie über Umwelthaftung zur Vermeidung von Umweltschäden und zur Sanierung der Umwelt'. Danach soll der Verursacher künftig unabhängig von Eigentums- und Schuldfragen haften. Ludwig Krämer von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission.

    Der Richtlinienvorschlag versucht zum ersten Mal bei Schäden, die auftauchen, auch Schäden an der Umwelt, am Boden, an der biologischen Vielfalt und an Gewässern abzudecken, auch soweit persönliche Schaden - also an Gesundheit und Eigentum - nicht betroffen sind. Das ist das entscheidend neue an dem Vorschlag.

    Doch was sollen solche Schäden kosten? Und es kann teuer werden, glaubt Hans-Heinrich Lindemann vom Umweltbundesamt:

    Ein alter Baum, wenn man den kaufen wollte, geht schon in die zehntausende. Da kann man raus ersehen, dass ein richtig alter Baum so schnell gar nicht ersetzt werden kann. Durch einen Baum schon gar nicht. Da muss man eben zahlreiche gleich anpflanzen. Und da kann man ersehen, dass es schnell in sechsstellige Summe gehen kann.

    Schon eine Stieleiche oder eine Sommerlinde kann in Baumschulen mehr als 5.000 Euro kosten. Und dabei bliebe es wohl nicht, ergänzt Hans-Heinrich Lindemann.

    Ich glaube, dass man da nicht bei Beträgen ansetzen kann, die in dem Bereich bleiben, wie ein Baum ersetzt werden muss. Sondern das sind höhere Beträge, wo man ansetzen muss etwa bei der Bedeutung, die eine solche Art für das gesamte Öko-System haben könnte. Und auch da ist man natürlich auf naturwissenschaftlichen Sachverstand angewiesen. Und im Ende kann man diese Dinge nicht mechanisch berechnen, sondern es bleibt ein Stück weit Spekulation, was ein solcher Artenverlust bedeutet. Aber ich denke, man sollte ihn aus Vorsorgegründen recht hoch ansetzen.

    Wie hoch die Kosten bei einem Unfall sein werden, das will die Europäische Kommission nicht festlegen. Das werde die Rechtsprechung im Laufe der Zeit erarbeiten, meint Ludwig Krämer - so wie beim Schmerzensgeld für Menschen.

    In Deutschland gab es zum ersten Mal ein Schmerzensgeld für die Beeinträchtigung am Persönlichkeitsrecht irgendwann in den 50er Jahren, den berühmten Herrenreiter-Fall, wo eine Person abgebildet wurde gegen ihren Willen auf einem Werbespot für ein Stärkungsmittel. Damals betrug der Schadensersatz, den man zusprach 20.000 Mark, was lächerlich ist. Wenn heute das Bild von Caroline von Monaco unrechtmäßig verwendet wird, gehen die Gerichte auf 100.000 oder 120.000 Euro, vielleicht noch höher. Das ist aber völlig freie Rechtsprechung. Hierzu gibt es überhaupt kein Gesetzeswerk. Dafür gibt es Schmerzensgeldtabellen, die von den Versicherungsgesellschaften herausgegeben werden, an denen sich die Gerichte lose orientieren. Aber sie können ziemlich genau sagen, ein ausgeschlagenes Auge kostet mehr oder weniger so etwas. Was wahnsinnig zynisch ist, denn keine 5.000 Mark können sie für den Rest ihres Lebens für den Verlust eines Auges entschädigen. Genauso wird sich im Laufe der Jahre herausbilden müssen, der Preis für einen Steinadler, für einen Wachtelkönig und ähnliches. Das ist schwierig.

    Zurzeit gebe es jedoch keine Versicherungspolicen gegen solche Umweltschäden, klagt Friedrich Kretschmer vom Bundesverband der Deutschen Industrie:

    Die Versicherungswirtschaft sagt uns - und das ist unsere Hauptkritik an dem Vorschlag - Schadensszenarien, Schädigungen von Habitat-Gebieten und Schädigungen der Wasserqualität, ohne dass dadurch irgend jemand zu Schaden kommt, sind Dinge, die heute nicht versichert werden können. Und die wahrscheinlich in Zukunft auch nicht versichert werden. Und dann stellt sich für die Industrie natürlich die Frage, was tun wir. Und diese Frage ist im Augenblick noch nicht beantwortet.

    Aber auch wenn momentan keine entsprechenden Policen angeboten werden, sind Umweltschäden im Prinzip versicherbar. Die USA machen es vor. So verlangt der amerikanische Gesetzgeber seit der Ölpest vor der Küste Alaskas, als der Tanker 'Exxon Valdez' leckschlug, dass Schiffe, die Öl oder gefährliche Chemikalien transportieren, sich gegen Umweltschäden versichern. Hierbei geht es nicht nur um die Kompensation eingetretener Schäden, sondern auch um Prävention - um die Vorsorge. Ludwig Krämer:

    Das hat schon Seneca gesagt: 'Kein Weiser bestraft, weil man eine Straftat begangen hat, sondern man bestraft, damit es nicht mehr begangen wird'. Das heißt, ein Vorsorgegedanken liegt jedem Haftungstatbestand auch zugrunde. Aber zunächst einmal ist im Vordergrund der Gedanke, sie erziehen ihre Kinder dazu, dass sie keine Straftaten begehen - nicht, dass sie für die Straftaten, die sie später begehen, unter Umständen auch einstehen müssen. Das ist etwas völlig anderes.

    Die Wirtschaft scheint das neue Instrument nicht zu fürchten. Friedrich Kretschmer vom Bundesverband der Deutschen Industrie:

    Niemand kann so perfekt sein, dass es niemals zu Schäden kommt, man muss sich also auf die Lage einstellen, dass doch mal etwas passiert. Und die Zeitungen berichten ja von Zeit zu Zeit darüber. Für diesen Fall muss vorgesorgt werden. Und da ist die Frage natürlich, Verlagerung des Risikos auf eine größere Zahl, quasi das Versicherungsprinzip. Ich zahle mit vielen anderen in eine Versicherung ein. Und wenn mir was passiert, bekomme ich von der Versicherung etwas heraus. Das wird wahrscheinlich viele Unternehmen der Hauptpunkt sein. Denn die meisten Unternehmen sind heute im Umweltschutz schon sehr aktiv tätig - vor allen Dingen die großen Unternehmen. So dass es keine sehr große Steigerung der Prävention geben wird.

    Doch:

    Man merkt diesem Entwurf deutlich an, dass hier die Kommission ganz klar Kniefälle vor der Industrie gemacht hat.

    entgegnet Hiltrud Breyer, Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament. Sie ist von der Gesetzesinitiative enttäuscht:

    Es soll nicht gehaftet werden bei Fällen, wo es eine Genehmigung gab. Das ist geradezu absurd. Denn niemand würde behaupten, jemand der ein Führerschein hat oder eine KFZ-Zulassung, der ist automatisch von der Haftung befreit bei einem Unfall.

    und warum sollten für Autofahrer andere Regeln gelten als für Industriebetriebe, fragt sich Hiltrud Breyer.

    Ein ganz zentraler Punkt ist die Gefährdungshaftung. Das heißt, dass auch gehaftet werden muss für Fälle, für Unfälle, wo es von vornherein nicht ersichtlich war, dass es zu einem Unfall kommen könnte. Das war eigentlich der zentrale Punkt, weil das hätte auch zu mehr Innovation geführt. Das hätte die Industrie auch dazu verleitet, ihrerseits viel mehr in Sicherheitsforschung zu investieren und das Vorsorgeprinzip stärker zu verankern. Dem ist leider nicht Rechnung getragen worden. Und damit ist das Herzstück der Umwelthaftung eigentlich weg.

    Auch Hans-Heinrich Lindemann vom Umweltbundesamt kritisiert den Richtlinienvorschlag in diesem Punkt.

    Es ist zu eng gesehen, wenn man durch eine Genehmigung praktisch die spätere Haftung ausschließt. Dazu ist die technisierte Gesellschaft zu weit fortgeschritten. Und da kann man nicht dieses Risiko, was durch die starke technische und wirtschaftliche Entwicklung entsteht und ganz drastisch ist, allein auf den Staat zurück verlagern. Das, glaube ich, reicht nicht aus. Schließlich werden auch die Gewinne bei den Anlagenbetreibern eingefahren. Und es ist sinnvoll, da das Risiko von Umweltschäden bereits einzukalkulieren und von vornherein in die Kostenrechnung aufzunehmen.

    Industrievertreter Friedrich Kretschmer ist dagegen anderer Ansicht.

    Denn schließlich prüft der Staat ja bei der Genehmigung die Risikolage. Er erteilt mir sozusagen ein Zertifikat, dass nach seiner Risikoanalyse meine Tätigkeit gefahrlos für die Öffentlichkeit ausgeübt werden kann. Wenn er sich dort irrt, dann ist doch die berechtigte Frage, ob dies dann unbedingt zu Lasten des Unternehmens geht oder ob das dann nicht eher eine Sache der Genehmigungsbehörde, sprich des Staates selber ist.

    Doch dieser Schuss könnte durchaus auch nach hinten losgehen, weiß Friedrich Kretschmer. Denn

    wenn der Staat per Richtlinie oder Verordnung der EG jetzt angehalten wird, trotz erteilter Genehmigung die Kosten dann selbst zu übernehmen - denn darauf läuft es letztlich ja hinaus, irgend jemand muss die Kosten ja tragen -, könnte es natürlich sein, dass die Genehmigungsverfahren sich verlängern, weil dann sehr genau hingeguckt wird. Ein Amt, das befürchten muss, letztlich finanziell per Staatshaftung für Genehmigungen gerade zu stehen, wird eher geneigt sein, noch ein bisschen genauer und noch ein bisschen länger und noch ein bisschen gründlicher hinzuschauen, bevor es eine na vielleicht etwas gefährliche Tätigkeit genehmigt.

    Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, ein Vorschlag der Kommission ist kein Gesetz. Das Europäische Parlament und der Ministerrat werden in den nächsten beiden Jahren über diesen Vorschlag der Brüsseler Behörde beraten. Selbst Kommissionsexperte Ludwig Krämer sieht Klärungsbedarf:

    Das sind natürlich Fragen, die sich im Rahmen dieses Richtlinienvorschlags stellen. Und die sich die Gemeinschaft wird stellen müssen. Wie weit soll und wie weit kann eine solche Genehmigung auch den Haftungstatbestand einschränken oder ausschließen. Die Kommission hat das vorgeschlagen, aber Sie sehen am Beispiel Arzneimittel, dass man auch verschiedene Auffassungen hier haben kann.

    Denn Pharmafirmen müssen haften, auch wenn sich erst nach Zulassung eines Medikamentes herausstellt, dass es schädigende Wirkungen hat. - Die Frage, ob genehmigte Tätigkeiten von der Haftung ausgenommen sein sollen, wird bei gentechnisch veränderten Organismen politisch brisant. Denn die schwedische Umweltkommissarin Margrit Wallström hatte vor zwei Jahren versprochen, die Haftung für solche Organismen umfassend zu regeln. Und diese Zusage war für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments eine Voraussetzung dafür gewesen, dem neuen Gesetz über die Freisetzung zum Beispiel von gentechnisch veränderten Raps oder Mais zuzustimmen. Über die Umwelthaftung wollten die Abgeordneten sicherstellen, dass die Industrie sehr umsichtig etwa mit diesen transgenen Pflanzen umgeht. Doch die Europäische Kommission hat in ihrem Gesetzesvorschlag eine generelle Haftung für solche Organismen ausgeschlossen. Für das gesamte Europäische Parlament kann es jetzt nur darum gehen, hier den Vorschlag der Kommission nachzubessern, meint jedenfalls Hiltrud Breyer:

    Ich könnte mir vorstellen, dass das für viel Unmut im Parlament sorgt, auch bei den anderen Fraktionen. Denn niemand - und das ist wirklich fraktionsübergreifend hier - lässt sich gerne von der Kommission an der Nase herumführen. Und da ist das Parlament sehr sensibel. Wenn es Zusicherungen von der Kommission gibt, dann wird auch erwartet, dass die eingehalten werden.

    Ludwig Krämer hingegen glaubt, dass diese Frage nicht durch das Haftungsrecht gelöst werden kann:

    Natürlich verändern Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, mittel- und langfristig unsere Umwelt. Daran habe ich wenig Zweifel und ich habe wenig Personen getroffen, die daran Zweifel haben. Aber wir haben doch politische Entscheidungen, die diese Veränderungen akzeptieren oder wollen. Und ich glaube, die politische Entscheidung liegt dort, dass man sagt, wollen wir diese Technik oder wollen wir diese Technik nicht. Nicht bei der Frage, wir wollen diese Technik, aber sie soll ohne Veränderung passieren. Das ist ein Widerspruch beinah in sich selbst.

    Strittig an der Gesetzesinitiative aus Brüssel ist auch, wie viel Natur geschützt werden soll. Die Europäische Kommission sieht das eng. So sollen etwa Schäden durch Ölverschmutzungen vor den Küsten Europas ebenso wenig unter die Richtlinie fallen wie nukleare Katastrophen. Denn hier greifen internationale Übereinkommen wie die Wiener Übereinkommen von 1963 und 1997, die die Haftung bei nuklearen Schäden regeln sollen:

    Wir können nicht die gesamte Umwelt schützen. Wenn sie das wollten, müssten sie in dem Augenblick, in dem ein Baum gefällt wird, dazu kommen, dass sie ein Haftungstatbestand konstruieren, der vorsieht, dass für das Fällen eines Baumes eine Entschädigung zu zahlen ist. Das geht sehr weit, weil in diesem Umfang jede menschliche Tätigkeit irgendwo einen Haftungstatbestand auslösen würde,

    so Ludwig Krämer. Die Europäische Kommission will daher 'nur' die biologische Vielfalt auf etwa zehn Prozent der Gesamtfläche der Europäischen Gemeinschaft haftungsrechtlich schützen - nämlich alles, was unter die 'Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie' fällt. Dieses europäische Naturschutzgesetz schützt seltene Tiere, wie etwa den Rothirsch oder den Wachtelkönig, und spezielle Lebensräume wie Heidegebiete und Hochmoore. Das ist Hiltrud Breyer von den Grünen zu wenig

    Das heißt, zahlreiche Gebiete sind schon von vornherein ausgenommen. Von daher läuft eigentlich dieser Entwurf ins Leere, weil er nicht dazu dient, dass die Industrie mehr Eigenverantwortung zeigen würde, wenn sie wüsste, dass sie in die Pflicht genommen wird bei einem Unfall.

    Auch deshalb, weil es Behörden sind, die aktiv werden sollen. Bürger dürfen nach den Vorstellungen der Kommission die Behörden nur auf Mißstände hinweisen:

    Ich hätte es besser gefunden, wenn man auch die zivilrechtliche Klage eingeführt hätte. Oder dass man zumindest noch Verbesserungen gibt für Umweltverbände zu klagen. Das es noch einfacher für sie wird. Denn das hätte, denke ich, mehr dazu geführt, dass diese Umwelthaftung auch wirklich ein ökonomisches Instrument wird, was dazu führt, das wir unsere Umwelt auch stärker schützen.

    Das sei zwar im Gespräch gewesen, doch letztlich hat sich die Europäische Kommission dagegen entschieden. Ludwig Krämer:

    Sie klagen ja nicht eigene Schäden ein. Die Richtlinie sieht ja nicht vor, das ersetzt werden soll der Körperschaden oder der Sachschaden eines einzelnen Bürgers, sondern der Schaden an der Umwelt. Unser Rechtssystem ist so aufgebaut, dass man klagen kann für die Verletzung eigener Rechte, also Rechte des einzelnen Bürgers. Aber die Richtlinie regelt nicht Rechte des einzelnen Bürgers, sie regelt Rechte der Umwelt. Sie gehört uns allen. Und das ist die große Crux der Umwelt. Wenn heute irgendwelche Seehunde in der Nordsee hat der einzelne Bürger auch nicht die Möglichkeit, Klage zu erheben, weil die Seehunde verenden, ihm nicht gehören. Da liegt das Problem.

    Hans-Heinrich Lindemann sieht die Rolle der Behörden aus einem anderen Grund überstrapaziert:

    Der Ansprechpartner der Richtlinie sind ja an vielen Stellen die Behörden. Dass die Behörden den Betreiber verpflichten muss, die Sanierung vorzunehmen oder auch entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Geht das nicht - aus welchen Gründen auch immer, entweder ist der Betreiber faktisch nicht in der Lage oder er ist finanziell nicht in der Lage oder in die Insolvenz gefallen -, dann ist der Staat verpflichtet, diese Sanierung vorzunehmen. Auf jeden Fall muss der Staat tätig werden. Er kann sich entweder an den Betreiber wenden oder er muss selber tätig werden.

    Und das hält Lindemann prinzipiell für den falschen Ansatz:

    Ich sehe da vor allem deswegen Bedenken, weil der Staat ohnehin in der aktuellen Entwicklung - das dürfte EG-weit vergleichbar sein - relativ knappe Finanzmittel nur hat. Und der Ausgleich von Umweltschäden auf den Staat zu überwälzen, dürfte für die Umwelt nicht eine optimale Lösung sein.

    Trotz aller offenen Fragen und aller Kritik hält der Kommissionsbeamte Ludwig Krämer den Richtlinienvorschlag für einen Schritt in die richtige Richtung:

    Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Wir müssen anfangen, über diese Fragen nachzudenken und sie zu lösen. Das kann ein erster Schritt sein. Und vielleicht ist unsere Gesellschaft langsam dann auf den Weg zu erkennen, dass der Zustand der Umwelt in Westeuropa in den letzten 30 Jahren sich verschlechtert hat und nicht sich verbessert hat. Dass die Menge und Qualität der Umwelt, die wir besitzen, abnimmt und nicht zunimmt. Das ist eine unwillkommene Wahrheit, aber das wird deswegen nicht unrichtiger, weil es nicht geliebt wird.